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Selfmademan René Benko - Vorbestrafter Schulabbrecher

Weil René Benko dem Karstadt-Konzern drei Luxuskaufhäuser abgekauft hat, steht er im Rampenlicht. Dabei liegt dem Österreicher Transparenz ganz und gar nicht 

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Hans-Peter Siebenhaar ist Redakteur des Handelsblatt in Düsseldorf.

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Karstadt bedeutet Ärger. Noch prüft der angeschlagene Warenhausriese, welche seiner Häuser er schließen wird. Eine Entscheidung ist noch nicht getroffen. Doch schon jetzt ist klar: Der Protest der insgesamt 20. 000 Mitarbeiter wird laut sein. Die Gewerkschaft Verdi verlangt von den Karstadt-Eignern Nicolas Berggruen und René Benko transparente Entscheidungen. Doch Transparenz gehört nicht zu den Stärken des ungleichen Tandems, das über die Zukunft des traditionsreichen deutschen Warenhauskonzerns entscheidet.

Die öffentliche Anteilnahme ist für den Österreicher René Benko neu. Der 36 Jahre alte Immobilienmagnat sucht nicht unbedingt das Scheinwerferlicht der Medien. Er arbeitet am liebsten hinter verschlossenen Türen. Damit ist der Selfmademan aus Tirol bislang hervorragend gefahren. Seine Innsbrucker Firma Signa verwaltet nach eigenen Angaben ein Immobilienportfolio im Wert von über fünf Milliarden Euro – eines der wertvollsten in Europa.

Mit Kaufhausimmobilien kennt er sich auch aus. In Innsbruck, wo er mit seiner Frau und seinen zwei Kindern lebt, ließ er das Einkaufszentrum Tyrol für 155 Millionen Euro errichten, entworfen vom britischen Stararchitekten David Chipperfield. Der baut für ihn auch gerade ein Luxuskaufhaus in Bozen, das 2016 eröffnen soll. In Wien erwarb er von Banken Bürohäuser und bescherte der österreichischen Hauptstadt zahlreiche Luxusläden.

Karstadt ist anders: Hier regieren Missgunst, Misstrauen und Misswirtschaft. Hier wird alles auf die öffentliche Bühne gezerrt. Das bekommt auch Benko zu spüren. In den vergangenen Wochen sah er sich, ganz entgegen seiner Gewohnheit, mehrfach zu öffentlichen Stellungnahmen genötigt: „Wir werden in unsere Häuser investieren und gleichzeitig expandieren – und dazu weiteres Personal einstellen“, versuchte er kürzlich Gerüchte um Filialschließungen zu dementieren. Doch das Misstrauen bleibt. Die Karstadt-Mitarbeiter haben in den vergangenen Jahren viel erzählt bekommen.

Für Benko soll Karstadt sein Meisterstück werden. Er will das bisherige Verlustgeschäft Warenhaus neu erfinden. Viel Geld hat er in das Projekt investiert. Im vergangenen Jahr erwarb er für über 1,1 Milliarden Euro die Immobilien von 17 Karstadt-Filialen. Im September kaufte er eine Mehrheit von 75,1 Prozent der Karstadt Premium GmbH, zu der die drei Luxuskaufhäuser KaDeWe in Berlin, Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München gehören sowie die 28 Sporthäuser. Der Verkaufspreis von 300 Millionen Euro soll in die Modernisierung aller Karstadt-Warenhäuser fließen. „Das Geld kann nicht verpfändet, verliehen oder ausgeschüttet werden“, beteuert Benko. Gut die Hälfte fließt nach Medienberichten aber zurück in die Häuser der Karstadt Premium GmbH, sodass sein Risiko bei dem jüngsten Deal überschaubar bleibt.

Was er genau mit Karstadt vorhat, bleibt sein Geheimnis. Ungewöhnlich ist für ihn, dass er diesmal nicht als reiner Immobilieninvestor auftritt, sondern auch operativ in die Warenhauswelt eintritt. In der Branche wird spekuliert, dass Benko die große Marktbereinigung im deutschen Warenhausgeschäft durchziehen will. Der Düsseldorfer Handelskonzern Metro wäre bereit, den Karstadt-Konkurrenten Kaufhof zu verkaufen, wenn die Bedingungen stimmen. Und Benko? Der hatte bereits 2011 versucht, Kaufhof zu übernehmen. Die K. u. K.-Fusion mithilfe eines Österreichers würde doch passen.

In seiner Heimat ist Benko ein Unternehmerstar, sein Privatvermögen wird auf 550 Millionen Euro geschätzt. Seinen schillernden Lebensstil mit Privatjet und der Vorliebe für schnelle Autos sieht man hier auch nicht so eng. Einer, der mit 17 Jahren die Schule abbricht und es schlitzohrig schafft, sich aus einem Beamtenelternhaus nach oben zu arbeiten, genießt in Österreich Respekt.

Selbst das Strafverfahren gegen ihn hat nur kleinere Kratzer auf Benkos Image hinterlassen. Im August wurde Benko wegen „verbotener Intervention“ zu einer Bewährungsstrafe von zwölf Monaten verurteilt, weil er und sein Steuerberater den ehemaligen kroatischen Regierungschef Ivo Sanader mit 150 000 Euro bestochen haben sollen, wenn er Benko in Italien in einer heiklen Steuerangelegenheit helfen würde. Sanader selbst hatte damals seinen Kontakt zum italienischen Premier Silvio Berlusconi angeboten.

Seinem Netzwerk haben die juristischen Auseinandersetzungen nicht nachhaltig geschadet. Im Signa-Beirat sitzen der frühere österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, ein Sozialdemokrat, und der ehemalige Porsche-Chef Wendelin Wiedeking.

Die Anerkennung und Wertschätzung der Wichtigen und Reichen sind ihm wichtig. „Was er überhaupt nicht leiden kann, ist Neid“, sagt ein Wiener Immobilienexperte. Schlimmer findet er nur Forderungen nach Transparenz.

 

 

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