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Organspende - Vertrauen wieder herstellen

Organe spenden – ja oder nein? Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten. Ein kundiges Buch hilft dabei. Eine Rezension

Autoreninfo

Wolfgang Huber war bis 2009 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland.

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[[{"fid":"54985","view_mode":"full","type":"media","attributes":{"height":1173,"width":750,"style":"width: 100px; height: 156px; margin: 4px; float: left;","class":"media-element file-full"}}]]Eine neue Lebensperspektive durch ein Spenderorgan: Für die einen ist es ein „zweites Leben“, für die anderen ein fragwürdiger Eingriff in die Integrität des Spenders. Gesetzgeberische Maßnahmen im Jahr 2012 sollten die Spendebereitschaft stärken, doch Manipulationen an den Wartelisten in einer Reihe von Transplantationszentren zerstörten mühsam aufgebautes Vertrauen. Ungeklärt ist für viele nach wie vor die Frage: Ist der Hirntod auch dann der „Tod des Menschen“, wenn eine Herz-Lungen-Maschine Kreislauf und Atmung weiter aufrechterhält? Erneut wird gefragt, ob zur Rettung fremden Lebens Organe eines hirntoten Menschen eingesetzt werden dürfen, ob die Spendebereitschaft gestärkt werden soll und wie Christen sich in dieser Frage entscheiden können.

Das von Sibylle Sterzik kundig zusammengestellte und sorgfältig herausgegebene Buch verbindet in einer ungewöhnlich gelungenen Weise anrührende Erfahrungsberichte, grundsätzliche Betrachtungen und praktische Informationen miteinander. Zu Tränen rührt die Geschichte der elfjährigen Nicole, der eine neue Niere ein neues Leben schenkt, oder der Bericht über die sechsjährige Hella, die infolge eines Reitunfalls stirbt und deren Organe anderen Kindern zum Leben verhelfen.

Beispiele für die Entscheidung zur Lebendspende (Frank-Walter Steinmeier) und gegen die Organtransplantation, sei es als Spender oder als Empfänger (Martina Gern) zeigen die Spannweite möglicher Haltungen jeweils in überzeugender Weise. Das Buch tritt nicht nur grundsätzlich für eine Ethik ein, die sich an den unterschiedlichen menschlichen Lebensgeschichten ausrichtet („narrative Ethik“); es ist auch ein gutes Beispiel dafür.

Doch die Klärung der Maßstäbe, an denen wir unser Handeln ausrichten, wird durch eine solche narrative Ethik nicht überflüssig. Erst recht gilt das im Blick auf die Frage der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Organspende. Schon seit 1997 gilt in Deutschland eine erweiterte Zustimmungslösung. Auch wenn kein Organspendeausweis vorliegt, besteht die Möglichkeit, dass Angehörige stellvertretend für einen Hirntoten entscheiden.

Eckhard Nagel und seine Mitarbeiter aber erklären, diese stellvertretende Entscheidung sei für die Angehörigen nicht zumutbar – danach kämen gegenwärtig 90 Prozent der Entscheidungen zur Organspende auf „unzumutbare“ Weise zustande. Stattdessen fordern sie eine Entscheidungspflicht, die weit über das hinausgeht, was der Gesetzgeber 2012 geregelt hat: Jeder über Sechzehnjährige soll regelmäßig mit der Frage befasst werden; aber es wird respektiert, wenn er (noch) zu keiner eigenen Entscheidung kommt.

Mit dem Blick kranker Menschen, die auf Heilung hoffen, wird man wünschen, dass sich die Transplantationsmedizin vertrauenswürdig verhält und auch dadurch die Zahl der Spender wächst. Dabei darf die Freiheit der persönlichen Entscheidung nicht angetastet werden. Das zeigt dieses Buch eindrucksvoll und kann zugleich dabei helfen, zu einer eigenen Haltung in dieser wichtigen Frage zu finden.

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Lesen Sie hier einen Auzug aus dem Band: Mit der Gesetzesnovelle zur Organspende muss sich jeder für oder gegen die Transplantation entscheiden. Doch wie schwierig dieser Prozess ist, weiß Ingrid Schröter. In dem Buch „Zweites Leben” berichtet die Berliner Klinikseelsorgerin aus ihrem Alltag

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