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Deutsche Bank - Ein Zyniker und ein Schönredner ramponieren den Ruf der Nation

Christian Wulff musste gehen, Jain und Fitschen, die Chefs der Deutschen Bank, halten immer noch Hof. Dabei beschädigen sie das Land. Einen guten Nachfolger für sie gäbe es schon

Autoreninfo

Frank A. Meyer ist Journalist und Kolumnist des Magazins Cicero. Er arbeitet seit vielen Jahren für den Ringier-Verlag und lebt in Berlin.

So erreichen Sie Frank A. Meyer:

Ja, Christian Wulff musste als Bundespräsident zurücktreten, obwohl er doch der festen Meinung ist: „Ich wäre auch heute noch der Richtige im Amt.“

Ja, Christian Wulff hat sich strafrechtlich nichts zuschulden kommen lassen.

Ja, Christian Wulff ist über Kleinlichkeiten gestolpert, die Journalisten genüsslich zu der Schlussfolgerung addierten: Da ist einer zu klein, um Bundespräsident zu sein.

Ja, Christian Wulff geschah persönlich Unrecht.

Ja, Christian Wulff geschah politisch Recht.

Ja, so ist Politik: Man kann rasch und rabiat vom Hof gejagt werden.

Ja, Politik ist ein honoriges Metier.

Bei der Deutschen Bank herrschen Jürgen Fitschen und Anshu Jain. Gemeinsam mit Josef Ackermann, Imperator von 2002 bis 2012, haben sie die deutsche Weltbank heruntergewirtschaftet zum zwielichtigen Geldhaus: verstrickt in Skandale, gejagt von Staatsanwälten und Privatklägern.

Was aber, wäre die Deutsche Bank eine politische Institution? Was, wäre Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank ein politisches Amt? Was, wäre Banker ein honoriges Metier?

Christian Wulffs Scharfrichter bei Bild haben die Verantwortlichen der Deutschen Bank in einem nahezu seitenfüllenden Interview inszeniert: Jürgen Fitschen, die Arme wie zur Verkündigung ausgebreitet; Anshu Jain in der Pose von Rodins Denker, die Hand am Kinn.

Überschrieben war das Interview mit einem Zitat aus dem Plattitüdenpalaver: „Ohne Reformen gibt es kein Wachstum“.

Ums Vaterland besorgt, liftete Béla Anda, stellvertretender Chefredakteur von Bild, Fitschen und Jain in einem Kommentar auf die moralische Ebene eines Joachim Gauck: „Was der Bundespräsident jetzt sagte, fordern die Chefs der größten deutschen Bank genauso …“

Das Millionenblatt, das Wulffs Haupt auf den Block des Henkers gelegt hat, hofiert die zwei Banker, die es als Politiker längst erledigt hätte.

Ja, so sind sie nun mal, die deutschen Verhältnisse!

Wulff ist ungeeignet als Bundespräsident. Weil er Deutschlands politische Kultur beschädigt hat.

Fitschen und Jain wird gehuldigt, in den Medien, auf Verlagsveranstaltungen, auf Elitesymposien. Beschädigen sie Deutschlands politische Kultur nicht?

In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung stand folgender Satz zu lesen: „Dass er im neuen Amt gefordert ist, nicht nur als Stratege, sondern auch als Staatsmann, das ahnte Jain – so ist es nun mal üblich für einen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank.“

Staatsmann Jain! Staatsmann Fitschen!

Was ist die Deutsche Bank in der Welt? Sie ist die Bank Deutschlands. Sie ist Deutschland. So sehen es die Menschen in Europa, in den USA, in Asien – je weiter von den Frankfurter Doppeltürmen entfernt, desto mehr steht die Deutsche Bank für Deutschland.

Das Deutsche-Bank-Deutschland steckt in tiefster Krise: Das Ende der Ermittlungen und Prozesse wegen Libor- und Devisenmanipulation und Kundentäuschung ist nicht absehbar. Über 1000 Rechtshändel sollen es sein. Ebenso unabsehbar sind die Kosten dieser Kalamitäten. Milliarden. Den finanziellen Schaden kann nicht mal die Deutsche Bank selbst abschätzen.

Die zwei Staatsmänner hoch droben in ihren Regierungstürmen haben das Geldhaus, das für Deutschland steht, über Jahre hinweg rechtlich und moralisch beschädigt: Jain, der Zyniker, Fitschen, der Schönredner. Ach ja, da gab es auch noch den Dauerlächler, diesen Schweizer, Ackermann. Er hat sich unterdessen aus dem Staub gemacht, in die heimischen Berge, wo die Luft rein ist.

Wie ist das möglich: dass Wulff nicht Staatsmann sein darf, wegen peinlicher Kinkerlitzchen? Dass Jain und Fitschen aber als Staatsmänner durch das Land stolzieren, dessen Ruf als Nation korrekter Kaufleute sie ramponiert haben?

Wieso wurden ihnen all ihre Bubenstücke nicht zum Verhängnis? Weshalb dürfen sie weiter von „neuer Kultur“ schwadronieren? Warum dem Land Lektionen erteilen?

Banker sind Bosse, die ihre horrenden Gehälter plus Boni mit der Verantwortung begründen, die sie zu tragen haben. Doch wird eingefordert, dass sie geradestehen sollen für die Fehler ihrer Bank, dann kommt ihnen das Wort „Verantwortung“ partout nicht mehr über die Lippen. Rein rechtlich ist man ja nicht zu belangen, mithin unschuldig; die wahren Täter sitzen in den unteren Etagen; weshalb also abtreten?

Wer so leicht davonkommt, die Taschen gefüllt mit Abermillionen, müsste der Verachtung der Gesellschaft anheimfallen: ihrer moralischen Ächtung. Stattdessen halten die zwei Riesen-Staatsmänner weiter Hof.

Wieso hat die redliche Kanzlerin noch nicht zum Handy gegriffen, um den Geldgesellen mitzuteilen, dass sie als Gesprächspartner nicht mehr infrage kommen – ein SMS-Bescheid von Staatsfrau zu Staatsmann und Staatsmann?

Benötigt nicht der Rechtsstaat Deutschland, benötigt nicht die Demokratie Deutschland dringend ein anderes Geld-Deutschland?

Einen Nachfolger für Jain und Fitschen gäbe es. Er sitzt in der Schweiz: Axel Weber. Derzeit führt der Deutsche die UBS durch die schweren Wetter einer Krise, die mit der Krise der Deutschen Bank durchaus vergleichbar ist – als unbelasteter Kapitän auf neuen Kurs, ohne dabei sein Gastland zu belehren.

Axel Weber, Verwaltungsratspräsident der UBS, verkauft seine Pflicht nicht als Kür. Hingabe an die Aufgabe, das ist seine persönliche Signatur.

Nach dieser Maxime funktionierte Axel Weber schon als Chef der Deutschen Bundesbank und als Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank: Mitten im Finanzcrash, mitten im Shitstorm des Kasinokapitalismus behielt er die Interessen seines Landes im Auge – unerschütterlich in erschütterter Zeit.

Ja, Axel Weber ist ein Mann der öffentlichen Interessen. Er orientiert sich an gesellschaftlichen Werten: was geht und was nicht geht. Er ist ein Glücksfall für die UBS, was so viel bedeutet wie: für die Schweiz. Aus der vor wenigen Jahren noch verluderten und mit Steuergeldern geretteten Bank will er ein Geldinstitut errichten, das die Kunden mit Stolz betreten.

Der Staatsdiener ist in der Schweiz Banquier geworden. Das Gegenteil von Banker.

Banquier für die Deutsche Bank.

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