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Crystal Meth - Breaking Bad glorifiziert die Droge nicht

Verharmlost die Serie Breaking Bad die Modedroge Crystal Meth? Nein, sagt Constantin Magnis. Wer sich von Breaking Bad nicht läutern lässt, dem war schon vorher nicht zu helfen 

Autoreninfo

Constantin Magnis war bis 2017 Chefreporter bei Cicero.

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Die Idee, dass ein Bundestagsabgeordneter Crystal-Meth-Konsument sein könnte, erschien mir bis vor kurzem noch genauso grotesk wie die Vorstellung, er könnte eine Sexaffäre mit einem tollwütigen Grizzlybären haben. Dass ich so dachte, liegt daran, dass ich alle fünf Staffeln von der Serie „Breaking Bad“ gesehen habe. Begeistert habe ich Walter Whites Weg vom Chemielehrer und fürsorglichen Familienvater zum skrupellosen Schwerverbrecher verfolgt.

Walter White: der deprimierendste Gangster der Filmgeschichte


Was die Droge und ihre Folgen anbetrifft, wird uns nichts erspart: Wir sehen die Junkies so skelettartig, selbstmörderisch und seelenlos, als kämen sie direkt vom Set der Zombie-Serie „The Walking Dead“. Wir schauen zu, als Jesses Geliebte nach einer Überdosis an ihrem eigenen Erbrochenen erstickt. Wir erleben, wie Familien zerfallen, wie Crystal Meth zuliebe Helden verkrüppelt und Kinder erschossen werden, wie – tatsächlich – Leichenteile über einer Vorstadt niederregnen.

Und mittendrin Walter White, der wohl deprimierendste Gangster der Filmgeschichte. Er ist kein Vito Corleone, der auf prachtvollen Anwesen herrliche Familienfeste ausrichtet. Kein Tony Montana, der in seiner Marmorvilla mit dem Gesicht im Koks versinkt. Kein Tony Soprano, der sich auf seiner Jacht mit nackten Flittchen vergnügt. Das hätte ja im Prinzip noch einen Reiz.

Walter White aber ist ein schlecht angezogener, freudloser Spießer, der seine Seele verkauft hat, für Geld, das er in einer neonbeleuchteten Garage hortet. Nichts an seiner Existenz möchte man nachahmen, es sei denn, man steht auf nächtelange Chemieexperimente. Der alte Mann und das Meth: ein einziger Abturn.

Die Katharsis in „Breaking Bad“


Nun kann man anführen, dass „Breaking Bad“ Crystal Meth überhaupt zum Thema gemacht hat. Dass der Kult um die Serie ihr Sujet – die Droge – glorifiziert. Aber wer das der Serie vorwirft, muss konsequenterweise finden, dass Shakespeare Meuchelmord und Inzest glorifiziert und Goethe den Pakt mit dem Teufel. Reiz und Schrecken des Bösen zu umschiffen, kann nicht Aufgabe der Kunst sein, im Gegenteil. Die Idee der Katharsis ist es ja, dass die Kunst den Menschen gefahrlos an die Abgründe der Wirklichkeit heranführt, auf dass die Erfahrung ihn läutere. Wer sich von „Breaking Bad“ nicht läutern lässt, dem war schon vorher nicht zu helfen.

Wer Crystal Meth allerdings bisher für Teufelszeug hielt, konnte seit dem Fall des SPD-Politikers Hartmann dazulernen: Dass besonders „Schüler, Sportler und Berufstätige“ die Droge gerne nähmen, „zur Leistungssteigerung“, wie die FAZ schrieb. Dass Meth unheimlich „gut in den Zeitgeist“ passe, wie der Stern erfuhr. Dass „die Lust am Sex“ zunimmt, aber „Hunger und Durst verschwinden“, wie Bild wusste. Dass die Droge sei „wie eine unendliche Glücksspritze“, wie die Zeit schwärmt.

Die beste Therapie dagegen, dieses Zeug endlich mal ausprobieren zu wollen, sind fünf Staffeln „Breaking Bad“.

Lesen Sie hier das Contra: Warum die Serie die Modedroge Crystal Meth verharmlost.

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