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Angela Merkel - Reformen! Welche Reformen?

Zu Beginn ihrer dritten Amtsperiode hat Kanzlerin Merkel neue EU-Reformen gefordert. Den Fokus legt sie dabei weiter auf ihre neoliberalen Reformverträge – nicht aber auf die Vollendung der Währungsunion, wie sie die EU noch vor einem Jahr diskutiert hatte. Das rächt sich nun

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Eric Bonse berichtet seit 2004 aus Brüssel über Europapolitik. Er betreibt auch den EU-Watchblog „Lost in Europe“.

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Erinnert sich noch jemand? Genau ein Jahr ist es her, dass die damaligen EU-Präsidenten Draghi, Barroso, Van Rompuy und Juncker ein gemeinsames Reformpapier für die Eurozone vorgelegt haben.

Darin forderten sie den Ausbau zu einer „vollständigen“ Währungsunion – mit gemeinsamen Steuern, einem gemeinsamen Budget, gemeinsamen Schulden und vielleicht sogar einer gemeinsamen Parlamentskammer.

Angela Merkel gefiel dies gar nicht, sie ließ den Entwurf in die Dauerablage – vulgo: Papierkorb – verbannen. Stattdessen lancierte sie ihre neoliberalen Reformverträge, die auch den letzten EU-Gipfel 2013 beschäftigt haben.

Doch Merkels Initiative stockt, weil Berlin nicht bereit ist, Geld in die Hand zu nehmen. Außerdem wäre eine Vertragsänderung nötig, die derzeit niemand in der EU will. 

Kurz: Es herrscht eine Reformblockade. Merkel und ihre neue Große Koalition blockieren den Ausbau der Währungsunion, die EU-Partner blockieren Merkels Reform. Das Thema wurde auf Oktober 2014 vertagt.

Zudem weigert sich Deutschland, sein umstrittenes Geschäftsmodell zu ändern. Weder an den chronischen Leistungsbilanzüberschüssen noch an EEG-Beihilfen für Stromfresser will Merkel rütteln.

Das einzige, was sich in den letzten zwölf Monaten bewegt hat, ist die so genannte Bankenunion. Aber der nun gefundene Kompromiss ist faul; die Union entsteht – wenn überhaupt – erst in zehn Jahren.

Bis dahin dürfte eine neue Phase der Unsicherheit und der Turbulenzen auf uns zukommen. Denn es fehlt ein ausreichender „Backstop“, wie EZB-Vize Constancio kritisiert (siehe „Nachruf auf die Bankenunion”).

Schon jetzt schwelen Bankenkrisen in Slowenien, den Niederlanden und Österreich. Ob Spanien und Irland nach dem Abschied aus dem ESM ausreichend gesichert sind, bleibt abzuwarten.

Zudem hat die EU – dank Merkel und der GroKo – keine Antwort auf die Schuldenberge, die sich überall aufgetürmt haben. einen Schuldenschnitt soll es ja nicht geben, eine Tilgung auch nicht (siehe dazu „Gefangen im Schuldenturm“).

Nackt steht die Eurozone auch in der Währungspolitik da. Die EZB weiß weder, wie sie auf die neuen Signale aus den USA reagieren soll, noch, was sie gegen die drohende Deflation tun kann.

Das ist Besorgnis erregend, denn die EZB ist die einzige Institution, die noch einigermaßen funktioniert. Der Rat ist, wie gesagt, blockiert, die Kommission sieht ihrem Ende im Herbst 2014 entgegen.

Bleibt nur die Hoffnung, dass kein neuer Betriebsunfall passiert und die Konjunktur bald kräftig anzieht. Ein Aufschwung in Deutschland allein wird allerdings nicht reichen.

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