Kurz und bündig - Gore Vidal: Das ist nicht Amerika

Eugen Luther Gore Vidal wurde 1925 in West Point geboren. Dort war sein Vater, immerhin Minister im Kabinett von Franklin Roosevelt und einer der Begründer der Fluggesellschaft TWA, Ausbilder bei der Luftwaffe. Vidal wuchs bei seinem Großvater, dem Senator von Oklahoma, in Washington auf. Er ist mit Gott und der Welt bekannt und mit den Kennedys, auch mit Jimmy Carter und mit Al Gore, verwandt, kurz gesagt, mit allem, was Rang und Namen hat.

Eugen Luther Gore Vidal wurde 1925 in West Point geboren. Dort war sein Vater, immerhin Minister im Kabinett von Franklin Roosevelt und einer der Begründer der Fluggesellschaft TWA, Ausbilder bei der Luftwaffe. Vidal wuchs bei seinem Großvater, dem Senator von Oklahoma, in Washington auf. Er ist mit Gott und der Welt bekannt und mit den Kennedys, auch mit Jimmy Carter und mit Al Gore, verwandt, kurz gesagt, mit allem, was Rang und Namen hat.
Seiner aristokratischen Herkunft entsprechen seine Ansichten, hart im Urteil, scharf in den Formulierungen. Er ist weltläufig, witzig und gewandt, dazu ungewöhnlich gebildet. Er zitiert nicht nur den älteren Cato und aus Ciceros Briefen, sondern auch Thukydides. Mit seinem zweiten Roman, einem Bekenntnis zur Homosexualität, erregt er 1948 seinen ersten Skandal und wird als Schriftsteller bekannt. Bald erweist er sich als glänzender Essayist und gefürchteter Pamphletist. Ein bisschen rechthaberisch, nachtragend und arrogant ist Vidal aber auch. Dafür lässt er, als bekennender Schwuler, viel Sympathie für Minderheiten erkennen. In Deutschland gibt es keine vergleichbaren Gestalten, politisch engagiert, literarisch gebildet und brillant als Schreiber.
Die hier von Willi Winkler zusammengestellten Essays bieten den ganzen Gore Vidal: familiengeschichtliche Skizzen, literarische Portraits etwa von Tennessee Williams, Christopher Isherwood und dem jungen Gore Vidal, Aufsätze zu «Sex & Politik», Vorträge, Reden, politische Glossen. Immer sind diese Arbeiten mit persönlichen Erinnerungen illustriert, meist auch mit aufschlussreichen Anekdoten gewürzt und stets mit Pointen gespickt. Vidals Boshaftigkeit ist ohne Bitterkeit. Seine Rechthaberei zuweilen penetrant. Doch der Mann aus dem Süden bleibt Aristokrat. Lincoln hält er nicht deshalb für einen Schurken, weil er die Sklaven befreit hat. Er wirft ihm vielmehr Imperialismus vor, dem der Machtmensch Lincoln auch die Befreiung der Sklaven geopfert hätte. Solche Einsichten können nachdenklich stimmen, lesenswert sind sie ohnehin.        

Martin Lüdke  

 

Gore Vidal
Das ist nicht Amerika
Hg. von Willi Winkler
A. Knaus, München 2000.
315 S., 42 DM

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