Kurz und Bündig - Alex Kapranos: Sound Bites. Essen auf Tour mit Franz Ferdinand

Bücher von Rock-Stars sind normalerweise mit Vorsicht zu genießen. Meist geht es um Drogen und Frauen, Frauen und Drogen, und zwischendurch um Ruhm, Kopfschmerzen und Drogenentzug. Es sei denn, der betreffende Rock-Star ist ein Brite mit Manieren – wie Alex Kapranos, der Sänger von «Franz Ferdinand», einer der erfolgreichsten und sicherlich cleversten der neueren britischen Gitarrenbands.

Bücher von Rock-Stars sind normalerweise mit Vorsicht zu genießen. Meist geht es um Drogen und Frauen, Frauen und Drogen, und zwischendurch um Ruhm, Kopfschmerzen und Drogenentzug. Es sei denn, der betreffende Rock-Star ist ein Brite mit Manieren – wie Alex Kapranos, der Sänger von «Franz Ferdinand», einer der erfolgreichsten und sicherlich cleversten der neueren britischen Gitarrenbands. Vor dieser Traumkarriere hat der 1972 geborene Sohn eines Griechen und einer Engländerin sich mehr als zehn Jahre lang als Küchenjunge, Weinkellner und Koch durchgeschlagen – und als Universitätsdozent an der Fakultät für Geisteswissenschaften der Universität Glasgow. So ist Alex Kapranos ein Rock-Musiker mit Sinn für gute Küche und mit einigem literarischen Knowhow. Weshalb eine Redakteurin des «Guardian» auf die Idee kam, ihn, als er mit «Franz Ferdinand» um die Welt tourte, eine kulinarische Kolumne schreiben zu lassen. «Sound Bites» hieß diese Artikelserie, und «Sound Bites» heißt auch das Buch, das daraus entstand; jetzt ist es auf Deutsch erschienen. Eine überaus amüsante Weltreise. Alex Kapranos ist, was das Essen angeht, getrieben von bewundernswerter Neugier, von hemmungsloser Experimentierfreude, man möchte fast sagen: von der Todesverachtung eines Gentleman auf Weltreise. Er treibt seine Band-Kollegen in japanische Ninja-Höhlen aus Plastik und verspeist mit ihnen den berüchtigten, gelegentlich giftigen Kugelfisch; schmeckt wie Fischstäbchen, lautet sein lakonischer Kommentar. In San Francisco probiert er die «Dizzaster Rolls» im chaotischsten Hippie-Lokal der Welt. In Singapur lädt er seine Fans zu einem Fastfood-Fest in der Lobby eines Hotels ein – dessen Manager ihm vorher verboten hatte, dort seine in Bananenblättern gedünsteten Leckereien vom Imbiss um die Ecke zu essen. In New York vertilgt er Brot mit Markknochen und Marmelade. «Wissen Hunde etwas, was ich nicht weiß?», fragt er skeptisch. Der eigenartigste Geschmack von allen aber war der von Rinder-Hoden in Argentinien: Die schmecken wie eine Hand voll Pennies mit Grünspan. «Mag sein, dass alles, was gehen kann, irgendwann auf dem Grill landet. Aber deswegen muss man noch lange nicht die Eier davon essen», so das Fazit. Alex Kapranos ist ein exzellenter Beobachter, er beschreibt witzig und genau, und er entwickelt in den kurzen Glossen eine erstaunliche Varianz. In elegant eingebauten Rückblenden erzählt er von seinen Erfahrungen als Küchenjunge und Koch und balanciert so die Perspektive des neugierigen Essers mit substanziellen Hintergrund-Kenntnissen aus. Mal erzählt er zielstrebig auf eine Pointe hin, mal assoziiert er eher locker. Und wenn gelegentlich etwas aus dem eigentlichen Rockstar-Leben durchdringt, dann vor allem die seltsamen Momente in den Tourpausen, wenn er allein in seiner Wohnung in Glasgow an die Decke starrt. Dann ist der Kühlschrank leer, und es gilt, ein gutes Curry beim Inder zu finden. Und wer will, kann bei seiner nächsten Suche nach einem guten Curry nun Alex Kapranos’ «Sound Bites» zu Hilfe nehmen. Die Adressen der besprochenen Restaurants sind im Anhang zu finden. 

 

Alex Kapranos
Sound Bites. Essen auf Tour mit Franz Ferdinand
Aus dem Englischen von Axel Henrici.
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007. 160 S., 7,95 €

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