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„Side Effects“ - Das Flop-Starinterview mit Rooney Mara

Gruppeninterviews sind nicht nur für Journalisten, sondern auch für die Stars manchmal die Hölle. Cicero-Online-Korrespondent Constantin Magnis durfte das auf der Berlinale erleben

Autoreninfo

Constantin Magnis war bis 2017 Chefreporter bei Cicero.

So erreichen Sie Constantin Magnis:

Dieses Interview erschien bereits während der Berlinale am 18. Februar bei Cicero Online. Da es einer Sperrfrist unterlag, auf der die Presseagentur bestand, mussten wir es jedoch vorübergehend von der Seite nehmen. Jetzt, zwei Wochen vor dem bundesweiten Start des Films „Side Effects“ am 25. April, ist der Text endlich frei zugänglich.

 

Interessant und traurig ist, wenn Journalisten, die keine guten Fragen haben, auf Menschen treffen, die nichts zu sagen haben.

Wie neulich, während der Berlinale, in einer Suite des Berliner Hotels Adlon, als eine Handvoll Pressevertreter anlässlich von Steven Soderberghs angeblich allerletztem Film „Side Effects“ ein so genanntes Gruppeninterview mit der Hauptdarstellerin Rooney Mara zu führen versuchte. Ein PR-Mensch hatte die offenbar verängstigte junge Frau an der Türe abgeliefert, und wortlos dem Kreis wildfremder Journalisten überlassen, die nun mit angeschalteten Mikrofonen und erwartungsvoller Miene im Halbkreis um sie herumsaßen. Mara hatte sich sehr aufrecht hingesetzt, die Hände im Schoß gefaltet, und in einer einzigartigen Mischung aus Betroffenheit, Langweile und Missmut in die Runde geblickt. Zu Recht, wie sich herausstellen sollte.

Journalist mit schütterem Bart: Miss Mara, die Figur, die Sie in „Side Effects“ spielen, haben Sie die hinter sich gelassen, und hat das lange gedauert?
Ja, habe ich. Nein, hat nicht lange gedauert.

Journalistin mit Überbiss: Was war schwieriger zu spielen: Diese Rolle, oder Ihre Rolle in Ihrem letzten Film, Lisbeth Salander in „Verblendung“?
Ähm. Die Rollen sind so unterschiedlich, die kann man nicht vergleichen.

Journalist mit Glatze aber langem Seitenhaar: Können Sie mal die beiden Regisseure vergleichen, Stephen Soderbergh und David Fincher?
Naja, die kann man eigentlich auch nicht vergleichen. Der eine ist so, der andere so.

Journalistin mit Überbiss: Es scheint, als würden Sie lieber starke Charaktere spielen, als Rollen in romantischen Komödien.
Ja, das stimmt, mich interessieren Dramen mehr als romantische Komödien.

Journalistin mit Überbiss: Auch wenn Sie ins Kino gehen?
Nein, da mag ich alle Arten von Filmen.

Journalist mit schütterem Bart: Wie haben Sie sich auf Ihre Rolle vorbereitet?
Ich musste ja nicht das Drehbuch entwickeln, ich musste nur meine Rolle spielen. Das hab ich dann halt gemacht.

Journalist mit Glatze, aber langem Seitenhaar: Im Film geht es ja auch um Psychopharmaka. Kennen Sie jemanden, der Psychopharmaka nimmt?
Äh, ja?! Ich glaube jeder Mensch kennt so jemanden.

Lesen Sie auf der zweiten Seite, ob der Film wenigstens gut war

Journalist mit Glatze, aber langem Seitenhaar: Glauben Sie, in Amerika werden Psychopharmaka zu leichtfertig eingenommen?
Weiß ich nicht. Ich habe nie woanders gelebt als in den Staaten, deshalb kann ich das nicht so vergleichen.

Journalist mit schütterem Bart: Jetzt, wo Sie berühmt sind: Haben Sie den Ruhm... (er schweigt bedeutungsvoll und hebt die Augenbraue) ...ersehnt?
Jeder Schauspieler sehnt sich danach, eine größere Rollenauswahl zu haben.

Gutaussehender Journalist von Cicero: Sind solche Gruppeninterviews eigentlich schrecklich für Sie?
(Sie schweigt kurz). Also, es ist irgendwie schwer, diese Situation zu beschreiben. Es ist definitiv sehr bizarr, an so etwas teilzunehmen. Weil...da kommen immer neue Leute, und stellen immer wieder exakt die selben Fragen. Ich meine, das ist bizarr!

Gutaussehender Journalist von Cicero: Welche Frage wird Ihnen denn am häufigsten gestellt?
Wie haben Sie sich auf diese Rolle vorbereitet?

War wenigstens der Film gut? Nun, sollte Stephen Soderbergs Ankündigung stimmen, und „Side Effects“ sein letztes Werk sein, dann hätte er zum Abschied vielleicht einen besseren Hut ziehen können als „Side Effects“, diesen Freud‘schen Thriller, der gelegentlich über den eigenen, übermäßig verschlungenen Plot zu stolpern droht.

Rooney Mara spielt die 28-jährige Emily, deren Gatte (Channing Tatum) nach einer langen Haftstrafe wegen Insiderhandels aus dem Gefängnis entlassen wird. Die einsamen Jahre haben sie offenbar an den Rand des Suizids getrieben, und auch die Rückkehr ihres Mannes scheint ihr Gebrechen nicht zu lindern. Einmal fährt sie in einer Tiefgarage mit Vollgas gegen die Mauer. Ein anderes Mal zieht ein Polizist sie kurz vor Einfahrt eines Zuges von den Schienen. Ihrem Therapeuten (Jude Law) fällt nichts Besseres ein, als ihr einen Psychopharmaka-Cocktail zu verschreiben: Zoloft, Prozac, Effexor, und dann empfiehlt ihm Emilys vorherige Therapeutin (Catherine Zeta-Jones) noch Ablixa, dieses neue Zeugs, das ganz hervorragend wirken soll. Tut es natürlich nicht.

Stattdessen beginnt Emily zu schlafwandeln, und ersticht schließlich – quasi schnarchend – ihren Mann. Zweimal in die Rippen, einmal in den Rücken, Mann tot, Aufregung groß. Am Pranger steht bald ihr Therapeut, der zunehmend das Gefühl hat, Opfer einer Verschwörung geworden zu sein. Wofür ihn – das liegt in der Natur des Genres – erst alle für verrückt erklären, bis die Wirklichkeit sie eines besseren belehrt. So oder ähnlich.

Bedauerlicherweise macht der Film am Ende keinen wirklichen Sinn mehr. Der konstruierte Plot leidet unter maximaler Unwahrscheinlichkeit, er ist grotesk. Nicht, dass der Film nicht trotzdem Spaß machen würde. Wie bitte sollte die gut geschüttelte Kombination aus Mord, Erpressung, Psychoanalyse und einer geheimen lesbischen Affäre auch nicht unterhalten?

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