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(picture alliance) Beim politischen Aschermittwoch warb FDP-Chef Philipp Rösler mit Gaucks Buch „Freiheit“ – nutzen wird es wenig

Umfragen zur Gauck-Nominierung - Null Punkte für die FDP

Mit ihrem Pochen auf den Kandidaten Gauck hoffte die FDP, verloren gegangene Glaubwürdigkeit zurückzuerobern. Umfragen zufolge sieht es aber nicht danach aus, als könnte der Partei das gelingen. Forsa-Chef Manfred Güllner fasst die Reaktionen auf die Kür des künftigen Bundespräsidenten zusammen

Dass sich die Union, die FDP, die SPD und die Grünen dafür entschieden haben, Joachim Gauck zum neuen Bundespräsidenten zu wählen, finden die meisten Bürger richtig. In einer für den Stern durchgeführten Umfrage meinen 69 Prozent aller Bundesbürger, die Nominierung Gaucks sei eine gute Entscheidung. Nur relativ wenige (15 Prozent) sagen, jemand anderes wäre für das Amt des Bundespräsidenten besser geeignet gewesen. 16 Prozent der Befragten haben noch kein klares Bild vom Kandidaten Gauck und äußerten keine Meinung.

Die Entscheidung für Joachim Gauck wird von einer Mehrheit aller Wählergruppen für gut befunden. Von den Anhängern der Grünen und der CDU/CSU sind mit 84 bzw. 78 Prozent noch mehr mit Gauck als neuem Präsidenten einverstanden als im Durchschnitt aller Bürger. Von den SPD-Anhängern finden 73 Prozent, dass die Entscheidung für Gauck richtig ist. Etwas verhaltener ist die Zustimmung bei den derzeitigen Sympathisanten der Piratenpartei mit 64 Prozent.

Obwohl die Linkspartei die Kandidatur Gaucks nicht unterstützt, sondern die Entscheidung kritisiert, findet es auch die Mehrheit der Anhänger der Linke (55 Prozent) richtig, dass Gauck neuer Bundespräsident werden soll.

Überdurchschnittlich groß ist die Zustimmung für Joachim Gauck mit 74 bzw. 75 Prozent in der Altersgruppe der 45- bis 55- sowie der über 60-Jährigen. Von den 18- bis 29-Jährigen halten 58 Prozent die Entscheidung für Gauck für richtig. Gaucks Rückhalt ist auch bei den Bürgern mit Abitur oder Hochschulstudium mit 75 Prozent noch größer als im Durchschnitt aller Bürger.

Während in den alten Bundesländern 70 Prozent Gaucks Nominierung begrüßen, ist die Zustimmung zu Gauck in den neuen Ländern mit 62 Prozent nicht ganz so ausgeprägt.

Lesen Sie auf der zweiten Seite, warum die FDP kaum von der Nominierung profitieren dürfte

Mit dieser generell großen Zustimmung für den kommenden Bundespräsidenten dürfte die Affäre Wulff schnell vergessen sein und das Vertrauen zum Präsidentenamt bald wieder zurückkehren. Durch Christian Wulff, den am Ende die große Mehrheit der Bundesbürger selbst für sein Scheitern verantwortlich machte, ist das Vertrauen dramatisch zurückgegangen. Während in den letzten Jahren immer 75 oder mehr Prozent aller Bürger sehr großes Vertrauen zum Bundespräsidenten hatten (damit war das Vertrauen zum Präsidenten deutlich höher als das zu anderen politischen Institutionen – ob zur Bundesregierung, zum Bundestag oder zu den politischen Parteien, zu denen nur noch wenige Bürger Vertrauen haben), sank das Vertrauen im Januar 2012 auf 32 Prozent. Wenn Joachim Gauck einige Wochen und Monate im Amt ist und die an ihn gestellten Erwartungen einigermaßen erfüllt, dürfte der Vertrauenswert schnell wieder das alte Niveau erreichen.

Die meisten Bürger sind froh darüber, dass die Nominierung von Wulffs Nachfolger nicht wieder zum Gezänk der Parteien geworden ist, sondern im Konsens der etablierten Parteien erfolgte. Daher dürfte Kanzlerin Angela Merkel auch nicht – wie von manchen gemutmaßt – dadurch beschädigt werden, dass ihr Joachim Gauck von SPD und Grünen und letztlich dann von ihrem Koalitionspartner FDP aufgezwungen worden ist. Merkels hohe Zustimmungswerte, die während der Wulff-Affäre noch angestiegen waren, beruhen ja darauf, dass viele Menschen ihr Engagement und ihre Tatkraft in der Euro-Krise positiv bewerten. Und die Euro-Krise bzw. die dadurch für viele Bürger ausgelösten Ängste um die Stabilität des Geldes, die Sicherheit der Altersversorgung, die finanzielle Ausstattung des Staates, etc. waren und sind für die Bundesbürger ein sehr viel wichtigeres Problem als die Eskapaden von Wulff oder die Nominierung von Gauck.

Die FDP dürfte von der Demonstration ihrer Stärke bei der Nominierung des Kandidaten Gauck kaum profitieren; denn für ihre Wähler von 2009 und ihre potentiellen Anhänger sind ja viele andere Probleme ebenfalls sehr viel wichtiger als die Frage, wer Christian Wulff im Präsidentenamt nachfolgt. Auch diejenigen früheren FDP-Wähler, die durchaus Sympathien für Gauck empfinden, werden nicht deshalb zur FDP zurückkehren, weil sich die FDP für ihn stark gemacht hat. Solange sich die FDP nicht klar macht, warum sie so viele mittelständische Wähler 2009 gewählt haben und warum sich über 80 Prozent dieser Wähler seither von den Liberalen abgewandt haben, wird sie das Vertrauen der Abwanderer nicht zurückgewinnen.

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