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(picture alliance) Christian Wulff hat jetzt auch noch Ärger wegen eines Urlaubsflugs Ostern 2007 (auf dem Foto fliegt er gerade in die Schweiz)

Bonusmeilen-Frage - Womit strauchelt Wulffs Anwalt?

Frage des Tages: Der Bundespräsident holte sich seinen Anwalt Gernot Lehr, um die Affäre zu professionalisieren. Doch auch der verstrickt sich. Womit kämpft Wulff?

Die Frage der niedersächsischen SPD- Fraktion an die Landesregierung liest sich recht sperrig: „Wie beurteilt die Landesregierung die Tatsache, dass der damalige Ministerpräsident Christian Wulff für einen Urlaubsflug zu Ostern 2007 ein Upgrade in die Business-Klasse mit Bonusmeilen von einem Meilenkonto bezahlte, auf dem sowohl private als auch dienstlich erworbene Bonusmeilen gesammelt worden waren?“ Die Antwort allerdings macht dem Bundespräsident Probleme. Die „Bild“-Zeitung stichelt, sein Anwalt verhaspelt sich, Lufthansa und Staatskanzlei sind uneinig. [gallery:Christian Wulff - Bürgerfreund oder Konzernkumpane?]

Könnte Wulff dienstliche Meilen für das Upgrade genutzt haben?

Das ist nicht so einfach zu beantworten. Der Anwalt Wulffs, Gernot Lehr, bestritt das Upgrade nach dem Bericht der „Bild“-Zeitung zunächst komplett, sagte aber später, Wulff habe für den Wechsel aus der Economy in die Business Klasse auf einem Flug von Miami nach Frankfurt nur privat erworbenen Bonusmeilen eingesetzt. „Bild“ rechnete daraufhin nach, was ein Upgrade von Christian Wulff, Bettina Wulff und deren Sohn an Bonusmeilen für Hin- und Rückflug gekostet haben muss. Ihr Ergebnis: 210.000 bis 300.000 Bonusmeilen hätte Wulff einsetzen müssen. Dies entspreche etwa den gesammelten Bonusmeilen von 420 Inlandsflügen. Mit der Lufthansa-Kreditkarte kann allerdings auch für jeden umgesetzten Euro ein Meilenpunkt gesammelt werden. Anders als von der „Bild“ suggeriert, können die Ausgaben für Flüge und die Nutzung der Kreditkarte kombiniert werden, so dass Wulff nicht entweder 210.000 Euro mit der Karte umgesetzt haben oder geflogen sein muss wie ein Wahnsinniger. Wulffs Anwalt sagt auch, beim Hinflug sei die Familie Economy geflogen.

Problematisch sind für Wulff dennoch zwei Dinge: Sein Anwalt behauptete nach Aussagen des Blattes, das Meilenkonto bestehe schon seit den 80er Jahren, dabei existiert das Bonusmeilenprogramm erst seit 1993 und die Kreditkarte wird sogar erst seit 1999 ausgegeben. Außerdem – und das könnte den jetzigen Präsidenten ins Schwitzen bringen – ist laut Auskunft der Lufthansa die Trennung zwischen privaten und dienstlichen Meilen auf dem Konto nicht möglich. Die einzige Möglichkeit, die Nutzung von dienstlichen und privaten Meilen getrennt nachzuweisen, sei eine Dokumentation seitens des Politikers oder seines Büros.

Die niedersächsische Staatskanzlei hingegen beharrt auf Nachfrage darauf, dass sie ein rein dienstliches Bonusmeilenkonto für Wulff geführt habe. Zudem läge ein Auszug eines privaten Meilenkontos vor, auf dem im April 2007 ein Abzug von 150.000 Meilen verzeichnet sei. Damit bleibt der Widerspruch zur Aussage der Lufthansa bestehen.

Seite 2: Warum ist die Frage nach der Nutzung dienstlicher Meilen so brisant?

Warum ist die Frage nach der Nutzung dienstlicher Meilen so brisant?

Wie jeder andere Politiker auch muss Wulff wissen, dass Meilensammeln und -einlösen bei Lufthansa oder anderen Fluggesellschaften heikel werden kann – wenn zwischen dienstlichen und privaten Reisen manches durcheinanderpurzelt. Im Sommer 2002 kamen über Wochen eine ganze Reihe von Politikern in die Schlagzeilen. Der damalige Grünen-Bundestagabgeordnete und heutige Parteichef Cem Özdemir stolperte ebenso wie der damalige Berliner Wirtschaftssenator Gregor Gysi, heute Linksfraktionschef im Bundestag, über die Affäre. Özdemir zog sich aus der Bundespolitik zurück, Gysi trat als Senator ab. Gysi hatte, damals Bundestagsabgeordneter, in den Jahren 2000 und 2001 die Meilen von Dienstreisen auch privat genutzt – unter anderem für einen Flug mit Frau und Tochter nach Kuba.

Bereits 1997 hatte der Bundestag geregelt, dass alle Abgeordneten die Meilen von Dienstflügen auch nur für Dienstreisen einlösen dürfen. Die Parlamentsverwaltung gab 2002 zu, dass sich nicht alle Abgeordneten daran halten. Politiker wiederum gaben der Lufthansa eine Teilschuld – weil sie sich weigere, erworbene Bonusmeilen dem Parlament als Institution zu überlassen.

Die Begründung der Fluggesellschaft damals gilt bis heute: Es gehe bei dem „Miles&More“-Programm um individuelle Kundenbindung, nicht um Firmenförderung. Für Bundestagsabgeordnete gibt es laut Lufthansa inzwischen als Ausnahme die Möglichkeit, eine zweite Bonusmeilen-Karte anzufordern – um Dienst und Privates trennen zu können. Wulff allerdings war und ist kein Bundestagsabgeordneter.

Seite 3: Welche Rolle spielt Wulffs Anwalt?

Welche Rolle spielt Wulffs Anwalt?

Im Umgang mit den „Bild“-Fragen zur Bonusmeilenaffäre macht er gerade keine sonderlich gute Figur. Das Blatt nimmt ihn aufs Korn, weil seine Angaben zu den Bonus-Meilen-Flügen ungenau und widersprüchlich gewesen seien. Man wird ihm zugute halten müssen, dass es schwer ist, bei Hunderten Anfragen den Überblick zu behalten. Klar ist aber auch, dass der Anwalt in Sachen Information nicht vorprescht, sondern sich so bedeckt wie möglich hält. So versucht er durchaus, sich teils auch neuen Fragen mit bekannten Antworten zu entziehen. Das Bundespräsidialamt hat sich aus der Affäre fast ganz zurückgezogen. „Die Pressestelle des Bundespräsidialamtes hat Fragekataloge und mündliche Anfragen, die die Zeit des Ministerpräsidenten Christian Wulff betreffen, an die Rechtsanwaltskanzlei weitergeleitet“, sagte Sprecherin Petra Diroll.

Gernot Lehr ist damit zum neuen De-facto-Sprecher Wulffs aufgerückt. Und muss sich nun an den Maßstäben messen lassen, die der Bundespräsident bei der Aufarbeitung der Affäre an sich anlegt. Viel Kritik brachte ihm nicht nur seine vorübergehende Weigerung ein, Hunderte Fragen und Antworten zu der Affäre herauszugeben, weil seine Verschwiegenheitspflicht und die Rechte der Journalisten betroffen seien. Auch seine Arbeitsweise und Inhalte seiner Angaben werden ihm zum Vorwurf gemacht. So hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet, Lehr habe zwei Mails eines „Welt“-Redakteurs mit Recherche- Fragen an die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS) weitergereicht – womit er selbst mit Journalistenrechten nicht sehr achtsam umgegangen wäre.

Lehr sagte dazu dem Evangelischen Pressedienst, er habe die „Antworten an die Redaktion der ,Welt’ unabgestimmt und ohne Auftrag oder Wissen von Christian Wulff“ an einen FAS-Redakteur übersandt. Die Mail habe auch die an ihn gerichteten Fragen enthalten. Ihm sei ausdrücklich zugesagt worden, dass die Redaktion die Fragen der „Welt“ nicht veröffentlichen wolle und sie vernichten werde, sagte Lehr. Die Veröffentlichung des Vorgangs durch die FAZ sei ein „Bruch der Vertraulichkeit einer ausdrücklichen Hintergrundinformation“, der „eine grobe Verletzung der journalistischen Regeln“ darstelle.

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