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(picture alliance) Geld ist seine Welt: Dalio managt den größten Hedgefonds weltweit

Investor Ray Dalio - Maoistischer Investor

Er verwaltet gewaltige 105 Milliarden und den größten Hedgefonds der Welt: Ray Dalio. Seinen Arbeitstag beginnt der Amerikaner mit Meditation. Ein Porträt

Ein Hedgefondsmanager mit Prinzipien. Ray Dalio hat sogar so viele davon, dass er 123 Seiten damit gefüllt hat. Für seine Mitarbeiter sind sie Pflichtlektüre vor der Einstellung, und der Ton ist mitunter recht harsch: „Ich hab meine Prinzipien aufgeschrieben, damit Sie darüber nachdenken und nicht, damit Sie sie blindlings befolgen.“

Trotzdem interessieren sich auch viele andere Leute für seine Weisheiten, denn Dalio, 61 Jahre, leitet den größten Hedgefonds der Welt: Bridgewater Associates. Er verwaltet rund 105 Milliarden Dollar – vier Mal so viel wie George Soros. Dalios Investoren sind überwiegend institutionelle Anleger, darunter viele amerikanische Pensionsfonds. Er selbst blieb trotz seines Erfolgs lange Zeit für viele ein Unbekannter.

Das mag daran liegen, dass seine Firma in Connecticut sitzt, rund 80 Kilometer von der Wall Street entfernt, und dass der Gründer lieber zum Fischen nach Kanada fährt als zu Millionärspartys auf Long Island. In der Welt der Schönen und Reichen ist der Sohn eines Jazzmusikers ein Außenseiter geblieben. Er kämmt sein stahlgraues Haar in den Nacken und kommt am liebsten in Khaki-Jeans ins Büro. Den Arbeitstag beginnt er meditierend, weshalb der Branchenblog Marketfolly über seine „Zen-Methoden“ spottet. Und dann predigt er seinen Kollegen auch noch Zurückhaltung und Bescheidenheit: „Menschen, die eine bestmögliche Entscheidung treffen wollen, sind selten davon überzeugt, dass sie selbst die besten Antworten haben“, betont Dalio.

Selbstzweifel statt Ego: Dalio nennt sich einen „Hyperrealisten“ und verlangt von seinen Angestellten rücksichtslose Offenheit. Dank seines Gebots der „radikalen Transparenz“ müssen sich Mitarbeiter gefallen lassen, dass sie vor anderen abgekanzelt und ihre Missgriffe in „Fehlersitzungen“ diskutiert werden. Zur Transparenz gehört auch, dass sämtliche Gespräche innerhalb der Firma auf Band aufgenommen werden. „Es ist in Ordnung, Fehler zu machen, aber es ist inakzeptabel, nicht aus ihnen zu lernen“, lautet eines seiner Prinzipien. Einige frühere Mitarbeiter kritisieren Bridgewater deshalb als Sekte und vergleichen die Meetings mit maoistischer Selbstkritik – andere preisen das Streben nach Perfektion. „Es wird hier als Stärke betrachtet, Schwächen zuzugeben“, lobt Firmenanwalt James Comey, der vorher unter Präsident George W. Bush stellvertretender Generalstaatsanwalt war. „Das habe ich sonst nirgendwo erlebt.“

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Die fast schon totalitäre Transparenz nutzt aber offenbar dem Geschäft: Im vergangenen Jahr erwirtschaftete Bridgewaters größter Fonds eine Rendite von 45 Prozent. Dalio gelingt seit Jahren das große Kunststück, hohe Renditen zu erzielen und gleichzeitig das Risiko breit zu streuen. Als akribischer Rechercheur ist er überzeugt, dass es, auch im Finanzgeschäft, eine „Wahrheit“ gibt, die sich entdecken lasse: Er vergleicht Spekulieren mit einer Maschine, die man nur verstehen und anschließend richtig füttern muss. Tatsächlich schlägt er erstaunlich oft den Markt. Auch die Finanzkrise hat er rechtzeitig kommen sehen, seine Anleger vor den „verrückten Kreditvergaben“ gewarnt. Anstatt, wie einige Konkurrenten, in aller Stille auf das Desaster zu wetten, wurde Dalio sogar im Finanzministerium und im Weißen Haus vorstellig, wo seine Warnungen allerdings keiner hören wollte.

Gegründet hat Dalio Bridgewater 1975, da war er 26 Jahre alt. Schon als Teenager interessierte ihn Geld mehr als alles andere. Alles, was er als Zeitungsjunge, beim Schneeschippen oder als Aushilfe in Restaurants verdiente, investierte er in Aktien – „im Vergleich zu meinen anderen Jobs schien mir das einfacher zu sein und erheblich lukrativer“. Zu Beginn seines Studiums war sein Portfolio auf mehrere Tausend Dollar angewachsen. Nach dem College ging er auf die Harvard Business School, und in den Ferien jobbte er an der Wall Street. Doch eine Karriere dort interessierte ihn nie: „Um motiviert zu sein, muss ich machen, was ich will, und nicht, was andere Leute mir sagen.“

Daran hält er sich auch heute noch – aus dem operativen Geschäft zieht er sich gerade etwas zurück. Künftig firmiert er als „Mentor“ und nicht mehr als CEO. Mehr als die Hälfte seines Milliardenvermögens will er für wohltätige Zwecke spenden, ähnlich wie Microsoft-Gründer Bill Gates und Investmentlegende Warren Buffett. Er und seine Frau Barbara hätten gelernt, dass zwischen Reichtum und Glück keine Korrelation bestehe, sagt Dalio: „Wenn man mehr hat, als gewisse Standards abzudecken, ist das ganz nett, aber nicht wirklich wichtig.“

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