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(picture alliance) Dass Fahrgäst bei einer Zugfahrt mit der Deutschen Bahn stehen müssen, ist keine Seltenheit. Trotzdem kosten Stehplätze genauso viel wie Sitzplätze

Deutsche Bahn - Ein Stehplatzhotel

Warum kostet ein Stehplatz bei der Deutschen Bahn genaus viel wie ein Sitzplatz? Unser Autor Jochen Schmidt hat viele Ideen, mit denen das Tarifsystem der DB gerechter werden würden. So könnten etwa fleißige Gäste Kaffee auftragen und damit ihren Fahrpreis minimieren. Oder mehrere Fahrgäste teilen sich einfach einen Platz. Eine Kolumne

Warum zahlt man für einen Stehplatz im Zug denselben Preis, wie wenn man sitzt? Stehplätze im Fußballstadion kosten ja auch weniger. Das Tarifsystem der Deutschen Bahn ist viel zu wenig differenziert. Es müsste ein Ticket für Fahrgäste geben, die bereit sind, jemand anderen auf den Schoß zu nehmen. Wenn beide ungefähr zwei Drittel der normalen Fahrkarte zahlen, würde die Bahn mit einem Drittel des normalen Preises Gewinn machen.

Man könnte auch Jobs anbieten im Zug, zum Beispiel Abwaschen oder Witze erzählen. Es könnten Hometrainer eingesetzt werden, auf denen die Fahrgäste während der Fahrt Strom erzeugen. Im Grunde wären Formen von Selbstverwaltung denkbar: Die Fahrgäste würden selbst entscheiden, wo der Zug hält, wie warm es im Abteil ist oder welche Strecke man fährt. Es gibt doch wirklich schönere Strecken als Berlin-Wolfsburg, warum fährt man dorthin nicht über den Harz?

Bei der Selbstverwaltung würde sich auch schnell zeigen, dass der bei Weitem einfachste und überbezahlteste Job der des Zugführers ist. Dass es noch Zugführer gibt, ist ja nur ein Zugeständnis an den Aberglauben der Reisenden, die sich ohne eine menschliche Marionette im Führerhaus ängstigen würden; als würde man einem Taschenrechner nur vertrauen, wenn ein Mensch alle Aufgaben ausgerechnet und die Ergebnisse eingespeichert hat.

Man könnte auch andersherum denken und den Preis für diejenigen erhöhen, die nicht bereit sind, etwas zum Gemeinwohl beizutragen. Wer nur faul rumsitzt, statt Kaffee auszutragen, wird am Ende eine höhere Rechnung bekommen. Je mehr die Sparer sich ins Zeug legen, umso weniger bezahlen sie. Wobei es natürlich auch Rabatte gibt, wenn man in seine Bildung investiert und zum Beispiel während der Fahrt ein gutes Buch liest oder ein schönes Bild tuscht. Die Bilder könnten dann im Zug aufgehängt werden, in Hotels ist das doch schon allgemeine Praxis. Anders ist gar nicht zu erklären, was für talentlose Schinken dort immer über dem Bett hängen.

Allerdings gilt der Kulturrabatt nur für gute Bücher und anspruchsvolle Zeitschriften, je niveauloser die Lektüre, umso höher automatisch der Ticketpreis. Wer das „Bahnmobil“-Magazin liest und womöglich sogar den Literatur-Tipp: einen spannenden Roman über vier Frauen, die im Begriff sind, eine Fastenkur zu machen, und sich nun fragen, ob ihre Freundschaft stark genug ist, um die zu erwartenden unterschiedlichen Erfolge beim Fasten zu verkraften, der muss mindestens mit dem vollen Fahrpreis rechnen.

Ein besonderes Angebot für sportlichdynamische Typen wäre es, neben dem Zug herzulaufen. Im ICE geht das natürlich nicht auf der ganzen Strecke, weil der trotz aller Bemühungen immer noch zu schnell fährt, aber an jedem außerplanmäßigen Halt könnte der Fahrgast ein Stück vorlaufen und die gesparte Strecke auf den Fahrpreis angerechnet bekommen.

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