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US-Notenbank erhöht Leitzins - Mama Yellen hat es getan

Die US-Notenbank Fed hat die lang erwartete Zinswende eingeleitet – und damit eine siebenjährige Phase des billigen Geldes beendet. Der Schritt ist richtig. Die Politik muss nun endlich verschleppte Reformen durchführen

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Til Knipper leitet das Cicero-Ressort Kapital. Vorher arbeitete er als Finanzredakteur beim Handelsblatt.

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Den schönsten Vergleich fand ein Kolumnist der Financial Times. Er verglich die Herausforderung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), die erste Leitzinserhöhung seit 2006 heil über die Bühne zu bekommen, mit dem Versuch, einem verwöhnten Kleinkind das iPad wegzunehmen, ohne dass es einen Nervenzusammenbruch erleidet.

Legt man die ersten Reaktionen der Finanzmärkte, also der verwöhnten Kinder, zugrunde, ist Fed-Chefin Janet Yellen, der wohlmeinenden Mutter, der erste Schritt auf dieser schwierigen Gratwanderung gelungen. Die Kurse an den Aktienmärkten blieben stabil oder legten sogar zu, nachdem die Nachricht am Mittwochabend bekannt wurde: Die US-Notenbank erhöhte ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 0,25 bis 0,5 Prozent.

Der Schritt ist richtig. Länger hätten Yellen und ihre Kollegen auch nicht mehr warten dürfen. Denn die US-Wirtschaft wächst stabil, die Arbeitslosigkeit ist auf 5 Prozent gesunken. Bei steigenden Löhnen und in absehbarer Zeit auch wieder höheren Energiepreisen kann sich die Inflation in den USA schnell beschleunigen und über das anvisierte Ziel von 2 Prozent hinausschießen.

Zinserhöhung war riskant, aber notwendig


Die Zinserhöhung war aber auch deswegen notwendig, weil die Fed sonst Gefahr gelaufen wäre, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren, hätte sie die Anhebung des Leitzinses noch einmal verschoben. Die Märkte und die Politik hatte sie bereits seit Monaten auf die Zinswende vorbereitet. Wäre diese jetzt ausgeblieben, hätte das zu großem Misstrauen bezüglich der konjunkturellen Erholung der US-Wirtschaft geführt.

Der Schritt ist aber auch riskant. Eine Zinserhöhung in den USA hat Auswirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft. Besonders betroffen sind aufstrebende Industrieländer wie Brasilien oder die Türkei. Dort haben sich sowohl der öffentliche Sektor als auch die Unternehmen in der Weltleitwährung US-Dollar verschuldet. Wenn der Dollarkurs infolge der Zinswende nun steigt und gegenüber der türkischen Lira oder dem brasilianischen Real entsprechend aufwertet, steigen deren Finanzierungskosten erheblich. Die Volkswirtschaften könnten dann wie Kartenhäuser in sich zusammenbrechen. Eine Kapitalflucht aus den Schwellenländern in Richtung USA könnte diese Entwicklung noch verstärken.

Es wäre aber ungerecht, Janet Yellen solche drohenden Konsequenzen vorzuwerfen. Ihre Entscheidung kommt erstens nicht unerwartet und zweitens ist der erste Erhöhungsschritt moderat ausgefallen. Das sollte allen Beteiligten die Möglichkeit geben, sich an die neue Situation anzupassen.

Weckruf für die Politik


Von einem normalen Zinsniveau sind wir immer noch weit entfernt. Das lag vor der Finanzkrise bei 3,5 Prozent. In Europa wird die EZB im Übrigen auch weiter an ihrer Nullzins-Politik festhalten, weil das Wachstum schwach ist und die Inflation extrem niedrig.

Wichtig wäre vor allem, dass die anderen Akteure der Wirtschaftspolitik – die Parlamente und die nationalen Regierungen – Yellens Schritt als Weckruf begreifen. Sie haben sich jahrelang auf die Notenbanken und deren Politik des billigen Geldes verlassen. Sie haben Arbeitsmarkt-, Steuer- und Strukturreformen schleifen lassen. Das muss sich jetzt ändern.

Mittelfristig sollten alle Beteiligten ein Interesse an einer Normalisierung des Zinsniveaus haben. Denn nur dann haben die Notenbanken bei der nächsten Krise überhaupt noch die Möglichkeit, steuernd einzugreifen.

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