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(picture alliance) Krisenmanagerin Meg Whitman weiß Rat und Tat

Meg Whitman - Kompetent, aber herzlos

Meg Whitman ist reich, krisengeprüft und hat große Ambitionen als Vorstandsvorsitzende bei Hewlett Packard. Als Gouverneurskandidatin in Kalifornien scheiterte die Republikanerin zwar 2010 skandalös, wurde aber bald danach CEO beim Technologie-Riesen. Das Portrait einer als kompetent, aber herzlos bezeichneten Frau

Als Krisenmanagerin ist sie erprobt. Während eines 22 Stunden langen Stromausfalls beim Internet-Auktionshaus Ebay ließ sich Meg Whitman nicht aus der Ruhe bringen, organisierte besonnen die Notfallteams und traf die mutige Entscheidung, sämtliche Kunden für Verluste zu entschädigen. „Wir waren dazu nicht verpflichtet und verfehlten so unsere Gewinnprognose, aber stärkten das Vertrauen“, erinnert sich Whitman.

Verglichen mit der Notlage, in der sie jetzt steckt, war der Stromausfall harmlos. Seit dem 22. September ist die 55Jährige Chefin des angeschlagenen Computerriesen Hewlett Packard (HP) im kalifornischen Palo Alto. Es steht viel auf dem Spiel, für die frühere Ebay-Chefin ebenso wie für den Konzern mit seinen 325.000 Mitarbeitern. Entweder sie schafft den Turnaround, dann geht sie endgültig als Heldin in die amerikanische Wirtschaftsgeschichte ein. Oder sie scheitert – dann sind gleich zwei Ikonen beschädigt: das Unternehmen, das als Begründer von Silicon Valley gilt, und die Frau, die das Einkaufsverhalten von Millionen Menschen revolutionierte.

Es ist ein spannendes Experiment. Whitman ist ehrgeizig, diszipliniert und als Managerin erfahren. Doch sie ist auch machthungrig und vor Selbstüberschätzung nicht gefeit. Bei Ebay formte die Harvard-Absolventin binnen zehn Jahren aus einem kleinen Start-up ein Weltunternehmen mit acht Milliarden Umsatz. HP ist ein anderes Kaliber: 127 Milliarden Umsatz, verkrustete Strukturen, unklare Marktausrichtung, eine ganze Reihe gescheiterter CEOs. Der letzte, der deutsche Manager Léo Apotheker, hielt sich nicht einmal ein Jahr. Aber Whitman sagt selbstbewusst: „Ich kann das.“

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Schon einmal, 2005, wurde ihr der Chefposten eines legendären amerikanischen Unternehmens angeboten: bei Disney. Doch damals zog Whitman es vor, bei Ebay zu bleiben. 2008 verabschiedete sie sich dort, freiwillig: Das Unternehmen brauche frische Ideen. Ihr Nachfolger John Donahoe sagt bis heute kein schlechtes Wort über sie – die Machtexpertin hat ihn aber auch selber ausgewählt.

„Hinter jeder erfolgreichen Frau steht ein erstaunter Mann“, scherzt die Karrierefrau gern. Auf den eigenen Gatten, Griffith Harsh, einen Gehirnchirurgen, trifft das nicht zu. „Wir sind beide Alphatiere“, sagt Whitman, „er stellt mir gute Fragen, wünscht mir Glück, und dann macht er sein Ding und ich mach meins.“ Die Ehe mit zwei Kindern hält seit über 30 Jahren.

Hinter vorgehaltener Hand sagen Branchenkenner, der HP-Verwaltungsrat habe sie schon im Herbst 2010 statt Apotheker holen wollen. Damals aber steckte Whitman mitten im Wahlkampf. Die reiche Republikanerin – Forbes beziffert ihr Vermögen auf 1,3 Milliarden Dollar – bewarb sich als Gouverneurin von Kalifornien.

Es war ein riskantes Unterfangen. Jahrzehntelang hatte die Managerin nicht einmal gewählt. Das war nicht ihr einziges Glaubwürdigkeitsproblem: Schnell kam heraus, dass sie seit acht Jahren eine illegale Einwanderin als Haushälterin beschäftigte, obwohl der Kampf gegen Schwarzarbeit eines ihrer zentralen Wahlkampfthemen war. Schlimmer noch: Als die Sache aufflog, setzte sie die Angestellte von einem Tag auf den anderen auf die Straße. Und bestätigte so das Urteil, das viele Wähler über Manager haben: kompetent, aber herzlos. Über 140 Millionen Dollar ihres Privatvermögens steckte die Frau mit der Perlenkette in den Wahlkampf und verlor doch.

Wenig später holte HP sie in den Verwaltungsrat. Pikanterweise trug sie in dieser Funktion Apothekers radikale Pläne mit, wegen denen er später gefeuert wurde: Der ehemalige SAP-Chef hatte HP zu einem Softwareunternehmen umbauen und die Computersparte verkaufen wollen. Mitarbeiter und Investoren gerieten in Panik, der Aktienkurs halbierte sich. Whitmans erste Aufgabe lautet daher: Sicherheit verbreiten, stabilisieren. Den Verkauf der Computersparte hat sie abgeblasen.

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