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(picture alliance) Ein US-Soldat reicht Kindern in Kabul Essen

Afghanistan - Wie teuer wird der Abzug?

Abziehen oder bleiben ist längst nicht mehr die Frage: Die Nato wird Afghanistan verlassen. Doch der Aufwand ist immens und es bleibt die Frage, wie die Rolle der Bundeswehr nach 2014 aussehen wird.

Nach mehr als zehn Jahren Krieg am Hindukusch geht es nicht mehr ums Ob, sondern allenfalls ums Wann, vor allem aber ums Wie.

Auf dem Nato-Gipfel in Chicago wurde am Sonntag politisch diskutiert und versucht, den für 2014 geplanten Abzug der Kampftruppen und die Art der Unterstützung für die afghanischen Sicherheitskräfte in der Zeit danach festzulegen. Währenddessen zerbrechen sich, und das nicht erst seit gestern, die Planungsexperten in den Militärstäben den Kopf über die logistischen Herausforderungen.

Denn der Vorgang ist beispiellos. Sowohl was den Umfang der Aktion, die Zahl der beteiligten Truppenstellernationen und das mithin nötige Maß an Kooperation und Koordination wie die Masse des Materials an Fahrzeugen, Waffen und Containern anbelangt, als auch mit Blick auf Geographie und Infrastruktur: Afghanistan hat keinen Seehafen, kaum Eisenbahnwege, und viele Straßen sind in einem schlechten Zustand. Mit anderen Worten: Tausende Lkw das Fortbewegungsmittel der Wahl sein. Denn der Lufttransport ist nach Schätzungen des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in Potsdam zehnmal so teuer wie der über Land.

Bleibt die Suche nach sicheren und zuverlässigen Abzugsrouten, in einem Land, in dem ja nach wie vor, eher mehr als weniger, gekämpft wird. Besonders die USA und Großbritannien möchten Pakistan nutzen, denn der nächste Hafen ist Karachi im Süden des Nachbarlandes. 2011 haben die USA 35000 Container auf diesem Weg an den Hindukusch gebracht. Doch der ist momentan versperrt. Pakistan hat die Versorgungsrouten der Allianz Ende November gesperrt, nachdem 24 pakistanische Soldaten bei US-Luftangriffen getötet worden waren. Wie Behörden in Islamabad am Samstag bestätigten, genehmigte Pakistan am Vortag die Durchfahrt von vier Lastwagen mit Nachschub und Büromaterial für die US-Botschaft in Kabul. Doch ob das mehr ist als ein Zeichen guten Willens oder was die internationale Gemeinschaft sich eine Verständigung mit Pakistan wird kosten lassen müssen, ist durchaus unklar.

Da der Iran als Transitland nicht in Frage kommt, bleibt nur der Weg nach Norden: Mehr als 75 Prozent der Nato-Logistik läuft derzeit über jenen Teil des Landes, in dem Deutschland die Sicherheitsverantwortung hat. In Usbekistan und Tadschikistan könnte das Material dann auf die Schiene verladen und – im Fall der Bundeswehr – direkt per Güterzug in die Heimat gebracht oder in den Häfen von Riga und Wladiwostok von der Schiene aufs Schiff verfrachtet werden. Außer Frage steht dabei, dass sich die Transitstaaten die Transportgenehmigungen gut bezahlen lassen werden.

Rund 130000 ausländische Soldaten der Nato-geführten Isaf-Truppe sind derzeit noch in Afghanistan – die sollen zum Großteil bis Ende 2014 heimkehren. Hinzu kommen zehntausende Geländewagen, Panzer und Helikopter – Nato-Vertreter schätzen allein den Wert des für den Einsatz am Hindukusch erforderlichen Kriegsgeräts auf 23 Milliarden Euro. Plus Computer, Küchengeschirr, Betten, Lebensmittel und medizinisches Gerät. Allein auf die Bundeswehr entfallen rund 1700 Fahrzeuge und 6000 Container, die sicher nach Hause gebracht werden sollen. Die Frage ist: Was wird an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben, was wird zerstört, was wird in welcher Reihenfolge außer Landes gebracht – Essen, Trinken, Transportfähigkeiten, medizinische Versorgung und Waffen zum Selbstschutz müssen ja auch für den letzten noch im Land befindlichen Soldaten gewährleistet sein. Und wie sieht die Rolle der Bundeswehr nach 2014 aus? Wie viele Soldaten werden für die Ausbildung der Afghanen gebraucht, wie viele kampfbereite Soldaten zu deren Schutz? Von der Antwort hängt ab, was auch in Zukunft an Fähigkeiten, Fertigkeiten und Gerät noch gebraucht wird, also im Land bleiben – oder sogar erst noch eingeflogen werden muss.

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