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Thomas Rusch

Hélène Grimaud über Mode - „Ich hasse Shopping“

Die Pianistin Hélène Grimaud verrät, dass ihr die Kleidung recht häufig egal ist. Hauptsache, sie hat Luft am Flügel

Autoreninfo

Marie Amrhein ist freie Journalistin und lebt mit Töchtern und Mann in der Lüneburger Heide.

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Warum ich trage, was ich trage? Warum nicht, könnte ich antworten. Eigentlich mache ich mir über Kleidung keine Gedanken. Sie muss atmen, fließen. Am besten ist es, ich spüre sie gar nicht, wenn ich am Flügel sitze – ohnehin kein dankbarer Ort für besondere Kleidung. Außerdem hasse ich Shopping. Dieses Stück habe ich in China für ein Konzert gekauft. Ich bin viel in Asien, liebe die Atmosphäre, die Ästhetik, die Verliebtheit, mit der sie dort in jedes noch so kleine Detail eintauchen. Dort finde ich Frieden, den Zugang zu meinem Selbst. Ich kehre immer inspiriert zurück, weiß dann, was ich als Nächstes tun werde.

„Mich faszinieren Wölfe“


Wenn du Musik machst, verschwindet alles andere, es rückt ins rechte Licht, Kleidung soll da nicht ablenken, sie begleitet nur das Erfahren der Klänge. Musik benötigt das volle Spektrum meiner Emotionen. Bis hin zur Wut. Vielleicht fasziniert mich deswegen die Wildnis so sehr, insbesondere die Wölfe. In meinem Wolf Conservation Center bringen wir sie dorthin zurück, wo sie hingehören. Zunächst ziehen wir sie auf, pflegen sie. Aber zu wissen, dass einer von ihnen in die Freiheit entlassen wird – das ist es, wofür wir dort arbeiten. Diese Natürlichkeit, das Nachfühlen von Freiheit findet sich wohl auch in der Wahl meiner Kleidung wieder.

Wölfe heulen eigentlich nicht im Chor. Ganz selten aber kann es vorkommen, dass sich Harmonien ergeben, dass sich die Tiere angleichen, ihre Stimmen modulieren. Wir wissen nicht, ob das Zufall ist oder sie das bewusst tun. Es zeigt, dass der Sound eines Rudels mehr Individualität enthält, als wir dachten. Auf der Bühne harmoniere ich mit dem Orchester und stehe trotzdem im Mittelpunkt. Da muss ich nicht auch noch durch meine Kleidung hervorstechen. Diese Schuhe sind aus meiner Heimatstadt Aix-en-Provence. Sie kommen von einem Schuhmacher, der nur Unikate herstellt. Ich war 13 Jahre alt, als ich von dort wegging – nach Paris ans Konservatorium. In Stilfragen war ich damals wohl noch schlimmer als heute.

Die Pianistin Hélène Grimaud,1969 in Aix-en-Provence geboren, lernte am Pariser Conservatoire und trat mit Dirigentengrößen wie Daniel Barenboim oder Kurt Masur auf. Ihr neuestes Album, „Brahms Concertos“, erscheint am 27. September 2013

Aufgezeichnet von Marie Amrhein

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