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(picture alliance) Von der Schreibblockade zum grandiosen Redeschwall

Die große Suada - Von Lebens- und Schreibenskrisen

„Überflüssige Menschen“ heißt der neue Roman von Gabriele Riedle und bietet wunderbare Erzählpassagen über Gott und die Welt in grandioser literarischer Atemlosigkeit. Eine Geschichte über Schreibblockaden und die große Suada

Es ist Sommer, es ist heiß. In ihrer Berliner Dachwohnung sitzt Natalia am Schreibtisch: Sie soll Anton Tschechows «Drei Schwestern» neu übersetzen, für das Ulmer Theater, das von ihrem Schulfreund, dem «Webermichel» geleitet wird. Doch zur sprachlichen Neuschöpfung alten Kulturguts wird es nicht kommen.

Vielmehr verfällt die Übersetzerin in eine Suada, die nicht nur ihr eigenes Dasein, ihr Her- und Weiterkommen erfasst, sondern überdies eine Generationen-Geschichte aus dem schwäbischen Raum, nebst Reflexionen über Gott und die Welt – weder die RAF noch die Sozialdemokratische Partei bleiben unbedacht. In zumeist nur wenige Seiten umfassende Denk-Abschnitte ist die Tirade unterteilt, in ihren dichtesten und sardonischsten Momenten erinnert sie an Elfriede Jelineks literarische Atemlosigkeiten.

Auch bei Gabriele Riedle fügen persönliche Schicksale sich im unaufhaltsamen Gedankenstrom zu einem großen gesellschaftlichen Ganzen; dessen Schrecken sitzen gleichsam mit den reg- und sprachlosen Eltern der Erzählerin auf dem Sofa. Es ist ein grandioses Unterfangen, Welt und Politik, Literatur und Geschichte in knappen Erzählpassagen zu fassen, und Gabriele Riedle ist es grandios gelungen.

Gabriele Riedle: Überflüssige Menschen. Roman
Andere Bibliothek, Berlin 2012
239 Seiten, 32 Euro

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