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(picture alliance) Im Jahr 2013 plant Griechenland Ausgabenkürzungen von sechs Milliarden Euro

Prüfbericht der Troika - Wie lange muss Athen noch leiden?

Die Troika hat ihren Bericht über die griechischen Sparbemühungen vorgelegt. Bekommt Athen nun die dringend benötigten Milliarden?

Endlich steht das Urteil der internationalen Geldgeber über Griechenland fest – der Bericht der Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) über die Reformfortschritte in Athen fällt nach den Worten von Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker im Großen und Ganzen positiv aus. Damit ist die Voraussetzung erfüllt, dass Griechenland die nächste Hilfstranche in Höhe von 31,5 Milliarden Euro erhalten kann. Allerdings kann das Geld nicht sofort fließen – der Bundestag muss seine Zustimmung geben.

Stellt das Urteil der Troika eine Überraschung dar?

Nein.

Spätestens als Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Mitte Oktober erklärte, dass es keinen Staatsbankrott in Athen geben werde, war klar, dass der Troika-Bericht keinesfalls ein vernichtendes Urteil über die Politik des griechischen Premierministers Antonis Samaras fällen würde. Angesichts der politischen Vorgabe, Griechenland unbedingt im Euro zu halten, war auch von den Buchprüfern der Troika erwartet worden, dass sie allenfalls zu einem durchwachsenen Ergebnis kommen würden: etliche Schwachstellen bei den Reformanstrengungen, aber auch genügend positive Punkte, die letztlich die Auszahlung der nächsten Hilfstranche ermöglichen.

Wie fällt die Reaktion in Brüssel auf den Troika-Bericht aus?

Trotz der aufmunternden Worte Junckers an die Adresse Griechenlands bleibt noch viel Detailarbeit, bevor die Hilfsmilliarden nach Athen fließen. Am Montagnachmittag kamen die Finanzminister der 17 Euro-Länder zur Beratung in Brüssel zusammen, ein endgültiger Beschluss über die Auszahlung der Mittel wurde bei dem Treffen noch nicht erwartet. Juncker erklärte, dass es bei den Beratungen auch um die langfristige Tragfähigkeit der griechischen Schulden gehen solle. Ursprünglich hatten die internationalen Geldgeber darauf gesetzt, dass der griechische Schuldenberg bis 2020 auf das Niveau von 120 Prozent der Wirtschaftsleistung sinkt. Zahlreiche Experten halten es aber für illusorisch, dass die Schulden Athens so schnell zurückgeführt werden können. Auch Juncker erklärte nun, man müsse überlegen, ob man Athen mehr Zeit zum Abtragen des Schuldenbergs gibt. Der IWF will seine Hilfen nur fortsetzen, wenn der Schuldenstand Griechenlands auf ein tragbares Niveau sinkt – ein Schuldenstand von 120 Prozent der Wirtschaftsleistung gilt bei der Tragfähigkeit als äußerstes Limit.

Dass am Montagabend in Brüssel eine schnelle Einigung der Euro-Finanzminister auf die neuen Milliardenhilfen für Griechenland nicht absehbar war, hat noch einen anderen Grund: Inzwischen tut sich ein weiteres Milliardenloch auf, weil Griechenland laut einer neuen Vereinbarung zwischen der Troika und Athen zwei Jahre mehr Zeit zum Erreichen der Sparziele bekommen soll. Statt 2014 müsste der griechische Haushalt erst 2016 ausgeglichen sein. Damit werde der unerwartet tiefen Rezession Rechnung getragen, heißt es im Entwurf der neuen Vereinbarung. Allerdings herrschte unter den Euro-Finanzministern Uneinigkeit darüber, wie das neue Programm finanziert werden soll. „Wenn es um zwei Jahre verschoben wird, gibt es eine Finanzierungslücke von 31 oder 32 Milliarden Euro“, sagte der irische Finanzminister Michael Noonan.

Wann stimmt der Bundestag den Griechenland-Hilfen zu?

Damit die nächste Hilfstranche in Höhe von 31,5 Milliarden Euro an Griechenland fließen kann, ist eine Zustimmung des Bundestages erforderlich. In der Frage, wann das Parlament der Freigabe der Gelder zustimmen könnte, wollte sich Gunther Krichbaum, der Vorsitzende des EU-Ausschusses des Bundestages, am Montag nicht festlegen. „Ob das sofort über die Bühne geht, vermag ich nicht zu sagen“, sagte Krichbaum. Zunächst einmal müsse sich der Bundestag selbst ein Urteil über den Troika-Bericht machen. Kritisch merkte der CDU-Politiker an, dass der am frühen Montagmorgen im griechischen Parlament verabschiedete Haushalt für das Jahr 2013 zum Teil Reformen enthalte, welche die internationalen Geldgeber bereits seit langem von Griechenland verlangen. „Das ist auch alter Wein in neuen Schläuchen“, sagte Krichbaum.

Im Bundestag wird nun erwartet, dass sich das Parlament in der kommenden Woche mit den Griechenland-Hilfen befassen wird. Für den Fall, dass lediglich die im zweiten Griechenland-Hilfsprogramm bereits vorgesehene Hilfstranche von 31,5 Milliarden Euro in unveränderter Form bewilligt werden müsste, würde theoretisch auch ein Beschluss des Haushaltsausschusses genügen. Allerdings geht auch der Europapolitiker Krichbaum angesichts der Diskussion um den zeitlichen Aufschub für Griechenland und den damit verbundenen Mehrkosten davon aus, dass das gesamte Bundestagsplenum über eine solche substanzielle Änderung des Programms abstimmen muss.

Wie ist die Situation in Griechenland?

Das griechische Parlament hat in der Nacht zum Montag mit 167 gegen 128 Stimmen den Haushaltsentwurf 2013 verabschiedet und damit den Weg zu weiteren Finanzhilfen geebnet. Das Budget sieht gegenüber 2012 Ausgabenkürzungen von sechs Milliarden Euro vor. Die Mehrheit für den Haushalt fiel deutlich komfortabler aus als vier Tage zuvor bei der Kampfabstimmung über das neue Sparpaket. Das Votum hatte die Regierung nur knapp mit 153 der 300 Stimmen gewonnen.

Die Haushaltsdebatte war von heftigen Rededuellen und scharfen Kontroversen zwischen den Regierungs- und den Oppositionsparteien geprägt. Der radikal-linke Oppositionsführer Alexis Tsipras kritisierte den Sparkurs als ungerecht: Viele Griechen könnten sich in diesem Winter nicht ausreichend mit Lebensmitteln, Medikamenten und Heizmaterial versorgen. Ministerpräsident Samaras sagte, die Sparmaßnahmen seien die „letzten Opfer“, die die Griechen bringen müssten. Vor dem Parlamentsgebäude versammelten sich während der Debatte am Sonntagabend etwa 15.000 Demonstranten – weitaus weniger, als die Gewerkschafts-Dachverbände erwartet hatten.

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