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George Takei - Star-Trek-Ikone fordert Donald Trump heraus

Mit seiner Hetze gegen Muslime zog Donald Trump den Zorn des US-japanischen Schauspielers George Takei auf sich. Die Star-Trek-Legende mischt sich nun in den US-Wahlkampf ein: Mittel dafür ist Takeis neues Broadway-Musical über Internierungen im Zweiten Weltkrieg

Autoreninfo

Eva C. Schweitzer arbeitet als freie Journalistin für verschiedene Zeitungen in New York und Berlin. Ihr neuestes Buch ist „Links blinken, Rechts abbiegen“.

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George Takei ist auf einem Kreuzzug – für die Rechte von ethnischen Minderheiten und Schwulen, gegen die Republikaner und vor allem deren führenden Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Der japanischstämmige Schauspieler findet dessen fremdenfeindliche Tiraden „gruselig“. Zuletzt hatte Trump gefordert, Moslems grundsätzlich nicht mehr ins Land zu lassen. Takei schoss zurück: „Wie Moslems heute verfemt werden, das ist genauso wie das, was meinen Eltern während der dunkelsten Stunden des Zweiten Weltkriegs passiert ist. Sie wurden eingesperrt, weil wir so aussahen wie die Leute, die Pearl Harbor bombardiert hatten.“

Der heute 78-jährige Takei ist weltweit als Hikaru Sulu bekannt, der Steuermann des Raumschiffs Enterprise in der Serie Star Trek. 1965 castete Gene Roddenberry ihn für das Multikulti-Abenteuer im Weltraum als den idealtypischen Asiaten (in den neuen Filmen wird Sulu von dem Koreaner John Cho gespielt). Takei war so erfolgreich, dass er den Sternenflottenoffizier, der zuletzt zum Captain der USS Excelsior befördert wurde, nicht nur in der Serie spielte, dazu in sieben Filmen, im Spinoff „Voyager“ und in Video- und Zeichentrickversionen von Star Trek (und Star Wars), sondern auch als er selbst in anderen Serien auftrat, von „Futurama“ über „Will and Grace“ bis zur „Big Bang Theory“.

Kampf für die Schwulenehe


Heute aber nutzt Takei seinen Ruhm, sich politisch zu engagieren – im Internet. Der Schauspieler, dessen Facebook-Profil mehr als neun Millionen Likes hat, fing damit an, für die Schwulenehe zu kämpfen. Er ist selbst seit 2008 mit dem Lauftrainer Brad Altman verheiratet und inoffizieller Marschall der New Yorker Gay Pride Parade. Aber mindestens genauso liegt es ihm am Herzen, die Geschichte der Internierung von japanischstämmigen Amerikanern bekannt zu machen. Nach Pearl Harbor wurde auch seine Familie mit dem damals Vierjährigen erst in einen Pferdestall bei Los Angeles gebracht, der als Sammellager für Zehntausende diente, dann in ein Lager in Arkansas und zuletzt in ein Lager im Norden von Kalifornien, wo sie Jahre in Haft blieben.

Takei hat diese Geschichte an den Broadway gebracht (nach einem Probelauf in San Diego); zum ersten Mal im amerikanischen Musiktheater übrigens. Das Musical heißt „Allegiance“, Loyalität. Der Titel erinnert an den „Pledge of Allegiance“, den Fahneneid, den jedes amerikanische Kind morgens in der Schule aufsagt, aber es geht auch darum: Zu wem ist man loyal? Zu der Familie? Dem Land? Der Armee? Den eigenen Idealen? Und was, wenn einen das in Interessenkonflikte bringt?

In dem Musical geht es um Sammy Kimura, ein in Kalifornien geborener Sohn eines japanischstämmigen Bauern – Takei spielt Sammy als den alten Mann, der er heute ist, aber auch Sammys Großvater während der Internierung. 1942 werden Sammy und seine Familie, mit einigen anderen Leidensgenossen, zusammengetrieben und nach Heart Mountain, Wyoming, gebracht, in eines von zehn Konzentrationslagern. Bald gehen Risse durch die Familien. Sammy will sich freiwillig zur U.S. Army melden, um aus dem Lager zu kommen und seine Loyalität zu beweisen. Franky, der Freund seiner Schwester, organisiert einen Aufstand, um auszubrechen. Er wird von den Wachen zusammengeschlagen und endet im Bau. Als Sammy aus dem Krieg zurückkommt, als einziger Überlebender einer Einheit von japanischstämmigen Soldaten, die verheizt wurde, bricht er mit seiner Schwester, weil die den „Verräter“ Franky geheiratet hat.

George Takei wollte die Opfergeschichte erzählen, bekam aber nur Schurkenrollen


Takei versucht, den Mittelweg zu finden, das Musical leicht zu präsentieren, um das amerikanische Publikum nicht zu vergraulen, aber trotzdem die Botschaft nicht zu verwässern. Es gibt ein paar komische Zeilen, Liebeleien, aber auch herzzerreißende Momente; etwa, wenn der Nachbar den Deportierten die Farm für ein Trinkgeld abnimmt, wenn eine junge Mutter den Kinderwagen mitnehmen will und ihr gesagt wird, sie müsse den aufgeben und das Baby tragen; wenn die Krankenschwester Sammy erklärt, Medikamente gäbe es nur für die Wachen, nicht für seinen hustenden Großvater (auch das Baby stirbt, weil es nicht versorgt wird), und zuletzt, als die Bombe auf Hiroshima fällt. Die Welt bleibt für eine Sekunde stehen, und der Großvater haucht sein Leben aus.

Lange hat Takei daran gearbeitet, das Thema in eine breitere Öffentlichkeit zu bringen. Schon 1992 gründete er (mit anderen ) das „Japanese America National Museum“ in Los Angeles, im Stadtteil Little Tokyo, das eine Dauerausstellung über die Internierung zeigt. Er hat die Geschichte seiner Familie in seiner Autobiographie To the Stars erzählt. Und seit 1994 wollte er daraus einen Film machen. Aber Hollywood interessierte sich nicht dafür. Stattdessen bekam er Rollen angeboten wie die eines sadistischen Offiziers in einem Kriegsgefangenenlager oder als Le Duc Tho, der (in den USA nicht sonderlich beliebte) Führer der nordvietnamesischen Kommunisten.

Von den Rezensenten wurde das Musical mit gemischten Kritiken aufgenommen. Das Fachblatt Variety fand es „übersimplifiziert“, Associated Press nannte es „bombastisch“. Die New York Times, die 1942 die Internierung als eine Art Abenteuerurlaub beschrieb, der mit gutem Humor bewältigt werde, bemängelt heute bei dem Musical historische Ungenauigkeiten: So sei das Lager in Heart Mountain –  anders als das in Tula Lake, wo Takeis Familie interniert war – von Männern in Zivil bewacht worden, nicht von Militärs. Wohlgemerkt: Hier geht es um den Broadway, wo Musicals Österreicher als jodelnde, bergsteigende antifaschistische Widerstandskämpfer darstellten, und den Vietnamkrieg als Liebesgeschichte zwischen einem GI und einer Vietnamesin, ohne dass sich die Times die Mühe eines Faktenchecks gemacht hätte.

Angebot an Donald Trump


Takei ficht das nicht an. Und der Präsidentschaftswahlkampf hat sein politisches Engagement noch beflügelt. Als Trump zu Time Magazine sagte, dass Franklin D. Roosevelt die Japaner interniert habe, sei verständlich, er wisse nicht, was er damals gemacht hätte, protestierte der Schauspieler. Ihm sekundierte Roosevelts Enkelin Anne Roosevelt, die Vorsitzende des Think Tanks Roosevelt Institute. Die Internierung sei ein „schrecklicher Fehler und eine Verletzung der Menschenrechte“ gewesen, sagte sie, „eine furchtbare politische Entscheidung, die von Furcht getrieben worden sei“. Man dürfe nicht Leute wegen ihrer Religion oder Herkunft diskriminieren (Takeis Fans erfuhren davon postwendend via Facebook).

Takei hat auch Trump eingeladen, sich „Allegiance“ anzusehen. Ebenfalls auf Facebook, per Video, auf der Bühne stehend und im Kostüm. „Sie sagten, Sie wüssten nicht, was Sie getan hätten, wären Sie dabeigewesen – ich war dabei“, sagt Takei. „Sehen Sie sich das Stück an – es sei denn, Sie sind feige.“ Bislang hat sich Trump noch nicht blicken lassen. Natürlich hat Takei die Einladung wiederholt.

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