Kurz und Bündig - Ansgar Nünning, Roy Sommer: Handbuch Promotion

Chaos macht heutzutage nicht kreativ, sondern in erster Linie unsicher. Jedenfalls ist der Eindruck alles andere als beruhigend, dass vermutlich neun von zehn Studierenden in den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften ihr Studium eher als chaotisch denn als systematisch beschreiben würden. Der Literaturwissenschaftler Ansgar Nünning reagiert nicht erst mit seinem neuesten, gemeinsam mit Roy Sommer herausgegebenen Buch auf das akute Bedürfnis nach Übersicht, das sich an den deutschen Hochschulen breitmacht.

Chaos macht heutzutage nicht kreativ, sondern in erster Linie unsicher. Jedenfalls ist der Eindruck alles andere als beruhigend, dass vermutlich neun von zehn Studierenden in den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften ihr Studium eher als chaotisch denn als systematisch beschreiben würden. Der Literaturwissenschaftler Ansgar Nünning reagiert nicht erst mit seinem neuesten, gemeinsam mit Roy Sommer herausgegebenen Buch auf das akute Bedürfnis nach Übersicht, das sich an den deutschen Hochschulen breitmacht. Beispielsweise hat er das «Metzler Lexikon für Kultur- und Literaturtheorie» herausgegeben: einen Band, der literaturwissenschaftliches, philosophisches und soziologisches Wissen plausibel zu dem strukturiert, was heute Kulturtheorie heißt – und der daher gelegentlich als «Studienreform im Kleinen» bezeichnet wird. Her also mit Nünnings «Promotionsreform im kleinen»! Der Titel «Handbuch Promotion» lässt darauf hoffen: Endlich, so erwartet man, ein Nachschlagewerk, das einen Weg durch den Urwald der deutschen Promotionslandschaft bahnt. Ist das Buch allerdings erst einmal aufgeschlagen, enttäuscht es sogleich. Nünning und Sommer haben eine aus fünf Kapiteln bestehen­de Aufsatzsammlung herausgegeben, die sich thematisch am zeitlichen Ablauf eines Pro­motionsprozesses entlanghangelt. Nicht kurz, nicht übersichtlich, kein Nachschlagewerk. Einige der Beiträge sind nützlich und informativ – zum Beispiel die Erläuterungen zu «For­schungssupervision und Promo­tionscoaching» von Janine Hauthal. Die meisten Tex­te allerdings scheitern an dem Versuch, allgemeine Aussagen über die Promotion zu treffen. Dabei entstehen Tipps wie: «Suchen Sie sich Ver­bündete im privaten und fachlichen Bereich»; «Wählen Sie unbedingt ein Thema, das Sie wirklich interessiert und mit dem Sie sich identifizieren kön­nen»; «Setzen Sie sich selbst realistische Deadlines. Realistisch sind Deadlines dann, wenn es Ihnen gelungen ist, sie einzuhalten». Oder auch: «Üben Sie sich im akademischen Small Talk, denn kaum etwas ist anstrengender, als während einer Konferenzpause alleine herumzustehen, während sich alle anderen angeregt unterhalten. Wichtiger als die gängigsten Themen, über die man sich ohnehin fortlaufend ein wenig informieren sollte (Bologna-Prozess, Exzellenzinitiative …), sind sogenannte ‹ice-breaker› (das Wetter, das Essen, die Bahn …) – und vergessen Sie nicht, Ihren Nachbarn am Kaffeebüffet ebenfalls eine Tasse einzuschenken!» Nach der Lektüre dieses Buches weiß man zumindest, was man vorher ahnte: Die Promotion gibt es weniger denn je, bei all den immer unterschiedlicher werdenden Studiengängen, Prü­fungsordnungen, Postgradu­iertenförderungen, Gra­duierten­kollegs, Wissensparadigmen. Und so hat dieses Handbuch offenbar kein hand­buchtaugliches Thema.

 

Ansgar Nünning, Roy Sommer (Hg.)
Handbuch Promotion. Forschung – Förderung – Finanzierung
Metzler, Stuttgart 2007. 426 S., 24,95 €

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