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(picture alliance) Die Frankfurter Börse wird 425, Metzler schwingt symbolisch die Glocke.

Älteste deutsche Bank Metzler - Geschäftsmodell Biederkeit

Friedrich von Metzler kokettiert gerne mit dem Image des biederen, etwas altmodischen, aber vertrauenswürdigen Privatbankiers. Seine seit fast 340 Jahren bestehende Bank verdient ihr Geld hauptsächlich mit der Vermögensverwaltung wohlhabender Privatkunden und der Beratung institutioneller Anleger

Beim Geschäft mit Staatsanleihen hat das traditionsreiche Frankfurter Bankhaus Metzler ein gutes Näschen gehabt. „Daraus haben wir uns schon etwa 200 Jahre vor der Eurokrise zurückgezogen“, erzählt der heutige Bankchef Friedrich von Metzler. Grund dafür war Ende des 18. Jahrhunderts die französische Besetzung Frankfurts. Sie machte es den Metzlers als Finanziers des preußischen Königshauses unmöglich, weitere Anleihen am Markt zu platzieren.

Es ist wohl auch die fast 340 Jahre lange Historie seiner Bank, die Friedrich von Metzler selbst in hektischen Zeiten ruhig bleiben lässt. „Weder unsere Private-Banking-Kunden noch wir als Bank haben griechische oder italienische Staatsanleihen im Portfolio“, sagt von Metzler. Die eigenen Analysten seien schon vor Jahren zu dem Schluss gekommen, dass die Anleihen der schwächeren Länder der Eurozone falsch bepreist und daher zu riskant seien.

Friedrich von Metzler, hausintern nur FM genannt, kokettiert gerne mit dem Image des biederen, etwas altmodischen, aber vertrauenswürdigen Privatbankiers. Er erklärt dann, warum seine Bank keinen Eigenhandel betreibt, warum sich das Haus ein eigenes Analystenteam leistet, dass er nie verstanden hat, warum es Zertifikate geben soll und nennt die Subprime-Verbriefungen Subcrime-Verbriefungen. Dann nimmt er einen Schluck von dem gewöhnungsbedürftigen Rauchtee, der exklusiv für Deutschlands älteste, unabhängige Privatbank gemischt wird, von hinten gucken ihm seine Urahnen in Öl über die Schulter.

Wer daraus den Schluss zieht, von Metzler rede den Systemkritikern der Occupy-Bewegung, die 300 Meter Luftlinie entfernt vom Stammsitz der Bank ihr Zeltlager aufgeschlagen haben, das Wort oder unterstütze die aktuellen Regulierungsvorhaben der Politik, irrt. Der 68jährige Familienpatriarch eignet sich nicht als Missionar. Es passte auch nicht zum Image seiner Bank, die ihr Geld hauptsächlich mit der Vermögensverwaltung sehr wohlhabender Privatkunden und der Beratung von institutionellen Anlegern wie Pensions- und Staatsfonds verdient. Diese Kundschaft erwartet Diskretion.

FMs Kritik an der eigenen Branche ist daher immer indirekt, mit der Politik geht er dagegen strenger ins Gericht, obwohl er Angela Merkel schätzt, und die Bundeskanzlerin auch gelegentlich seinen Rat sucht. Die aktuell diskutierte Finanzmarkttransaktionssteuer hält er für puren Aktionismus. „Das könnte nur funktionieren, wenn man das international einführt, und da machen weder die angelsächsischen noch die asiatischen Finanzplätze mit“, sagt von Metzler. Ob Europa denn nicht diesbezüglich eine Vorbildfunktion übernehmen könne, wie es Finanzminister Wolfgang Schäuble vorschlägt, damit die anderen später nachziehen? „Nein, das ist unrealistisch“, meint von Metzler, „sie werden nicht nachziehen, sondern sich über das zusätzliche Geschäft freuen, das ihnen zufließt.“ In einer globalisierten Welt funktionierten Alleingänge nicht, sondern kosteten lediglich hierzulande Arbeitsplätze.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum dies in Metzlers Augen kein Totschlagargument ist.

Der Frage, ob das denn nicht ein Totschlagargument sei, weicht von Metzler aus: „Für den Gesetzgeber ist es unglaublich schwer, die Märkte richtig zu regulieren.“ Die Vergangenheit habe gezeigt, dass gut gemeinte Verbraucherschutzgesetze und Verbote an den Märkten zu mehr Intransparenz und dem Aufbau des Schattenbankenwesens geführt hätten. „Ich glaube, man muss dem Markt seine Freiheiten lassen“, sagt von Metzler. „Ein sinnvolles, internationales Regulierungsvorhaben wäre die Einführung eines Börsenzwangs für alle Finanzinstrumente. Das führte zu wesentlich mehr Transparenz und weniger kurzfristiger Spekulation, weil die offenen Positionen für jedermann sichtbar wären.“

Für die Zukunft bleibt von Metzler trotz Eurokrise optimistisch, die aus seiner Sicht vor allem die Politik zu verantworten habe und nicht die Banken: „Die Politik wollte, dass die Banken die Staaten finanzieren, und hat deswegen festgelegt, dass Staatsanleihen nicht mit Eigenkapital unterlegt werden.“ Für die kommenden Jahre rechnet er auch wegen der überbordenden Staatsverschuldung mit einer leicht höheren Inflation und empfiehlt daher, in Sachwerte, vor allem Aktien zu investieren, und wird am Ende dann doch noch missionarisch: „In Deutschland wird ein Aktieninvestment direkt mit Spekulation gleichgesetzt. Das ist Unsinn. Anleger überschätzen die Risiken bei Aktien und unterschätzen sie bei Immobilien.“

Oberste Priorität hat für von Metzler aber, die Unabhängigkeit und die Kultur des Bankhauses Metzler zu bewahren. Deswegen schließt er Zukäufe trotz des stärker werdenden Wettbewerbs im Kampf um die vermögenden Privatkunden aus: „Größe ist bei unserem Geschäftsmodell nicht entscheidend. Daher wollen wir nur organisch wachsen.“

In der Familie Metzler, die in Frankfurt auch wegen ihres kulturellen und gesellschaftlichen Engagements einen guten Ruf genießt, steht die nächste Generation schon in den Startlöchern. Friedrich von Metzlers Neffe Leonhard arbeitet bereits in der Bank, und auch bei seinen eigenen Kindern sei Interesse fürs Bankgeschäft vorhanden, sagt von Metzler: „Wichtig ist, dass wir uns in der Familie, die alle Gesellschaftsanteile hält, einig bleiben. Aber wir schaffen das ja schon seit mehr als 300 Jahren ohne existenziellen Krach.“

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