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() Biodiesel: Wer kann die Folgen überblicken?
Biodiesel tötet Nashörner

Die internationale Biodiversitätskonferenz in Bonn will die Vielfalt der Natur bewahren. Eine der Ursachen für den globalen Artenschwund ist die europäische Klimapolitik. Südostasiens artenreiche Regenwälder werden gerodet, um dort Ölpalmen für die Energiegewinnung anzubauen

Bildergalerie: Bio-Sprit - Das Scheitern des einstigen Heilbringers Führt der Klimawandel zu einem Rückgang der Artenvielfalt? Die Antwort darauf ist umstritten. In einem Report des Weltklimarates (IPCC) von 2007 wird behauptet, dass ein Fünftel aller Tier– und Pflanzenarten den Klimatod sterben werde. Andere Wissenschaftler, darunter der Zoologe Josef H. Reichholf widersprechen heftig. „Weltweit wird wärmeres Klima sicherlich nicht zu einem großen Artensterben führen“, sagt er. „Die wirklich große Gefahr für die Lebensvielfalt ist die fortschreitende Vernichtung der tropischen Regenwälder.“ Zwei bekannte Befunde aus der Natur sprechen gegen die These vom Artensterben durch Klimaerwärmung. Erstens nimmt die Biodiversität von den Polen zum Äquator hin immer mehr zu. Je wärmer, desto reichhaltiger das Leben. Die geringste Artenvielfalt herrscht an den Polen und in der Kälte der Hochgebirge. Und zweitens waren die Warmzeiten im Laufe der Erdgeschichte immer die artenreichsten, während in den Eiszeiten die Vielfalt der Tiere und Pflanzen zurückging. Allerdings gibt es einen Aspekt der globalen Erwärmung, der die Existenz vieler Arten tatsächlich bedroht: die Förderung von Biosprit aus Gründen des Klimaschutzes. Weil Treibstoffe aus Raps, Schilfgras, Zuckerrohr oder Ölpalmen beim Verbrennen nur so viel Kohlendioxid freisetzen, wie die Pflanzen vorher gebunden hatten (also CO2-neutral sind), gelten sie als klimafreundlich. Doch die Fixierung der Umweltpolitik auf das Klima hat dazu geführt, dass die Nebenwirkungen des Anbaus verdrängt werden. Um die europäische Nachfrage nach Biotreibstoffen zu befriedigen, brennen Unternehmen in Indonesien und Malaysia die Regenwälder ab. Auf den riesigen Kahlflächen pflanzen sie Ölpalmen an. Hunderte seltener Arten wie Sumatratiger, Orang-Utan und Sumatranashorn verlieren dadurch ihren Lebensraum. Die europäische Klimahysterie zerstört paradoxerweise eine Schatzkammer der Biodiversität. Die Bundesregierung und die EU-Kommission wollen mit einer „Nachhaltigkeitsverordnung“ sicher stellen, dass nur solche Biotreibstoffe gefördert werden, die aus nachhaltigem Anbau stammen. Auch darüber wollen die 5000 Delegierten bei der großen Biodiversitätskonferenz in Bonn beraten. „Wir müssen möglichst rasch zu international anerkannten Mindeststandards kommen,“ sagt Sigmar Gabriel, „damit tatsächlich wirksam verhindert wird, dass für das richtige Ziel der Bioenergie-Ausweitung falsche Wege beschritten werden.“ Bleibt zu hoffen, dass bis dahin noch etwas Regenwald in Indonesien und Malaysia übrig ist. Die Wälder Borneos, Sumatras, Javas, Sulawesis und der Malaiischen Halbinsel zählen zu den artenreichsten der Erde. Auch heute noch entdecken Forscher dort ständig neue Pflanzen- und Tierspezies. Doch leider werden nirgendwo auf der Welt die restlichen Waldgebiete so schnell gerodet wie dort. Der Biosprit-Boom hat der Plantagenwirtschaft heftigen Auftrieb gegeben. Eines der Tiere, die dadurch für immer verloren gehen könnten, ist die kleinste aller fünf Nashornarten: das Sumatranashorn. Es existieren nur noch etwa 300 Exemplare dieser urweltlich aussehenden Tiere. In menschlicher Obhut sind sie äußerst heikle Pfleglinge. Versuche, sie zu züchten, blieben erfolglos. Nur im Zoo von Cincinnati wurden bisher zwei gesunde Jungtiere geboren. Doch dieser bescheidene Vermehrungserfolg wird das Verschwinden der haarigen, braunen Rhinozerosse nicht aufhalten können. Die Fläche der Ölpalmplantagen im malaysischen Teil Borneos wuchs schon vor dem Biodiesel-Boom jährlich um acht Prozent. Damals wurde das wertvolle Pflanzenöl lediglich zu Margarine, Waschmittel und Kosmetik verarbeitet. Die zusätzliche Nachfrage nach Treibstoff steigerte das Rodungstempo rapide. Malaysia und Indonesien planen eine jährliche Ausdehnung der Plantagen von bis zu zwölf Prozent. Bis zum Jahr 2020 will Malaysia auf über fünf Millionen Hektar Land Ölpalmen anbauen, Indonesien auf 16,5 Millionen Hektar. Die Zeit wird knapp für das Sumatranashorn. Wie absurd die vermeintliche Klimarettung durch Biotreibstoffe ist, zeigt die Klimabilanz des Ölpalmenanbaus. Um weitere Plantagenflächen zu gewinnen, werden die letzten Torfmoorwälder gerodet. Dabei entweichen gigantische Mengen Kohlendioxid in die Atmosphäre. Zirka vier Prozent der globalen Treibhausgase stammen aus der Vernichtung indonesischer Torfwälder. Indonesien ist dadurch hinter den USA und China der drittgrößte Treibhausgas-Verursacher der Welt. Dazu kommen die Emissionen durch Brandrodung. Immer wieder werden riesige Waldflächen abgefackelt. In manchen Jahren wurden dadurch mehr als eine Milliarde Tonnen CO2 freigesetzt. Michael Miersch ist Publizist, Buch- und Filmautor mit Schwerpunkt Politik und Wissenschaft. Er bloggt auf www.achgut.de (Foto: Picture Alliance)

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