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In der Nato ist Deutschland ein Land unter vielen / picture alliance

Der Brexit und wir - Keine Lust auf Verantwortung

Die Deutschen nehmen die Abkehr Großbritanniens von der EU immer noch viel zu sehr auf die leichte Schulter. In Wahrheit stehen wir vor Herausforderungen, auf die die Bundesrepublik nicht vorbereitet ist

Alexander Marguier

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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Mit der Einführung von Theresa May in das Amt der britischen Premierministerin nimmt der Brexit nun Gestalt an. Es mag ein historischer Irrweg sein, aber die Signale stehen auf „Leave“. Wenn es noch eine Chance gegeben hätte, den Austritt Großbritanniens aus der EU aufzuhalten, dann hat die Labour-Partei sie vertan: Nur die Forderung nach Neuwahlen, verbunden mit der klaren Aussage, im Falle eines Wahlsiegs den Artikel 50 des Lissabon-Vertrags nicht in Anspruch zu nehmen, hätte eine Legitimität des Rückzugs vom Rückzug herstellen können. Zu spät. So haben auch die britischen Sozialdemokraten der Renationalisierung Europas nichts entgegensetzen können oder wollen. Sollte Labour daran zerbrechen, dann wäre das inzwischen kein großer Verlust mehr. Es werden sich neue Allianzen finden.

Deutschland hat den Brexit abgehakt

Erstaunlich ist allerdings die deutsche Sicht auf den Brexit. Sie scheint nach dem anfänglichen Schreck nunmehr von einer fatalistischen Abwicklungsmentalität geprägt zu sein, verortbar irgendwo zwischen „Mir doch egal“, „Dann lasst sie eben gehen“, „Gut, dass sie bald weg sind“ und „Wird schon nicht so schlimm kommen“. Dabei ist es ziemlich sicher, dass die Bundesrepublik mit den deutlich größten Kollateralschäden der britischen Absetzbewegung klarkommen muss. Der Brexit stellt Deutschland nämlich vor (geo-)politische und ökonomische Herausforderungen, denen es in seiner derzeitigen Verfassung kaum gerecht werden kann.

Das beginnt mit dem Dilemma der Scheidungsmodalitäten. Für das Vereinigte Königreich ist die Bundesrepublik noch vor den USA der wichtigste Handelspartner, umgekehrt ist Großbritannien für Deutschland der drittwichtigste Exportmarkt. Wenn also der freie Warenaustausch eingeschränkt würde, um andere potentielle EU-Austrittskandidaten abzuschrecken, dann nur um den Preis hoher Wohlstandsverluste. Und zwar auf beiden Seiten. Vor dem Hintergrund des möglichen Scheiterns von TTIP und der sanktionsbedingten Einbußen im Russland-Geschäft wird die deutsche Industrie alles daransetzen, die Briten auch künftig so eng wie möglich an Europa zu binden. Von einem Signal gegen Auflösungstendenzen bliebe dann nicht mehr viel übrig. Aus deutscher Perspektive heißt das: Der Brexit darf politisch kein Erfolgsmodell werden, aber er darf wirtschaftlich auch keinen Schaden anrichten. Ein klassisches Dilemma.

Die großen Herausforderungen kommen erst noch

Zum zweiten muss die Bundesrepublik sich damit abfinden, dass durch den Abgang der Briten ihr Gewicht innerhalb der EU weiter zunimmt. Für ein Land, das sich traditionell schwer damit tut, internationale Verantwortung zu übernehmen, ist das eine enorme Herausforderung – zumal es der deutschen Öffentlichkeit schwerfällt, geopolitische Notwendigkeiten zu erkennen und sich ihnen zu stellen. Deutschlands unglückliches und unkoordiniertes Agieren in der Migrationskrise, einer der größten geopolitischen Herausforderungen unserer Zeit, ist nur ein Beispiel dafür. Es ist auch der Grund, warum insbesondere die osteuropäischen EU-Länder alles andere als begeistert sind ob einer deutschen (wenn auch ungewollten) Suprematie. Von den südlichen Mitgliedstaaten ganz zu schweigen. Der Gewinn an Einfluss wird den Deutschen das Leben also alles andere als einfacher machen. Die Kosten dafür fallen trotzdem an, denn die britischen Beiträge zum EU-Budget in Höhe von sieben Milliarden Euro jährlich dürften kaum von Griechenland, Spanien oder Italien kompensiert werden.

In der EU hat Deutschland eine neue Rolle

Eine weitere Konfliktlinie tut sich im absehbar neuen Verhältnis zu den Vereinigten Staaten auf. Bisher waren es im Wesentlichen die Briten, welche die amerikanischen Interessen in Brüssel vertreten haben. Die Russland-Sanktionen wären ohne den britischen Transmissionsriemen zwischen den USA und der EU so kaum zustande gekommen. Künftig wird aber Berlin und nicht mehr London der wichtigste Ansprechpartner für Washington innerhalb der EU sein. Und die Bundesregierung kann es sich schlicht nicht leisten, diese Rolle auszuschlagen. Damit wird es für die Bundesrepublik noch schwieriger als bisher, einen Ausgleich zwischen europäisch-russischen Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen einerseits sowie zwischen der amerikanischen Russland-Strategie andererseits herzustellen. Von einer Uneinigkeit der westlichen Staatenwelt würde freilich zuallererst Putin profitieren.

Auch das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich dürfte durch den Brexit nicht harmonischer werden. Denn ohne das wirtschaftsliberale Korrektiv der Briten rückt die EU allemal in Richtung einer interventionistischen Wirtschaftspolitik nach französischem Muster. Frankreichs Präsident Hollande wird sich diese Chance kaum entgehen lassen, allein schon um im eigenen linken Lager zu punkten. „Deutschland konnte sich gemeinsam mit Frankreich für die politische Integration der EU einsetzen, weil es für die Vertiefung des Binnenmarktes einen britischen Verbündeten hatte. Dass ein deutsch-französisches Tête-à-Tête nach dem Brexit einen Integrationssprung schafft, ist insofern unwahrscheinlich“, so Claire Demesmay von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

Großbritanniens Abkehr von der EU wird Deutschland noch lange und vor allem viel intensiver beschäftigen, als es heute den Anschein hat. Wir erleben eine Zeitenwende, auf die wir denkbar schlecht vorbereitet sind.

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Christa Wallau | Mi., 13. Juli 2016 - 15:51

Lieber Herr Marguier, viel schlechter als bisher
k a n n eine deutsche Regierung gar nicht mehr vorbereitet sein bzw. agieren.
Was die Kanzlerin sich voriges Jahr mit dem
Hereinwinken von über einer Million willkürlich zusammengewürfelter Menschen geleistet hat,
war ein "Meisterstück", das so rasch nicht zu toppen sein wird.
Was jetzt kommen wird, ist Merkels und Schäubles totales (bisher nur hinter vorgehaltener Hand vorgenommenes) Einschwenken auf die gemeinsame Schuldenhaftung in der EU. Die maroden italienischen Banken winken ja bereits, ebenso Spaniens und Portugals Staatskassen. Die wunderbare Geldvermehrung wird also so lange weitergehen, bis es knallt. Aber das wissen wir ja alles bereits.

Neu ist nur:
Der "dies irae" (Sie nennen es Zeitenwende) rückt durch den Brexit immer bedrohlicher
näher. Da haben Sie recht, Herr Marguier.

Barbara Kröger | Mi., 13. Juli 2016 - 16:04

Lieber Herr Marguier, Deutschland steht schon seit einiger Zeit vor großen Herausforderungen, die Berlin offensichtlich bisher nicht bemerkt, oder einfach nicht zur Kenntnis genommen hat. Vielleicht habe ich ja die großen Leistungen der Merkel Regierung nicht mitbekommen, aber ich kann da nichts entdecken.
Der Protest in Deutschland gegen diese Merkel-Politik ist nicht grundlos entstanden, mehrheitlich nicht populistisch, oder rechtsradikal. Wir „Protestanten“ sehen die vielen Probleme, die durch eine unbedachte Politik von Berlin und Brüssel aus angerichtet wurden und nach wie vor werden.
Einen Integrationssprung kann nur vornehmen, wer gemeinsam mit den europäischen Völkern springt und vor allem, wer genau weiß, wohin er springen kann.
Das nebulöse Merkesche Motto „Wir schaffen das“ (was ich schaffen will, sage ich aber nicht), wird zu einer Bruchlandung führen!

Heinz Meier | Mi., 13. Juli 2016 - 16:14

Leider Hau Herr Marguier die Zeichen der Zeit noch nicht wahrgenommen. Die Briten haben für den Brexit gestimmt und die britischen Eliten inzwischen den Widerstand dagegen aufgegeben. Sie werden schnell versuchen eine von Europa unabhängige Position aufzubauen. Das steht den anderen Mitgliedern der EU noch bevor. Europa ist gescheitert und was jetzt noch passiert ist Chemotherapie. Ein politisch geeintes Europa ist inzwischen undenkbar. Allenfalls wird sich freier Waren- und Kapitalverkehr retten lassen, der Euro nicht. Auch die Niederlassungsfreiheit ist erledigt. Die Schweiz lässt grüßen.

Arndt Reichstätter | Mi., 13. Juli 2016 - 16:15

Als staatsgläubiger Linker macht Herr Marguier hier die Sache komplizierter, als sie ist.

Die Engländer sind nicht unsere Handelspartner wegen der EU. Sondern sie sind unsere Handelspartner , weil sie produktiv sind und wir produktiv sind.

Es wäre an der Zeit, uns die eigene individuelle(!) Souveränität zurück zu holen, und die Technokraten dahin verbannen, wo sie hingehören: in die kommunistischen Geschichtsbücher. Die EU soll freien Handeln gewähren lassen, nicht planwirtschaftlich vorspielen.

Für die "sanktionsbedingten Einbußen im Russland-Geschäft" gäbe es sowieso eine friedensfördernde Lösung: Ende der Sanktionen. Wir treiben damit nur Russland in die Abhängigkeit des noch stärkeren Chinas und spalten und uns in die der USA.

Dass wir auf eine "Zeitenwende schlecht vorbereitet sind", ist reine Angstmache. Durch einen radikalen Bürokratieabbau wäre die deutsch-britische Freundschaft in kürzester Zeit wiederhergestellt. Bloß nicht verzweifeln!

Lieber Herr Reichstätter, haben S i e jemals erlebt, daß irgendein Staat oder eine Institution ihre Bürokratie abgebaut haben?
Einfach so, weil es vernünftig ist???
Meinen Sie, daß sich die unzähligen Nutznießer des Riesenapparates EU
(Ländervertreter, Technokraten, Bürokraten, Übersetzer, Lobbyisten usw...) den Ast absägen, auf dem sie sitzen?
Da glaube ich doch lieber an den Osterhasen.
Wenn schon, dann müssen die Selbstbedienungsläden in Brüssel und Straßburg erst mal völlig aufgelöst und dann - stark verkleinert - komplett neu eingerichtet werden. Ich hielte es für besser, der "Wasserkopf" mit all seinen Filialen würde ganz verschwinden...

Was den Handel mit Rußland anbetrifft, bin ich ganz Ihrer Meinung.

Schließlich musste die SOWJETUNION Insolvenz anmelden,
woraufhin zum Beispiel die Unterklasse in Polen nach
10 Jahren so viel verdiente, wie zuvor die Mittelklasse.

Liegt wohl daran, dass wir beide Lehrerinnen waren, dass ich Ihren Kommentaren nichts hinzuzufügen habe.
Brüssel ist ein Kind mit Wasserkopf, wo alle, die anderswo nicht mehr gebraucht werden, eine feine Parnose einstreichen , für Nichts und wieder Nichts, und wir bezahlens. Dass die Briten die Nase davon voll haben ist verständlich. Käme nur ein vernünftiger Mensch, der mit der Hand auf den Tisch haut, die idiotischen, von den USA diktierten Sanktionen gegen Russland aufhebt, die Überheblichkeit von Merkel beschneidet, und in Europa wieder Gleichheit unter Gleichen schafft.....
Träumen darf man ja wohl. Gruss RF

Liebe Frau Wallau, liebe Frau Falk,
nehmen Sie mich als Mann auf als Dritten im Bunde, der sich beim Lesen Ihrer Zeilen genau den oder die gewünscht, der oder die "mit der Faust auf den Tisch haut" - in Berlin und Brüssel! Europäische Politik kann nur MIT Russland erfolgreich sein. Und mit den anderen Europaländern, die nicht nur abnicken sollen, was Frau M. will. Im Wort Gemeinschaft steckt gemeinsam schaffen! Dazu aber gehört "Mannschaftsgeist" und nicht "Wir schaffen das" von oben herab.
Hoffentlich zeigt die Frau M. in London der Frau M. in Berlin, was "für sein Land arbeiten" heißt!

Vincent Laymann | Mi., 13. Juli 2016 - 16:41

Der Philosoph und Ökonom Hans-Hermann Hoppe, in der USA lebte und lehrte, weil in Deutschland seit Bismarck ein freiheitsfeindlicher Wind weht, sagt heute:
"Die deutsche Elite, deren Schuldkomplex sich mittlerweile zu einer Art geistiger Krankheit entwickelt hat, sticht unter den europäischen Eliten tatsächlich gegenüber der USA als besonders feige, unterwürfig und kriecherisch heraus."
Das, was ich so an Leserkommentaren (quer durch alle ideologischen Publikationen) lese, lässt mich denken, dass es weniger das Volk ist, was auf diese nicht wahrgenommene Verantwortung besteht, sondern die Elite.
Es ist vorbildlich, wie viel wir Deutschen uns um die Bedürfnisse von Nichtdeutschen kümmern. Es wäre nur schön, die von uns gewählten Politiker würden nur endlich einmal anfangen, ihre Arbeit zu machen.
Fragt sich, ob wir dafür die richtigen gewählt haben. Ich befürchte nicht.

Jürgen Lehmann | Mi., 13. Juli 2016 - 18:23

Ich habe den Brexit auch abgehakt, da er demokratisch entstanden ist und nicht durch falsche Beeinflussung der Brexit-Befürworter (in der Betrachtung der Presse teilweise sehr einseitig dargestellt).
Wir werden ihn wirtschaftlich ziemlich schnell überstehen.
Voraussetzung ist jedoch, dass keine so extremen Fehler mehr passieren wie z.B. bei der Merkelschen Flüchtlingspolitik.

Die EU – und wir - sollten auch überdenken ob die Unterstützung der osteuropäischen EU-Länder weiterhin in der vorhandenen Höhe erfolgen soll. Diese Staaten werden noch Jahrzehnte lang Milliarden „Zuschüsse“ erhalten ohne je einen positiven Gegenwert zu leisten.
Die USA sollten in der Zukunft nicht mehr so hoch bewertet werden. Es gibt auch noch andere Wege die Wirtschaftleistung zu erhalten als der extrem weite Export dorthin.
Die von den USA ausgelösten Katastrophen, durch falsche Kriegsführung und damit (ungewollte) Unterstützung von Extremisten wird uns noch mehr Kosten verursachen als der Brexit.

Peter Bigalk | Mi., 13. Juli 2016 - 19:42

Die politische Elite hat nichts begriffen und versucht, die längst fällige Analyse zu unterlassen, die da wäre: Die Briten haben nicht Europa abgewählt, sondern die EU mit den Regeln unkontrollierter Arbeits- und Sozialleistungsmigration bei völlig unterschiedlichen Ausgangspositionen und einer EU, die Sich um Flüchtlinge, Gurkenkrümmung und Abschaffung der Glühbirne mehr kümmert als um die innere Konsolidierung, Mittel- und Unterschicht.

Reiner Kraa | Mi., 13. Juli 2016 - 20:13

Herr Marguier hat nicht begriffen, dass die EU in ihrer gegenwärtigen Verfassung längst abgewirtschaftet hat. Sie wird auch nicht von Deutschland dominiert, sondern von denen, die von ihr etwas haben wollen, wa sie sonst nicht bekommen würden. Nicht umsonst wird der Ruf nach einem EU-Finanzministerium wieder lauter. Es ist der Traum vieler unfähiger Politiker, ihre Finger in die sprudelnden deutschen Steuertöpfe zu kriegen. Das wäre doch, zusätzlich zu den Draghi-Milliarden, eine weitere Erleichterung für sie. Aber das, was in ihren Ländern nötig ist, würde noch weiter in eine ungewisse Zukunft rücken. Der Brexit ist ein Ausdruck des Scheiterns der EU. Er wird ein Erfolgsmodell. Wirtschaftlich ohnehin, weil niemand auf die Geschäfte mit GB verzichten wird. Und wieso auch? Nur weil die Merkels und Junkers das abschreckende Beispiel gern hätten? Er zeigt aber auch die unverbrauchte Kraft europäischer Völker, sich gegen Diktatoren zur Wehr zu setzen.

Renate Aldag | Mi., 13. Juli 2016 - 22:08

Ich denke, der Brexit war erst der Anfang vom Ende der EU und vorallem des Euros. Das Experiment der Gemeinschaft und der Einheitswährung ist gescheitert und muss nun allmählich rückabgewickelt werden. Das wird die Herausforderung in den nächsten Jahren werden. Von den immensen Schulden werden sich die Staaten mit einer Hyperinflation entledigen und wir kehren hoffentlich zu unserer D-Mark zurück.

Marc Billings | Mi., 13. Juli 2016 - 23:27

„Renationalisierung“ [sic], als negativ besetzter Begriff, wird immer dann aus der Feder der schreibenden EU-Jüngerschaft abgefeuert, wenn Nationalchauvinismus und Nationalismus gemeint ist. Damit kommt eines immer ganz klar zum Ausdruck: Wir, die EU, sind die überlegene Gruppe! Alle anderen befinden sich auf einem „historischen Irrweg“.

Chauvinismus, expressis verbis, ist der Glaube an die Überlegenheit der eigenen Gruppe!
Mithin:

Der CHAUVINIST,
der doch allzu oft,
und gerne auch,
vergisst,
dass er selber einer ist.

Frank Jankalert | Mi., 13. Juli 2016 - 23:29

Schon vergesssen, was den Briten den letzten, entscheidenden Stubs zum Austritt gegeben hat? Es war die bekloppt-naive Politik von Merkel und ihren deutschen Hippie-Freunden.
Herr Marguier beschreibt realpolitische Aufgabenstellungen, aber Berlin klammert sich doch nur an Utopien. Alleine die starke deutsche Wirtschaft deckt diese Traumwandlerei (teilweise auf Kosten unserer Nachbarn). Was passiert nun mit Europa, wenn die deutsche Wirtschaft schwächelt? Das ist die Frage die Hippies niemals beantworten werden.

Tobias Walther | Do., 14. Juli 2016 - 08:20

Wenn es denn so wäre, kann man dies vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte doch gut nachvollziehen. Die Generation der Großeltern haben noch die Diktatur des Naziregimes miterlebt, die Besatzungszeit und der überwiegende Teil der Menschen in der DDR noch das Unrechtsregime der SED.
Sowas sensibilisiert. Wer will sich denn jetzt noch den Alltag dadurch trüben lassen, dass man sich über das aktuelle Regime in Berlin mit seinen Auswüchsen in den Landeshauptstädten bzw. dessen bürgerfeindlicher Politik aufregt? Über die Entscheidung der Briten ist man im Volk doch eigentlich eher bewundernd stolz. Denn dort hat man es gewagt, sich seiner demokratischen Verantwortung für die eigene Bevölkerung bewußt zu werden und sich gegen Brüssel mit seinen Kommissaren, solchen Persönchen wie Junker oder Schmidt entschieden und sich gegen eine schrankenlose Zuwanderung mit Plünderung der Sozialsysteme. Soll Europa doch weiter herumeiern. Hier in Europa hat die Politik doch nichts begriffen.

Hermann J Stirken | Do., 14. Juli 2016 - 08:36

Verantwortung kann für einen Staat nur von charismatischen Persönlichkeiten wahrgenommen werden. Erfüllt die Kanzlerin diese Anforderung angesichts der Kette ihrer Entscheidungen, etwa der Griechenlandfrage, Atomausstieg, Grenzöffnung ?
Schon vor ihrer Amtszeit hat sie anlässlich eines Buschbesuchs hinsichtlich der Frage, ob Deutschland sich am Irakkrieg beteiligen soll oder nicht gezeigt, welche Gedankenwelt sie bewegt. Deutschland ist wahrscheinlich einiges erspart geblieben, weil sie kein Entscheidungsträger war.
Eine gute Entwicklung Europas ist bei derartigen Erfahrungen eher fraglich.

Ruth Falk | Sa., 16. Juli 2016 - 23:32

Antwort auf von Hermann J Stirken

Herr Stirken, bitte mir mitzuteilen, wo Merkel Entscheidungen getroffen hat. M.M. hat sie bis Dato nur REagiert, nicht agiert. Danke.

Hermann J Stirken | Fr., 3. März 2017 - 23:23

Antwort auf von Ruth Falk

Werte Frau Falk,

die Überspitzung Ihrer Aussage lasse ich, konsensual, unwidersprochen.
MfG

Herbert Trundelberg | Do., 14. Juli 2016 - 09:48

eine Analyse über die nächsten Exit Länder. Finnland geht es schlecht. Portugal und Spanien sind Pleite genau so wie Griechenland Italien und Frankreich. Die Polen, Tschechen, Slowaken, Ungarn, Slowenen machen Muttis Schwachsinn nicht mit. Die Balten wollen nur die NATO haben bei 40% Russischer Bevölkerung die aber nicht wählen darf. Das ist in der EU gestattet, denn so etwas nennt die EU Demokratie. Es könnte ja ein nicht genehmes Ergebnis heraus kommen. Der Brexit wird wohl der Anfang vom Ende sein und das ist so etwas von GUT. Danke liebe Briten.

Georg Dallmann | Do., 14. Juli 2016 - 11:14

Herr Marguier hat - natürlich - recht. Allerdings werden die Folgen noch weitaus schlimmer sein, als in diesem Artikel dargestellt.
Größenwahn, hochmütige Ignoranz und Dilletantismus, die hervorstechenden "Attribute"
dieser "Bundesregierung", wenn man das Wort Regierung diesbezüglich überhaupt verwenden darf, tragen langsam aber sicher "Früchte".
Man kann über die Briten denken was man will, sicher aber ist: Der Brexit ist massgeblich dadurch (mit)verursacht worden, dass Merkel in ihrer despotischen Art, verfassungswidrig (weil ohne Zustimmung des Parlaments) und unter Missachtung geltender Gesetze (!) und ohne jede Konsultation/Abstimmung mit den anderen EU-Ländern, für einen Migrations-Tsunami und damit einhergehend totalen KontrollVERLUST gesorgt hat. Die Briten wollten und konnten sich das nicht bieten lassen. Recht haben sie!
Die nächste Katastrophe steht vor der Tür: Rettung der italienischen Banken und damit Italiens. Wer ist der Retter?Der Steuerzahler! Gute Nacht Europa.

Ich getraue mich, meine Unwissenheit mit einer Frage zu offenbaren; vielleicht können Sie oder jemand anderes sie mir beantworten: Weshalb MÜSSEN Banken "gerettet" werden? Diese mir nichtssagende Antwort von der Systemrelevanz genügt mir nicht, ich sehe eher andere Gründe. Zudem erkennt man immer wieder, dass die Banken munter weiter zocken, haben sie doch einen Freifahrtschein erhalten. Nicht nur, dass ich mit normaler Logik fast nichts mehr begreife, was in diesem Land geschieht, aber wie kann es sein, dass so dermaßen "regiert" wird und Frau Merkel über Jahre hochgejubelt (für was?? Das Gegenteil hätte sein müssen), dass man sich nur noch wie im Tollhaus fühlt. Auch meine Hoffnung geht dahin, dass der Brexit der Anfang für eine bessere Zukunft ist. Und dass die Migranten demnächst wieder in ihre Heimat zurückkehren.. auch ich ergebe mich einem Wunschtaum.

Es ist mir immer wieder ein Seelenbalsam, hier die Kommentare zu lesen.

Ursula Schneider | Do., 14. Juli 2016 - 11:19

Nein, Herr Marguier, der Brexit sollte unbedingt politisch ein Erfolgsmodell werden! Wir schlittern nämlich langsam in ein zentralistisches, dirigistisches Wirtschaftsmodell, das mit freiem Wettbewerb, Eigentumsschutz und Geldwertstabilität nicht mehr viel zu tun hat und irgendwann in Sozialismus, Planwirtschaft und Schuldensumpf enden wird.

Wir brauchen keine weitere Vergemeinschaftung, sondern das, was ursprünglich Europas Wohlstand ausmachte. Das bedeutet u.a.:
- Zurück zur Vertragstreue (Maastricht, No-bail-out usw.)
- Keine weitere Vertiefung ohne demokratische Legitimation und ausreichende Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten
- Kompetenzverlagerungen nach Brüssel nur in wichtigen Fragen (etwa Außenpolitik u. Sicherheit),
konsequente Subsidiarität
- Regelungen von Staatsinsolvenz u. Austrittsmöglichkeiten aus dem Euro.

So könnte der Brexit (s. Modell Schweiz oder Norwegen) Anstoß für ein bürgerfreundliches, freiheitliches Europa werden ...

Jacqueline Gafner | Do., 14. Juli 2016 - 12:08

die es angeblich nicht will, erhält ein weiteres Kapitel. Warum nur sind Deutsche scheinbar ausserstande, den Umstand, dass ihr Land von der Zahl seiner Bewohner/innen wie der Stärke seiner Wirtschaft her die Nummer 1 in der EU ist (und auch bleiben dürfte), einfach als nüchterne Tatsache zu sehen, die als solche erst einmal zu gar nichts berechtigt oder verpflichtet, sondern schlicht ein Faktum ist? Wer sagt denn, dass in einer Klasse mit ganz unterschiedlichen Schülern stets der grösstgewachsenste und stärkste die Führung übernehmen und automatisch als Klassensprecher auftreten muss? Man kann sich doch, zumindest als Denkmodell, auch situativ differenziertere Rollenteilungen vorstellen, oder nicht? Auch kürzer gewachsene Schüler, die weniger Power auf den Boden bringen, haben Qualitäten, die für das Fortkommen der Klasse ebenso wichtig sein können. Entweder beansprucht Deutschland den Primat für sich, dann aber bitte mit allen Konsequenzen, oder lässt es. Sowohl-als-auch geht nicht.

*
Es ist im Grunde ganz einfach.

Gier, Egoismus und Nationalismus stehen "United Europe" im Weg.

Kleiner Denkanstoss:

Kalifornien ist der stärkste Bundesstaat der USA und sogar die 8 stärkste Wirtschaft der Welt.
Und die Kalifornier zahlen bei weitem das meiste Geld nach Washington.
Sie haben dennoch nicht einmal ein höheres Stimmrecht dort.
Es gibt keine "Sonderrolle"... Fertig aus!
Aber habe ich noch niemals einen Kalifornier meckern gehört, sie seien der "Zahlmeister der USA."

Und genau da liegt der Unterschied zwischen Amerika und Europa.

Es ist nicht das "System"....es ist die geistige Unfähigkeit der Menschen Europas etwas "Grösser" zu denken anstatt "NATIONAL"

Was wirklich fehlt? The "European Spirit"...

Schmerzlichst...

Jürgen Lehmann | Sa., 16. Juli 2016 - 09:20

Antwort auf von Jay Smith

Herr Smith,
da muss ich leider widersprechen. Kalifornien wurde von einem (europäischen) Gouverneur in den Bankrott getrieben und dann durch die US-Gelddruckmaschine gerettet – wie übrigens auch ein Teil der Industrie.
So einfach sollte es sich die EU nicht machen.
Die USA sind auf keinen Fall ein Vorbild für Europa.

josef garnweitner | Do., 14. Juli 2016 - 16:01

Wir Europäer waren, sind und bleiben Idioten. So wie die Bewohner anderer Länder auch. Wir lassen uns von den USA dazu verdonnern gegen Rußland Sanktionen zu verhängen und die selben USA haben im letzten Jahr den Handel mit Rußland um 9 % gesteigert.

Hat denn wirklich noch niemand gemerkt, daß die USA bestimmen wo es lang geht und unsere Politiker dies mit Freuden ausführen. Speichellecker des amerikanischen Kapitals.

Und der Wähler döst weiter vor sich hin.

Ja Herr Garnweitner so ist es!
Der amerikanische Präsident versucht selbst bei Fragen der Griechenlandrettung oder des Brexits Einfluss auf die europäischen Entscheidungsprozesse zu nehmen. Frau Merkel entspricht diesen Wünschen offenbar und weist derartige Einmischung nicht zurück. In der Ukraine Frage nimmt der ehemalige Außenminister Westerwelle an Demonstrationen teil. Aber warum war unser Interesse an einem EU-Abkommen mit der Ukraine so groß? Hat es etwas damit zu tun, daß die Schwarzböden der Ukraine Begehrlichkeiten bei amerikanischen Lebensmittelkonzernen geweckt haben? Ein Schelm, der etwas Böses denkt. Solange Europa keinen eigenständigen gemeinsamen Kurs zwischen den Interessen der Großmächte Russland und USA findet, wird es außenpolitisch keine europäische Identität geben. Gerade diesen Schulterschluß der Euro Staaten brauchen wir aber, um zusammen zu wachsen und uns nicht in Einzelinteressen zu verlieren. Druck von außen kann einen, wenn man erkennt.

Walter Wust | Do., 14. Juli 2016 - 16:17

Liebe Frau Schneider, Ihrer Liste stimme ich größtenteils zu, allerdings ein ganz wichtiges Kriterium möchte ich korrigieren: Kompetenzverlagerung nach Brüssel und das auch noch in wichtigen Fragen, ist absolut ein no-go. Mag Brüssel über Kartoffel-Karat oder Gurken-Sinus sich die Köpfe zerbrechen, aber über unsere Zukunft, unsere Sicherheit und unsere Finanzen, das sollen doch bitte jene Leute machen, die sich damit auskennen und die unser Vertrauen haben. Brüssel in all seinen Dysfunktionen ist zu einer Zeit entstanden, als man seine noch unreifen Politiker in einer Klausur eine zweite Chance geben wollte. Macht und Einfluss waren nicht vorgesehen und bei dieser Qualität, die uns diese "Polit-Elite" bietet, ist das auch sehr gut.

Ernst Laub | Do., 14. Juli 2016 - 18:12

Es fehlte bei deren Geburt die gute Fee, die ihr die Gaben Demokratie, Föderalismus, Freiheit für die Bürger und Friedenspolitik überreicht hätte. Stattdessen kamen die bösen Hexen und vermachten ihr in überreichem Masse Bürokratie, Lobbyismus, Globalisierung, tölpelhafte Führungskräfte, schlechte Gesellschaft (Bandenkriminalität: NATO) und was für das holde Kind sonst noch alles schädlich war und stets noch ist. Und so verteidigt die EU, das arme Kind, die Freiheit der Oligarchen in der Ukraine, diejenige der Kriegstreiber am Hindukusch und diejenige der Globalisierer beim Konsumverhalten der einfachen Leute.

Caroline Schwarz | Fr., 15. Juli 2016 - 22:08

sind meine Gefühle sehr ambivalent, einerseits ist es beruhigend, dass so viele genau so denken wie ich, andererseits fange ich an, mich vor der nahen Zukunft zu fürchten. Und ich hoffe sehr, dass ich den großen Zusammenbruch Europas (der sicher kommen wird) nicht mehr erleben muss, was mit meinen 76 Jahren machbar sein müßte.

Frau Wallau und Frau Falk: ich war auch Lehrerin und danke sehr für Ihre Kommentare.