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(picture alliance) Noma wurde 2010 und 2011 vom Restaurant Magazine zum besten Restaurant der Welt gekührt

Kopenhagen - Das angeblich beste Restaurant der Welt

René Redzepi betreibt mit seinem „Noma“ in Kopenhagen das angeblich beste Restaurant der Welt. Dort huldigt er einem absurden Verständnis von Regionalität: Sanddorn statt Zitronen, Einkorn statt Reis. Das Ergebnis ist nur mit viel bösem Willen genießbar

Jedes Unheil kündigt sich an: Traktate und Flugschriften haben auch die schrecklichsten Gräueltaten des 20.Jahrhunderts vorab formuliert und vorbereitet. Wer heutzutage in die Zukunft schauen will, kann allerdings auf die meistens schwer verdaulichen Schriften der Ideologen verzichten – es reicht ein Blick in eine typische Speisekarte der angesagten Hochgastronomie. Denn was wir bei den gefeierten Köchen der neuen nordischen Küche erleben, ist nichts Geringeres als die Rückkehr der Blut-und-Boden-Gesinnung.

Überall im Land bemühen sich Köche, fremdländische Zutaten durch die Erzeugnisse heimischer Krume zu ersetzen: Statt importiertem Olivenöl verwenden sie zum Beispiel Weizen­grasöl, Sanddorn muss für Zitronen herhalten, und Reis wird vom Einkorn abgelöst – auf den Speisekarten wird ein Autarkiegedanke ausgelebt, der einen glauben machen könnte, wir seien von Feinden umgeben, die jederzeit die Lieferung ihrer Köstlichkeiten einstellen könnten oder schlimmer noch: uns mit ihren Spezereien am Ende noch vergiften wollen.

Auf den Tellern manches Gastronomen findet ein Kulturkampf statt, der ein übles Vorzeichen für die Ausgestaltung zukünftiger Ressentiments sein könnte. Dabei hatte alles so harmlos begonnen: Die Sehnsucht des Koches nach Produkten, die er frisch vom Bauern beziehen kann, ist nur zu verständlich. Als sich dieser fromme Wunsch allerdings zu einer Ideologie formte, die sich gegen die Auswüchse einer industrialisierten Nahrungsmittelherstellung richtet, verband er sich mit anderen Strömungen, die weit weniger unschuldig waren: ein Vegetarismus, der aus Tierliebe die Menschen hasst, eine Globalisierungsgegnerschaft, die von Fremdenfeindlichkeit kaum zu unterscheiden ist, und eine Kapitalismuskritik, die den Zwischenhandel in einer Weise charakterisiert, die vom klassischen Antisemitismus kaum zu unterscheiden ist. Die trübe Suppe, die aus diesen Zutaten entsteht, ist nur mit viel bösem Willen genießbar.

Als Chefkoch der völkischen Küche könnte man René Redzepi bezeichnen, der im Hafen der dänischen Hauptstadt ein Restaurant betreibt, das bereits zum zweiten Mal von einer internationalen Jury als bestes der Welt ausgezeichnet wurde. In seiner Küche werden fast ausschließlich Produkte der Insel Seeland verarbeitet, die sich nach landläufigem Verständnis nicht gerade durch ausufernde Fruchtbarkeit auszeichnet.

In Florenz würde dem Gast eine solche Beschränkung auf einen kleinen Beschaffungsradius vermutlich kaum auffallen, auf der Ostseeinsel jedoch muss der Koch mit aberwitzigen Methoden gegen die Eintönigkeit der Gemüselieferungen ankämpfen. Dazu hat Redzepi mit dem „Nordic Food Lab“ ein Institut eingerichtet, das sich damit beschäftigt, aus Algen, Moos und Birkenholz neue Lebensmittel herzustellen, die dem Gast als, wenn auch bittere, Medizin gegen die Globalisierung serviert werden.

Bei diesen Experimenten wird der ursprüngliche Gedanke einer Küche der Regionen durch seine Radikalisierung ad absurdum geführt: Die in der Nachbarschaft gefällte Birke muss sich einer aufwendigen Extraktion im Sous-Vide-Verfahren unterziehen, um dann den Frischkäse zu würzen. Die Instrumente der Industrie – Dehydratoren, Konvektomaten und temperierte Stoßwellenbäder – sind allgegenwärtig und denaturieren die Produkte im Namen der Naturliebe. Um von dieser rigorosen Behandlung der Zutaten abzulenken, drapieren die Köche ihre Speisen als Ausschnitte der Muttererde.

Die Kellner servieren Terrarien mit essbarem Moos, eine frittierte Lauchstange auf einem großen Granitteller oder Blumentöpfe mit essbarer Erde (aus geröstetem Malz und Nüssen), in die lakonisch drei Radieschen gesteckt wurden. Man ist besonders stolz darauf, die Natur lebensecht nachgebildet zu haben. Wie es schmeckt, ist eigentlich egal, denn es ist die Botschaft, auf die es ankommt: Die nordische Leitkultur wird auf dem Teller gegen die fremden Zutaten verteidigt. Auf ihren Endsieg wollen wir allerdings nicht hoffen.

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