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Peer Steinbrück und die SPD - Eine Partei wird zum Geschäftsmodell

Peer Steinbrück hat es wieder getan: Er profiliert sich gegen die SPD, gegen die eigene Partei. Wie bei Thilo Sarrazin wird die SPD-Mitgliedschaft bloßes Mittel zum Zweck – Verkaufszweck

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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Peer Steinbrück hat abermals ein Buch geschrieben, und wenn es stimmt, dass er selbst schreibt und sogar von Hand, dann wissen wir jetzt eines: Peer Steinbrück kann schreiben. Er formuliert stark. Es sind einige sehr schöne pointierte und fast poetische Formulierungen darin.

Es kommt nicht oft vor, dass starke Redner auch starke Schreiber sind. Joschka Fischer zum Beispiel war immer ein starker Redner, aber ist bis heute – mit Verlaub – ein lausiger Schreiber. Ein Sprachklischee reiht sich bei ihm ans nächste. Auch Oskar Lafontaine hat man immer besser gehört als gelesen.

Es hätte also etwas werden können mit der Karriere als Journalist, von der Steinbrück früher träumte. Denn an Meinung und Standpunkt hat es ihm nie gemangelt.  

Fehlerpartei SPD
 

Dank des neuen Buches von Steinbrück wissen wir nun weiterhin: Seine Kanzlerkandidatur war ein persönlicher Fehler, vor allem aber wissen wir: die SPD macht derzeit sehr viele Fehler.

Die erste Erkenntnis ist so neu nicht, denn sonst wäre Peer Steinbrück heute Bundeskanzler. Diese Erkenntnis hat das Wahlergebnis geliefert. Sie ist nur, aus meiner Sicht, etwas differenzierter: Nicht die Kandidatur an sich war der Fehler. Sondern was er daraus gemacht hat. Die vielen Fehler, die er danach gemacht hat. Er hat sich seine Wahlaussichten selbst vermasselt. Das haben ihm inzwischen, wenn sie ehrlich waren, auch alte Haudegen wie Gerhard Schröder zugeraunt.

Die zweite Erkenntnis ist in der Sache richtig. Ja, die SPD müsste einen Kurs fahren, wie ihn etwa Olaf Scholz in Hamburg fährt und nicht vor allem vermeintliche Befriedigung der eigenen Klientel betreiben. Wahrscheinlich weiß das auch Sigmar Gabriel und bräuchte keinen Peer Steinbrück, der ihm das sagt. Aber irgendwie lässt sich Gulliver Gabriel doch von seinen Parteizwergen fesseln und macht nicht sein Ding. Jedenfalls vorläufig nicht.

Peer Steinbrück aber übernimmt lustvoll diesen Part, es der Funktionärs-SPD mal richtig zu zeigen. Dahinter steckt allerdings kein glaubwürdiger Veränderungswille. Wäre der da, dann hätte sich Steinbrück in die Pflicht nehmen lassen nach der Wahl, wäre Vizekanzler geworden oder sonstwie an vorderer Front tätig. Es ist auch nicht überliefert, dass er sich die Mühe machte, im Bundestag, in Fraktionssitzungen oder auf Parteitagen für seinen, den aus seiner Sicht richtigen, Kurs zu werben.

Steinbrück – der strukturelle Sarrazin
 

Nein, er zeigt es der SPD dann – wieder und wieder und wieder –, wenn er für sein Buch wirbt. Die Kritik soll dem Verkauf seines Buches helfen, nicht der SPD auf die Sprünge. Die SPD-Mitgliedschaft wird so Mittel zum Zweck – zum Geschäftsmodell. Steinbrück unterscheidet sich da strukturell nicht vom Fall Thilo Sarrazin. Auch dessen Bücher hätten sich nie so gut verkauft, wäre Sarrazin nicht SPD-Politiker gewesen. 

Sich an der eigenen Partei zu reiben ist in der SPD ein beliebtes Prinzip, den eigenen Weg zu ebnen. Das Prinzip geht so lange in Ordnung, so lange die Partei etwas davon hat. Zum Beispiel einen Kanzler wie im Falle von Gerhard Schröder. Der profilierte sich bisweilen gegen die SPD mit dem Ziel, für die Sozialdemokraten Bundeskanzler zu werden. Steinbrück tut es nur noch, um seine Auflage zu steigern.

Schade. 

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