Deutschlandkarte mit den Hauptwirkungsorten der Intellektuellen
Berlin ist der mit Abstand wichtigste Wirkungsort des öffentlichen Geistes / Illustration: Henrik Abrahams

Cicero-Rangliste 2017 - „Dagegenhalten ist alles“

Wir leben in einer Zeit, in der so erregt debattiert wird wie selten zuvor. Doch der vermeintliche Diskurs verkommt immer öfter zur Echokammer, das Forum zum Tribunal. Die Cicero-Rangliste der 500 wichtigsten Intellektuellen im deutschprachigen Raum zeigt die echten Vordenker unserer Gesellschaft

Alexander Kissler

Autoreninfo

Alexander Kissler ist Redakteur im Berliner Büro der NZZ. Zuvor war er Ressortleiter Salon beim Magazin Cicero. Er verfasste zahlreiche Sachbücher, u.a. „Dummgeglotzt. Wie das Fernsehen uns verblödet“, „Keine Toleranz den Intoleranten. Warum der Westen seine Werte verteidigen muss“ und „Widerworte. Warum mit Phrasen Schluss sein muss“.

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Vor hundert Jahren erkannte der Schriftsteller Rudolf Borchardt in einem seither oft zitierten Bonmot: „Wir hatten und wir haben keinen öffentlichen, sondern einen geheimen Geist, keine öffentliche Meinung, sondern geheime und getuschelte Meinungen.“ Was Diagnose war zum Stand der Publizistik in kriegsmüder Zeit, schien bald von der Wucht der Medienrevolution überholt. Denn natürlich sah er selbst, Borchardt, sich als Repräsentant des von ihm zur Fahndung ausgeschriebenen öffentlichen Geistes, und natürlich wurde wenig später, in der Weimarer Republik, so erregt debattiert wie selten zuvor. Und heute? Hatten wir je mehr öffentliche Meinung verfügbar? Online, offline, analog, digital? Leben wir nicht in einer Ära des Geheimnislosen? Haben wir aber darum einen öffentlichen Geist?

Das Eigengewicht der Gedanken

Die Frage zu bejahen, fällt schwer. Der Status der Öffentlichkeit ist prekär geworden. In Milieus zerfällt, was Republik war. Aus dem Forum wurde ein Tribunal, aus dem Diskurs eine Echokammer. Vor diesem Hintergrund tut es gut, sich des fragilen Wechselverhältnisses von Geist und Öffentlichkeit neu zu versichern. Nichts anderes hat sich die Cicero-Rangliste der 500 wichtigsten deutschsprachigen Intellektuellen seit ihrer Premiere 2006 vorgenommen. Sie will nicht Wasser in Netzen forttragen, nicht wiegen, was nicht zu fassen ist: das Eigengewicht der Gedanken. Wohl aber identifiziert sie jene 500 Öffentlichkeitsarbeiter, deren Produktivvermögen in den vergangenen zehn Jahren am stärksten angewachsen ist oder sich behauptet hat. Das Vermögen, gehört zu werden. Intellektuelle sind Menschen, die vor Publikum vernehmbar denken.

Die Cicero-Rangliste 2017, die fünfte ihrer Art, erfasst ein Jahrzehnt der Bücher, Reden, Stellungnahmen und fand nach dem Tod des Günter Grass eine neue Nummer eins – jenen Schriftsteller, der einmal den Satz aufschrieb: „Man kann sich darauf verlassen, dass das, was ich sage, um so weniger meine Meinung ist, je heftiger ich es sage.“ So stand es 1985 in „Meßmers Gedanken“. 2017 in „Statt etwas oder Der letzte Rank“, einem literarischen Musikstück aus Wortklängen und Denksplittern, werden wir lesen: „Wir sind eine Tugendrepublik. Was gut ist und was böse, sagt jetzt laut der Soziologe.“ Ja, Martin Walser, Poet und Luftgeist vom Bodensee, demnächst 90-jährig, ist der wichtigste Intellektuelle des deutschen Sprachraums. Peter Sloterdijk folgt ihm auf den Fuß.

Die Top 5 wären eine interessante Gesprächsrunde

Sie beide eint Produktivität, Neugier auf das Neue, lebenslang, und der Mut, sich und uns zu überraschen. Sloterdijk, lehrend und lebend in Karlsruhe, tat es zuletzt mit seinem erotisch-philosophischen Roman „Das Schelling-Projekt“, demzufolge der Teufel „der Konservator der Zustände“ sei, das Glück hingegen „nichts anderes als die Lizenz zum unbefristeten Aufenthalt im störungsfreien Unwissen“. Auch zur Migrationsdebatte trug er mit seiner Warnung vor einer „Überrollung“ Markantes bei.

Der Dritte im Bunde, Peter Handke, stammt aus Österreich und vollendet die Trias des Südens an der Spitze. „Nie bis jetzt war die Menschenscheu von ihm abgefallen“, heißt es vom Protagonisten in Handkes „Versuch über den Pilznarren“ (2013), und ein wenig gilt dies für den Autor selbst. Auch in der Stille lassen sich Gedankenfeuerwerke zünden, Literatur ist und bleibt „ein strukturiertes Feld von Wissen“ (Roland Barthes). Welch unwahrscheinliches Gespräch ergäbe sich wohl, nähme man die Nummern vier und fünf und damit Ökonomen hinzu, Hans-Werner Sinn und Thilo Sarrazin, den höchsten Neueinsteiger übrigens, seit es die Cicero-Rangliste gibt? Fänden sie eine Sprache oder blieben sie in ihrer Diktion verkapselt?

Alice Schwarzer die höchstplatzierte Frau

Der Sechstplatzierte, Jürgen Habermas, könnte ihnen mit seiner Theorie des kommunikativen Handelns nötigenfalls beispringen, und Nummer sieben, Alice Schwarzer, wüsste verkeilte männliche Selbstbezüglichkeit aufzusprengen, gewiss doch. Die Altmeisterin des Feminismus ist die höchstplatzierte Frau auf der Cicero-Rangliste, unmittelbar gefolgt von Elfriede Jelinek. Stefan Aust und Hans-Magnus Enzensberger komplettieren die Top Ten.

Zustande kamen diese wie auch das restliche Tableau bis hin zum Philosophen Markus Gabriel auf Rang 500 durch ein mehrstufiges, von dem Ökonomen und Politikwissenschaftler Max A. Höfer entwickeltes Verfahren. Die Erhebung basiert auf der Präsenz in den 160 wichtigsten deutschsprachigen Zeitungen und Zeitschriften. Außerdem werden Zitationen im Internet ermittelt und Treffer in der wissenschaftlichen Literaturrecherche Google Scholar gezählt. Schließlich reflektieren Querverweise im biografischen Munzinger-Archiv die Bedeutung der Intellektuellen im Networking. Politiker wurden nicht berücksichtigt.

Disziplin und Zukunftsforschung sind out

So entsteht eine Spielwiese des Geistes, die auch dies lehrt: Das Glück des Distinkten ist dezent. Dass etwa der Schriftsteller Maxim Biller seit 2013 den größten Sprung nach vorne gemacht hat, um 337 Plätze auf Rang 77, könnte seiner Mitwirkung an der Fernsehsendung „Das literarische Quartett“ geschuldet sein oder aber seiner Hinwendung zum Roman mit „Biografie“. Am meisten Plätze eingebüßt hat der „Zeit“-Journalist Jörg Lau, der um 223 Positionen nach hinten rutschte. Auf Platz 480 ist er akut abstiegsgefährdet. Der Wirtschaftswissenschaftlerin Beatrice Weder di Mauro und dem Disziplin-Lobredner Bernhard Bueb ist dieses Schicksal bereits widerfahren. Sie fielen ebenso aus der Liste wie der Futurologe Horst W. Opaschowski, worüber man ins Grübeln kommen könnte: Hat die Zukunft keine Zukunft mehr? Erschöpfen wir uns im Präsentischen? Antwort weiß vielleicht der nach Sarrazin zweithöchste Neueinsteiger, Reinhold Messner auf Platz 21. Er denkt in Formationen.

Berlin ist die geistvollste Stadt

Für das gebeutelte Berlin hält die Cicero-Rangliste ein dickes Trostpflaster bereit. Die Hauptstadt ist der mit Abstand wichtigste Wirkungsort des öffentlichen Geistes. Satte 174 Intellektuelle gehen dort ihrer Gedankenarbeit nach. Mit weitem Abstand folgen auf den Plätzen München, Frankfurt am Main, Hamburg, Wien und Zürich. Das größte Bundesland, Nordrhein-Westfalen, kann nur unterdurchschnittlich mit der Sinnressource glänzen. Ob sich daraus ein Thema für den Landtagswahlkampf 2017 schmieden lässt?

So liefert denn die neue Cicero-Rangliste neben dem Zeit- auch ein Regionenbild und neben der Statistik eine Utopie: Wäre es nicht schön, all die Filterblasen und Echokammern platzten auf und zum Vorschein käme das große gemeinsame Gespräch, Wahrheit suchend und eine Sprache findend? „Dagegenhalten ist alles“, heißt es bei Martin Walser.

 

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Christa Wallau | Mi., 21. Dezember 2016 - 18:11

Das wär's doch, lieber Herr Kissler!
Jedenfalls wäre es der A n f a n g eines offenen Diskurses f r e i e r Denker, dem viele weitere mit anderen Intellektuellen aus der 500er-Liste folgen müßten. Wie wäre es mit Ihnen als Moderator? Könnten Sie nicht "Kisslers Konter" als neue Gesprächsrunde ins Fernsehen bringen - statt
Maischberger oder Illner?

Außerdem vermisse ich in unseren Medien wesentlich direktere, argumentative Auseinandersetzungen mit und zwischen den Bürgern.
Der WDR hat mit Bettina Böttinger immerhin
einen ersten richtigen Schritt in diese Richtung unternommen. Allerdings weiß ich nicht, nach welchen Kriterien die Leute dort ausgesucht werden.

Larissa Tscherkow | Mi., 21. Dezember 2016 - 19:25

Als die Grünen nach Fukishma sagten, dass sie schon immer vor den Gefahren der Kernenergie warnten, warf ihnen niemand vor diese Tragödie zu instrumentalisieren!

Macht nun Seehofer heute dasselbe, dass die Grünen damals gemacht haben, fordert Konsequenzen, schreien alle unsere Medien: Er instrumentalisiert die Tragödie.

Wenn Linke nach Anschlägen auf Asylheimen der AfD oder sogar der CSU die Mitschuld geben, dann sind unsere Medien auch nicht empört. Es ist Ok zu schreiben: "die AfD/CSU sind die Täter "

Wenn nun aber Pretzell twittert "Es sind Merkels Tote" dann ist die Empörung groß und sogar die Polizei ermittelt. Dabei tut er auch nur dasselbe, dass die Linken andersherum auch tun.

Freie Meinungsäußerung oder gar Medienvielfalt gibt es in Deutschland nur noch begrenzt!

Das Recht auf freie Rede ist in Gefahr! Und bedrohen, tun es im Moment weniger die Rechtspopulisten der AfD, von denen ich absolut nicht als halte, sondern vor allem Linke/Grüne.

Danke für Ihre Klarstellung, Frau Tscherkow.
Der Hinweis darauf, daß bei uns fast ü b e r a l l ,
in Politik, Medien und wo auch immer,
mit ungleichen moralischen Maßstäben gemessen wird,
kann nicht oft genug erfolgen!

Die Ungerechtigkeit (Schieflage) in der Argumentation
spüren zunehmend mehr Bürger und reagieren
entsprechend unzufrieden.
Die einseitige Bevorzugung linker Positionen bzw. die
auffällig unterschiedliche Beurteilung gleicher Tatbestände,
je nachdem aus welcher "Ecke" sie kommen,
ist allerdings in Deutschland schon so lange und derart
dominant verbreitet, daß sie den meisten Leuten immer
noch nicht auffällt. Sie halten sie inzwischen für etwas ganz
"Normales". Zu unser aller Schaden. Leider!

Der Deutsche ist im Allgemeinen Opportunist. Die in den letzten Jahren praktizierte Politik beruhte darauf,gerne vor Wahlen,durch neue Schulden subventionierte Geschenke,Wähler ,insbesondere Rentner und Transfergeldempfänger, zur richtigen Wahlentscheidung zu bewegen.Was ist uns wichtiger?
Freiheit und demokratische Selbstbestimmung,besonders im Sinne unserer erkämpften Aufklärung, oder die satte Saturiertheit,die die schrittweise Abschaffung der Demokratie und Meinungsfreiheit ,billigend und achselzuckend, in Kauf nimmt. Wohlstand kann sich auch als gefährliches Narkotikum erweisen,das den Willen zur aktiven Mitgestaltung der Gesellschaft lähmt und gefählichen, ideologischen und,- oder relegiösen Strömungen ,das Feld überlässt.
Nebenbei: Die Zwangs-GEZ hat nicht nachweisbar, zu einem objektiven,neutralen Journalismus beigetragen!-Das Gegenteil scheint der Fall zu sein.

und Wahrheit suche ich schon länger woanders. Da meine Englischkenntnisse ziemlich gut sind, habe ich seit 30 Jahren Time magazin abonniert und seit einigen Jahren bekomme ich newsletter nicht nur von Cicero, sondern auch von der BBC und Washington Post. Gelegentich lese ich auch on line im Guardian. Sie glauben nicht, wie sich da die Sicht auf die Dinge ändert, erweitert. Nur zu empfehlen!
So hat mich weder der Brexit überrascht noch die Wahl Trumps.

Liebe Frau Tscherkow,

ich stimme Ihnen zu. Die Diskussionen sind unerträglich geworden mit Beginn der Flüchtlingskrise. Manchmal habe ich das Gefühl, dass es täglich schlimmer wird. Es gibt Tage, an denen ich mich frage, wann die Ciceroredaktion geschlossen und die dort arbeitenden Journalisten mit Berufsverbot belegt werden. Allein, dass ich solche Gedanken in mir trage, ist erschreckend. Der Ton dieser moralisierenden Wutbürger wird täglich schärfer. Scheinbar sind diese Menschen so orientierungs-und hilflos, dass sie nun blindlings verbal um sich schlagen. Beruhigend ist das nicht.

Viele Grüße, Michaela Diederichs

ausser für lohnabhängige Beschäftigte ab 45/50 Jahre, wenn sie arbeitslos werden. Unter den Journalisten gibt es sehr viele Hungerleider und prekär Beschäftigte; diese hangeln sich von Auftrag zu Auftrag und müssen der Linie folgen, die der Auftraggeber diktiert. Pressefreiheit ist hierzulande demgemäss als relative Grösse zu betrachten. Es gibt gewisse Dinge, die darf (!) man nicht äussern, obwohl sie nicht diffamierender Natur sind.

dass ich ihnen Recht geben kann.
Dennoch unterschätze ich nicht die wie ich sagen würde Gefahren der AfD, deren Ziele evtl. nicht die Aufhebung der freien Meinungsäußerung sind, aber von meiner Warte aus gesehen in die falsche Richtung gehen.
Die Ziele der SPD halte ich nach wie vor für die dieser Gesellschaft bekömmlicheren, aber ich bin entsetzt, wenn sie die nur über die im weitesten Sinne "Diffamierung" Andersdenkender vorantreiben können.
Wenn es keine Akzeptanz demokratischer Parteien gibt, sondern nur die Ausgrenzung missliebiger Ansichten als Rechtspopulismus, finde ich das eben auch gefährlich.
Ich entsinne mich, mit "welchen Keulen" Habermas anfangs gegen die französische Philosophie vorging, dass sie die "Aufkläung verrieten".
Ich will keine Ausgrenzung, auch nicht im Namen der Guten und Entscheide entlang lebbarer von demokratischen Mehrheiten legitimierten Möglichkeiten.
In Deutschland herrscht ein Kampf um "Hegemonie des Denkens", um Macht.
Habermas sollte weinen.

Thomas Schweighäuser | Mi., 21. Dezember 2016 - 22:46

zu den Intellektuellencharts ist das eigentlich? Wie auch immer: Warum Sloterdijk dem Walser als "wichtigster Intellektueller" folgt, will man doch nicht so genau wissen, wenn Intellektuelle in Kisslers Welt nichts anderes unternehmen als "Gedankenfeuerwerke" zu "zünden", "in Formationen" zu denken oder mit einer "Sinnressource" zu "glänzen". Weiterhin werden Themen geschmiedet, Echokammern platzen auf und "verkeilte männliche Selbstbezüglichkeit" wird aufgesprengt. Da ist es kein Wunder, dass sich zum Listenwahn der puerile Hitparadenhype gesellt: Ausgerechnet der Hobbyspengler Sarrazin gibt "den höchsten Neueinsteiger (...), seit es die Cicero-Rangliste gibt". Warum eigentlich nicht Cindy und Bert?

Barbara Kröger | Do., 22. Dezember 2016 - 08:03

Lieber Herr Kissler, der öffentliche Raum verkommt nicht zu einer Echokammer. Das stimmt so nicht. Der öffentliche Raum wird endlich als ein Raum der Bürger wahrgenommen, in dem jeder seine Stimme erheben darf! Das ist wichtig. Wir haben leider in Deutschland keine ausgeprägte Diskussionskultur. Im öffentlichen Raum melden sich endlich, endlich die Bürger dieses Landes zu Wort, sie ergreifen das Wort. Sie lauschen nicht nur den Sonntagsreden, sondern melden sich selber zu Wort. Das ist wichtig und richtig und könnte der Beginn einer deutschen Diskussionskultur werden.
Jetzt zu den „Vordenkern“. Ich würde mir wünschen, dass diese Menschen sich endlich verstärkt in die öffentliche Diskussion einbringen würden. Das vermisse ich schon lange. Aber niemand will sich wohl den Unwillen der in Berlin herrschenden Kreise zuziehen, sonst kann ich mir das nicht erklären.

Gerdi Franke | Do., 22. Dezember 2016 - 08:46

Na ja. Die meisten hört man nicht, die anderen sind laut und lästig. Wie Frau Schwarzer. Mein Respekt gehört denen, die ihre politische Meinung mutig äussern. Wie z.B. Herr Sarrazin.

Henri Rezlob | Do., 22. Dezember 2016 - 14:41

So ein Turm ist ja ein vertikales Bauwerk, vergleichbar mit diesem Forum hier: (Ganz) Unten sind Wir: Das Prekariat!
Darüber, hoch oben, abgeschieden, in der geistigen Unberührtheit, fast schwebend, die Höchsten der Hohen: Die 500 Hoheiten der Deutungselite! Denkend, grübelnd, sinnend, suchend, den Gedanken nachjagend - wie der Fuchs dem Hasen – sich die Worte und Sätze schweißnass abringend, nach dem Guten-Wahren Schönen, nur mit dem hehren Ziel in ihren blütenreinen Herzen, uns, da unten, dereinst zu beglücken, mit ihren güldenen Ergüssen, die sie auf uns herabregnen lassen werden, wie göttlichen Sternestaub, auf unsere schnöden Häupter.
Während dessen, wir, die Prekären, da unten, toben und plärren und schreien, hinauf, ins Kreisrunde Nichts, wohl wissend, dass unsere Stimmen an mächt’gen Mauern widerhallend abprallen, um in Myriaden von Echos gemeinsam zu verhallen, im Nichts.
Amen und Aus

Monika Baumüller | Do., 22. Dezember 2016 - 14:42

Ihre Auserwählten stehen weniger für intellektuelle Potenz, sondern hauptsächlich für den Rechtsdrall von Cicero. Von Objektivität keine Spur. Ich werde Ihren Newsletter jetzt endgültig kündigen.

Cornelius Angermann | Do., 22. Dezember 2016 - 15:34

Was mir in Ihrer Aufzählung auffällig fehlt, Herr Kissler, das sind NATURWISSENSCHAFTLER! Meinen Sie nicht, dass gerade von diesen Leuten auch einige etwas zu sagen hätten, geistvoll und darüber hinaus auch noch faktisch fundiert?
Denn worum geht es? Es geht um die Erkenntnis, wie die Welt funktioniert und was dies für uns Menschen bedeutet. Es geht um ideologische Instrumente, die besser oder schlechter dazu geeignet sind, die Herausforderungen unserer Zeit und unserer Zukunft zu meistern.
Dampfplauderer haben wir genug, und Elfenbeinturmbewohner ebenfalls. Allenfalls versöhnt micht, dass Sarrazin es in die Liste geschafft hat. Er kommt der faktenbasierten Wissenschaftlichkeit noch am nächsten. Alles andere sind Vertreter von Lehren, also Interpretationen, sei es Feminismus, sei es Habermas, sei es Walser, der z.B. in Reich-Ranitzki einen sehr fundierten Kritiker hatte.

Und was den Echoraum angeht: wer stellt denn die Wände, an denen sich unsere Meinung als Echo bricht? Wir nicht!

Petra Maria Schaefer | Do., 22. Dezember 2016 - 16:52

wäre wunderbar - anstatt Illner/Maischberger. Endlich einmal direkte, offene und freie Gesprächsrunden in einer gelebten Demokratie.
Doch leider bleibt dies ein Traum; die ÖR werden "gezielt gesteuert"...man darf nicht öffentlich kritisieren, wird abgeblockt oder diffamiert als "Rechter".
Ein Trost: Viele Bürger und Bürgerinnen dieses Landes haben schon längst die v.g. Taktik und Politik durchschaut - frei nach dem Satz von Peter Sloterdijk: "Die Politik der offenen Grenzen kann final nicht gut gehen."

Brigitte Simon | Do., 22. Dezember 2016 - 17:01

Frau Wallaus Idee einer Diskussionsrunde bestehend aus Walser, Handke, Sarrazzin,
Sinn,( habe ich jemand vergessen?) und Herrn
Kissler als Moderator finde ich hervorragend.
Man sagt immer," Vorfreude ist die schönste
Freude", wird diesmal nicht in Erfüllung gehen. Alleine bei Herr Sarrazzin als Teilnehmer, geht ein Aufschrei durch das Bundeskanzleramt.
Die SPD muß sich erneut mit dem Parteiaus- schluss Sarrazzins öffentlichkeitswirksam be-
schäftigen. Diesesmal werden sie nicht mehr
die erhoffte Zustimmung erhalten.
Schmerzlich hat und wird es noch mehr, die deutsche Bevölkerung erfahren, daß Sarrazzin
in seinem Buch "Deutschland schafft sich ab"
vor 5Jahren den Zerrfall Deutschlands in dieser Schnelligkeit und Komplexität sogar unter-schätzte.
Liebe Frau Wallau, sollte Ihre Idee eines "Kiss-
lers Konter" realisiert werden können, würde
ich gerne neben Ihnen in den Reihen der Zu-
hörer sitzen.

Rudolf Stein | Do., 22. Dezember 2016 - 17:29

An wievielter Stelle steht eigentlich die Intellektuellle aus Berlin?

Frank Linnhoff | Do., 22. Dezember 2016 - 18:24

Wieviele Lebensjahre bringen die 10 Listenerste zusammen? Gefühlte 800? Die Greisenrepublik.

Brigitte Simon | Do., 22. Dezember 2016 - 21:17

Liebe Frau Diederichs,

mit Ihren Befürchtungen liegen Sie vollkommen
richtig. Sollte es soweit kommen, wissen wir be-
reits, wo wir für Cicero und seinen Qualitäts-
journalisten - wo gibt es diese noch? - auf die
Straße gehen.
Dort treffen wir uns Frau Diederichs!

Dr. Horst Combe | Do., 22. Dezember 2016 - 23:21

Alexander Kisslers Definition des Intellektuellen, nämlich eines Menschen, der vor Publikum vernehmbar denkt, ziehe ich die Wahrigs vor: "(einseitiger) Verstandesmensch, Geistesarbeiter, Wissenschaftler". Sie schließt den schlechten Denker aus und den nicht vor Publikum, aber gut denkenden, ein.
Eine Liste wie die der 500 wäre dann freilich nicht möglich. Ihr Beitrag zum Denken bliebe trotzdem gewährleistet.
Ungeschmälert bleibt Ihre Leistung, die Aufmerksamkeit auf gewisse, auch publizistisch geächtete, Denker zu lenken.

Wolfgang Herbrand | So., 25. Dezember 2016 - 16:41

Erstens: Das großartige Zweite Deutsche Fernsehen hat es 2012 für angezeigt gehalten, Peter Sloterdijks "Philosophisches Quartett" abzusetzen. In Mainz erhoffte man sich von Richard David Precht mehr + jüngere Zuschauer. Trotz "Precht" hat es der "Quartett"-Nachfolger nicht geschafft, ins Cicero-Ranking 2017 aufzusteigen.
Letztens: Wie ernst möchte ein Ranking der führenden deutschen Intellektuellen genommen werden, das Peter Sloterdijk und Charlotte Roche vereint?

Wolfgang Küchle | Do., 29. Dezember 2016 - 13:14

Bewertungen sagen häufig mehr über denjenigen aus, der sie erstellt, als über das bewertete Subjekt oder Objekt. So ist es wohl auch mit dieser Rangliste, die in erster Linie eine eindeutige politische Verortung des Cicero und seiner Leserschaft dokumentiert. Wer Thilo Sarizin und Alice Schwarzer in die Top Ten der Intellektuellen dieses Landes einordnet, hat meiner Ansicht nach jeden intellektuellen Anspruch aufgegeben. Man fragt sich dann eigentlich nur noch, auf welchem Platz Herr Höcke eingestuft wurde.

raimund höllriegel | Di., 3. Januar 2017 - 17:56

sehr geehrte online-redaktion, wurde mein kommentar etwa nur aufgrund des fehlenden vornamens nicht veröffentlich ? ein wenig kleinlich, finden sie nicht auch ?