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(picture alliance) Wetten, dass...?, Supertalent, Dschungelcamp?

Das Supertalent - Thomas Gottschalk, Kunstfurzer und Frührente

Das waren Zeiten, als die Frührente noch populär war. Während sich die Politik darüber den Kopf zerbricht, wie sie den Großteil der Menschen zum längeren Arbeiten bewegen kann, verpassen andere wiederum den Moment des Absprungs aus dem Erwerbsleben

Pimmelmaler und Kunstfurzer, dafür steht die Suche nach dem Supertalent auf RTL. Und für eine weitere Plattform auf der Dieter Bohlen das Bedürfnis der Deutschen nach öffentlicher Demütigung und Inquisition befriedigen kann. Alles für die Quote.

Die neueste Idee nun erschüttert eine ganze Generation von „Wetten, dass...“-Guckern. Thomas Gottschalk wird künftig an der Seite von Dieter Bohlen sitzen. Er soll das Niveau heben, so es mit Bohlen in unermessliche Tiefen gerutscht ist. Schluss mit dem Pimmelfurzen, man sehnt sich ein bisschen öffentlich-rechtliche Seriosität herbei.

Es ist nicht so, dass wir, die wir mit Gottschalk und „Wetten, dass...“ groß wurden, die Sendung besonders gut fanden, sie geschweige denn immer sahen. Aber es war ein gutes Gefühl zu wissen, dass sie da ist. Dass man an einem Samstagabend im ZDF ein Stückchen Kindheit findet, dass sich dort nichts geändert hatte, weil der goldgelockte Thommy wie ein alter König noch immer auf seinem Sofa saß. Gottschalk hatte die schlechteste Frisur, die mieseste Mode und machte eine Sendung, die trotz ihrer vorgegaukelten Weltläufigkeit an Provinzialität kaum zu überbieten war. Niemand weiß genau, wann die Grenze zwischen Trash TV und Kult überschritten wurde. Tatsache ist: „Wetten, dass...“ übertrat sie. Und mit ihr Thomas Gottschalk.

Und jetzt rutscht der alte König von seinem Thron.

Es ist ein schwieriges Unterfangen, langgedienten Meistern das Abdanken nahe zu legen. Wem steht es schon zu, zu Urteilen, wann genug ist? Im Laufe von Gottschalks Karriere haben schon viele sein Ende auf der Bildfläche gefordert. Und er hat sie oft eines Besseren belehrt.

Aber nun ist das Spiel aus und „Wetten, dass...“ vorbei. Der Moment des Abdankens aber verstrich ungenutzt. Was folgte war peinlich. So peinlich, dass alleine Schlagzeilen über schlechte Quoten, Gottschalks Untergang und das falsche Konzept seiner vorabendlichen Show „Gottschalk Live“ in der ARD ausreichten, um die potentiellen Zuschauer seiner Sendung zu vergraulen. Die Angst, Gottschalk gedemütigt zu sehen, war groß in diesen Tagen.

Der Schrecken fand ein Ende und nun sollte es gut sein. Und dann das: Gottschalk neben Bohlen auf der Jurorencouch. „Herr Gottschalk, warum nicht gleich Dschungelcamp“, fragt ein Leser online.

Ach, was waren das noch für Zeiten als die Frührente populär war. Aber Gottschalk hält sich mit seinen 62 Jahren nur an den Zeitgeist. Die Tendenz geht zum langen Arbeiten. Die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, hat vor kurzem noch einen drauf gelegt: 67 als Renteneintrittsalter sei noch viel zu früh, unsere Lebenserwartung steigt drastisch – in den kommenden 50 Jahren durchschnittlich um 1,7 Monate pro Jahr – die Arbeitszeit sollte endlich angepasst werden.

Wären alle so arbeitswütig wie Thomas Gottschalk, die Politik hätte ein Problem weniger. Insofern sollte man ihn eigentlich loben. Fällt aber schwer angesichts des Schadens, den der Mann zu nehmen droht. „Ehrlich gesagt: Ich hätte nie gedacht, dass er es macht“, sagte Dieter Bohlen der Bildzeitung nach Gottschalks Zusage. Ehrlich, da ist er nicht der Einzige.

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