Kurz & Bündig - Jan Sonnengaard: Radiator. Geschichten aus der Kopenhagener Provinz

«Bevor ich aufmachte, checkte ich alles» – der ers­te Satz aus der Geschichte «Lotte» nennt präzise die Erzählhaltung des jungen Dänen Jan Sonnergaard:∈distanziert und ganz nah dran, beobachtend und mittendrin, voller Anteilnahme und kaltherzig.

«Bevor ich aufmachte, checkte ich alles» – der ers­te Satz aus der Geschichte «Lotte» nennt präzise die Erzählhaltung des jungen Dänen Jan Sonnergaard:∈distanziert und ganz nah dran, beobachtend und mittendrin, voller Anteilnahme und kaltherzig. Genauer ist in den letzten Jahren ­sicher kein Absturz eines Barmannes mit einer Schönen der Nacht beschrieben, mitleidloser keine abgelehnte Doktorarbeit und ihr Verfasser gezeichnet worden, schäbiger ist noch kein ­Inkassomann in die Zweizimmerwohnung einer Kopen­hagener Vorstadt eingetreten, um dort den Wert der Möbel zu schätzen:∈«Hauptsache es herrscht Ordnung in den Dingen. Denn das zeigt, dass wir kommunizieren können …» Sonnergaard hat keine Absichten, weder gute noch schlechte, und das tut seinen Geschichten gut. Denn so erschließen sich Einsichten – zum Beispiel die des jungen Liebhabers im Schrank der Liebsten, welche den älteren Liebhaber zu Gast hat: «Was bedeuten schon drei Minuten in einem Kleiderschrank, wenn man das Glück eines ganzen Lebens gewinnen kann?» Sonnergaards Geschichten sind so gut, dass sie einen dazu verleiten, nachsichtig mit der Übersetzung umgezugehen. Dennoch:  Peter Urban-Halle sollte entweder adäquate deutsche Szenesprache kennen (denn Sonnergaard ist ein Slang-Virtuose) oder
die Feder von dämlichen ­Manie­riert­heiten lassen:∈Den «Fuffi» zum Beispiel gibt’s bei der Metropolenjugend 1998ff. genauso wenig mehr wie «keinen Fatz».

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