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Oliver Rüther

Solarenergie - Zukunft Uganda

In Deutschland ist die subventionierte Party der Solarenergiebranche vorbei. Der hessische Anlagenbauer Lars Kirchner ging daher ins afrikanische Uganda, wo seine Solarzellen nun das Land erobern

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Sywottek, Christian

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Afrikas zukünftige Energieversorgung sieht aus wie ein Carport. Ein schräges Dach auf Metallstelzen, 75 Quadratmeter groß, bedeckt mit Solarmodulen, die 22 Megawattstunden Strom im Jahr erzeugen. Darunter ein zerschrammter Überseecontainer, vollgestopft mit Batterien, Wechselrichtern, Schaltschränken. Aus dem Container ragt ein Kabel – damit sucht Lars Kirchner Anschluss an die neue Zeit.

„Wenn es klappt“, sagt der 42-jährige Solarunternehmer aus dem hessischen Alheim, „geht es um einen dreistelligen Millionenbetrag. Und es wird klappen.“ Dieser scheinbar wahnwitzige Plan, sich mit seinem „Solar-Genset“ in Uganda ein neues Geschäft aufzubauen.

Sonne statt Diesel


Uganda soll Lars Kirchners neues Dorado werden. Das Land ist gespickt mit rund 3000 Mobilfunkmasten, knapp 800 davon irgendwo im Nirgendwo, von Dieselgeneratoren mit Strom versorgt. Diesel aber ist teuer, sein Transport kompliziert – Kirchner will die Masten mit seinen Solargeneratoren ausrüsten. 2000 Stück hat er sich vorgenommen in Uganda, Tansania und Kenia. Überschüssiger Strom soll bis zu 700 angrenzende Dörfer mit Energie versorgen. Zwei Anlagen stehen, für 60 Masten sind die Verträge unterschrieben.

„Wir wollen uns unabhängiger machen von subventionierten Märkten“, sagt Kirchner. „Wir wollen dorthin, wo Solarstrom ohnehin markttauglich ist.“ Denn der deutsche Solarmarkt kriselt. Sinkende Einspeisevergütungen drücken die Preise auch bei Installateuren, Umsätze und Gewinne sinken. Kirchners Unternehmen, die Kirchner Solar Group, beschäftigte zu besten Zeiten 240 Mitarbeiter, machte 190 Millionen Euro Umsatz. Heute sind es 150 Mitarbeiter, der Umsatz liegt bei 60 Millionen Euro.

Aber Kirchner klagt nicht. Das hat er nie gemacht. Im Jahr 1991 gründete der Elektrotechniker einen Laden, reparierte Radios und Fernsehgeräte. Er entwickelte Steuerungen für Kirchenglocken, baute Beleuchtungssysteme für Kirchen. Als ein Förster seine Hütte elektrifizieren wollte, machte Kirchner erste Erfahrungen mit der Fotovoltaik, baute schließlich netzunabhängige Selbstversorgersysteme für Boote und Wohnwagen. „Alles kam auf mich zu“, sagt Kirchner, „und ich habe nie Nein gesagt.“

„Wartelisten wie beim Zahnarzt“


Seit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000 plant und montiert Kirchner Dachanlagen, baut Solarparks, ersinnt Beteiligungsangebote. „Wenn es Brei regnet, brauchst du einen großen Löffel“, meint Kirchner. „Wir haben über Jahre nur gebaut, mit Wartelisten wie beim Zahnarzt.“ Er verdient sehr gutes Geld, aber ihm ist früh klar, dass der Boom nicht unendlich ist.

Im Jahr 2005 besucht er einen Freund in Uganda, sieht überall die röhrenden Dieselgeneratoren, bemerkt die hohen Dieselpreise. Zurück in Deutschland entwickelt er kleine, netzunabhängige Solarsysteme für Privatnutzer, die sein ugandischer Freund bald erfolgreich in drei Läden vertreibt. Auch weil Solar­module billiger werden und Kirchner seine Systeme immer preisgünstiger anbieten kann. Vor knapp drei Jahren entschließt er sich, vor Ort ein Solarcenter zu bauen, für die Produktion und die Ausbildung eigener Mitarbeiter.

Von Mobilfunkmasten ist da noch nicht die Rede. Auf diese Idee kommt er erst vor knapp zwei Jahren mit Fachleuten der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Kampala, die Dörfer mit Sonnenenergie versorgen wollen. Weil Kirchner skeptisch ist, ob er dort genügend zahlungskräftige Kunden findet, ersinnen sie das Kombimodell mit den Masten, mit einem verlässlichen Mobilfunkbetreiber als „Ankerkunde“.

Ziel: Schwarze Zahlen in drei Jahren


Kirchner entwickelt sein Solar-Genset, baut das ugandische Solarcenter für vier Millionen Euro aus. Wohnhäuser, Schulungsräume, eine Werkstatt, einen 40-Tonnen-Portalkran. Bis heute hat das hessische Unternehmen dort 15 einheimische „Solarteure“ ausgebildet, von November dieses Jahres an sollen jährlich über 70 Auszubildende das Programm durchlaufen. Die GIZ wiederum spricht mit Behörden, besorgt Konzessionen – vor allem aber hat sie den Kontakt zum indischen Mobilfunkanbieter Airtel geknüpft, einem der maßgeblichen Betreiber in Uganda.

Nach den zwei Pilotanlagen steht in Uganda jetzt der landesweite Rollout an. In drei Jahren will er in Afrika Gewinn machen. Und wenn es doch nicht klappt? „Im schlimmsten Fall verliere ich Geld“, sagt Lars Kirchner ganz entspannt. Er kann es sich leisten. Er hat während des Booms genug Subventionsbrei gelöffelt.

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