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Schavan ohne Dr. - Hat Merkel schon einen neuen Bildungsminister?

Die Universität Düsseldorf hat Bundesbildungsministerin Annette Schavan am Dienstagabend den Doktortitel entzogen. Ihr Rücktritt dürfte damit unausweichlich sein. Wer könnte ihr im Amt nachfolgen? Ein Kommentar zur Niedersachsen-Wahl von Cicero-Chefredakteur Christoph Schwennicke wird wieder aktuell

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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Es gibt Bilder, die werden von ihr bleiben, auch wenn Angela Merkel eines Tages nicht mehr Bundeskanzlerin ist. Eines dieser Bilder zeigt sie im März 2011 neben Annette Schavan, ihrer Vertrauten und Bildungsministerin, auf der Computermesse Cebit stehend und am Handy knibbelnd. Als sie eine Nachricht öffnet, zeigt sie sie Schavan, die beiden schauen verschwörerisch, und bei Annette Schavan huscht etwas übers Gesicht, das wie ein Lächeln aussieht. Auch Merkel sieht zufrieden aus.

Es ist vielfach bestritten worden, aber die Wahrscheinlichkeit und der zeitliche Zusammenhang sprechen dennoch einfach zu stark dafür, dass Merkel Schavan die SMS von Theodor zu Guttenberg zeigt, der ihr seinen Rücktritt mitteilt, oder jedenfalls eine Nachricht zu diesem Vorgang.

An diese Bildersequenz von Merkel und Schavan in einem trauten Moment muss man dieser Tage wieder denken. Jetzt steht nicht mehr Guttenberg im Sturm der Anschuldigungen, bei seiner Doktorarbeit geschummelt zu haben. Diesmal ist es die Bildungsministerin, die sich gegen diese Vorwürfe erwehren muss. Verkehrte Welt, verkehrte Rollen: Seinerzeit hatte sie, sicher nicht ohne Rückendeckung der Kanzlerin, Guttenberg öffentlich kritisiert. Im Februar 2011 hatte sie wissen lassen, sie schäme sich als Wissenschaftlerin „nicht nur heimlich“.

[gallery:CeBIT 2011: Merkel, Schavan und das Handy]

Die Kanzlerin hatte sich damals im Fall des Verteidigungsministers bedeckt gehalten, wenig gesagt, und wenn, dann nur Dinge, die man als Rückendeckung für Guttenberg auslegen konnte, wie die etwas verunglückte Formulierung, sie habe ihn nicht als wissenschaftlichen Mitarbeiter, sondern als Verteidigungsminister engagiert.

Frau Schavan, die Wissenschaftlerin, für die sich jetzt andere schämen, sollte sich Merkels Verhalten, ihre eigene Rolle bei der Operation Guttenberg und die Fotos von damals noch einmal zu Gemüte führen, um sich des Ernstes ihrer Lage bewusst zu sein.

Auch jetzt lässt Merkel streuen, sie stehe hinter und zu ihrer Bildungsministerin. Was das wert ist, kann sich Schavan anhand der Fotostrecke noch einmal ins Bewusstsein rufen.

Und dann sollte sie sich vor allem genau anschauen, wer da der Dritte im Bunde ist, neben Merkel und ihr, der Herr, der da zu ihrer Rechten steht. Es ist der damals im vollen Saft stehende Ministerpräsident des gastgebenden Bundeslandes Niedersachsen, David McAllister, CDU.

Dem wiederum wird wie Schavan ein besonders enges Verhältnis zu Merkel nachgesagt, soweit man so etwas als CDU-Politiker haben kann. Und Annette Schavan sollte sich vielleicht auch noch einmal ganz genau die Filmsequenz anschauen vom Montag nach der Niedersachsenwahl, als Angela Merkel, auf die Zukunft von David McAllister angesprochen, sagt: „David Mc Allister gehört zu den fähigsten und besten Köpfen der Christlich Demokratischen Union.“ Merkel wendet McAllister wohlwollend den Blick zu und fährt fort: „Er ist n‘ junger Mann im Vergleich zu meinem Alter, und insofern gehört ihm die Zukunft, an welcher Stelle auch immer, und das wern‘ wa in aller Ruhe besprechen.“ Sie fügt noch hinzu, sie habe schon mit McAllister gesprochen, und dieser müsse jetzt mit seinen Parteifreunden in Niedersachsen sprechen.

Das hat McAllister dann auch getan und beschlossen, nicht Fraktionschef und damit Oppositionschef im niedersächsischen Landtag zu werden. Damit ist er frei für eine Veränderung in Richtung Berlin, die er zuletzt auch nicht mehr so kategorisch wie früher ausgeschlossen hat. Und kommt nach Merkels Ritterschlag sofort für alle möglichen Ämter in Frage: Sollte also die Kanzlerin in den nächsten Tagen oder Wochen gezwungen sein, sich beispielsweise von ihrer Bildungsministerin zu trennen, dann wüsste sie genau, wo sie zuerst anzurufen hätte, auf der Suche nach einem Nachfolger, der Bildungspolitik ins Zentrum seines Wahlkampfes gestellt hatte.

So ein Umschwung kann bei Merkel, allen Solidaritätsbekundungen zum Trotz, ganz schnell gehen.

Siehe oben.

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