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Pressestimmen zum VW-Skandal - „Ein Angriff auf unsere Lungen, unsere Herzen und unsere Köpfe“

In der Abgas-Affäre bei Volkswagen kommen immer neue Details ans Tageslicht. In Wolfsburg tagt am Mittwoch das Aufsichtsratspräsidium, um über die Zukunft von VW-Chef Martin Winterkorn zu entscheiden. Der Fall des Autokonzerns beschäftigt auch die internationale Presse. Ein Auszug

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Hier finden Sie Nachrichten und Berichte der Print- und Onlineredaktion zu außergewöhnlichen Ereignissen.

So erreichen Sie Cicero-Redaktion:

Neue Züricher Zeitung, Michael Rasch:

„Der nun einmal mehr in den USA aufgedeckte Skandal ist desaströs für die Marke Volkswagen sowie vermutlich auch Audi. Er beschädigt die gesamte deutsche und internationale Automobilindustrie. Manche Kritiker sehen sich in den schlimmsten Vorwürfen bestätigt: Gesundheit von Mensch und Umwelt sind machthungrigen Konzernen egal, wenn nur der Profit stimmt. Das stimmt so natürlich nicht, doch das Verhalten von VW ist in diesem Fall sicher verwerflich, die Folgen könnten weit über den Konzern hinausgehen. Es ist nämlich völlig offen, welche Kreise der Skandal branchenweit ziehen wird. Schlimmstenfalls kann sich der 'Fall VW' für die Autoindustrie entwickeln wie der 'Fall UBS' für das Schweizer Bankgeheimnis.“

The Guardian, George Monbiot:

„Die Manipulationen von Volkswagen bei den Abgastests sind ein Angriff auf unsere Lungen, unsere Herzen und unsere Köpfe.“

La Reppublica, Vittorio Zucchoni:

„Das ist ein internationaler Fall, ein Unfall, der Europa trifft, von dem Deutschland, – oft – das mächtigste Aushängeschild ist, es begünstigt die außereuropäische Konkurrenz, es lässt die Japaner und Chinesen frohlocken…“

Los Angeles Times, Charles Fleming:

„Der Diesel-Skandal droht die Glaubwürdigkeit und den Wert von Volkswagen zu ruinieren. Volkswagen ist zwar der weltweit größte Autohersteller. Aber das Geschäft litt schon, bevor der Betrug letzte Woche auffiel, besonders in den zwei Kernbranchen für zukünftiges Wachstum: China und den USA.“

Financial Times, Thomas Sattelberger:

„Volkswagen scheitert auf innovative Weise. Kleinere Rivalen haben unabsichtlich Millionen von Autos mit Gaspedalen ausgestattet, die klemmen, und mit Airbags, die versagen. VW dagegen stellte sicher, dass 11 Millionen Dieselfahrzeuge in exakt der gleichen Weise nicht funktionieren, immer dann, wenn Tests der Umweltbehörde durchgeführt werden. Es scheint, dass die Ingenieure von VW die Defekte mit der gleichen Genauigkeit und dem gleichen Qualitätsanspruch designten, wie alles andere, was in ihre Autos kommt.“

Süddeutsche Zeitung, Caspar Busse:

„VW ist nicht der erste deutsche Konzern, der in eine solche tiefe Krise geraten ist. Andere haben vorgemacht, wie ein Ausweg aussehen kann. Die Lehre: Auch wenn der Prozess schmerzhaft und langwierig ist, am Ende kann die Glaubwürdigkeit zurückgewonnen werden. Aber der Wandel muss grundlegend sein. Siemens beispielsweise wurde von einem tiefen Korruptionsskandal erschüttert. Vor allem auf Druck der amerikanischen Behörden hat der Konzern neue Strukturen und Ethikrichtlinien eingeführt. Das Siemens von heute ist mit dem Siemens von damals nicht mehr zu vergleichen.“

Washington Post, Rick Noack:

„Abgesehen von den Kosten, die auf Volkswagen zukommen, weist der Skandal auf eine andere Schwachstelle hin, die die deutsche Industrie generell betrifft: Der größte Teil des wirtschaftlichen Wachstums von Deutschland machte die starke Exportindustrie aus, die vor allem von Devisenkursen und Umsatz in wachsenden Märkten inklusive China profitierte. Volkswagens Ziel, international noch stärker Fuß zu fassen, brachte Führungskräfte dazu, zu betrügen anstatt in teurere Optionen zu investieren.“

Die „Welt“ schreibt dazu:

„Die deutschen Unternehmen sind unter anderem deshalb weltweit so erfolgreich, weil 'Made in Germany' eine Auszeichnung ist. Dass man liefert, was man verspricht, ist eine Tugend, der sich alle Unternehmen verpflichtet fühlen müssten. Für deutsche Unternehmen gilt das besonders. Speziell für die Automobilhersteller. Wer eines ihrer Produkte im Ausland kauft, tut das auch, weil er damit das Gefühl erwirbt, etwas Werthaltiges und vor allem Verlässliches zu besitzen. Gibt es dieses Gefühl nicht mehr, ist das Image weg, von dem gerade die deutschen Premium-Autobauer leben. Und was es bedeutet, wenn die Absatzzahlen der Autohersteller bröckeln, hat Daimler-Chef Dieter Zetsche erst jüngst beschrieben: "Die deutsche Industrie, das sind die Automobilhersteller. Und noch ein bisschen was.“

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