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NSA-Ausschuss - Nur ein Exil-Snowden ist ein guter Snowden

Regierung und Opposition streiten über einen Auftritt des Whistleblowers Edward Snowden vor dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Dabei profitieren Grüne und Linke davon, dass der Ex-Geheimdienstmitarbeiter in Moskau festsitzt

Autoreninfo

Christoph Seils war Ressortleiter der „Berliner Republik“ bei Cicero bis Juni 2019. Im Januar 2011 ist im wjs-Verlag sein Buch Parteiendämmerung oder was kommt nach den Volksparteien erschienen.

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Es ist mal wieder Wahlkampf in Deutschland und im Mittelpunkt steht, wie schon im Sommer vergangenen Jahres, Edward Snowden. Die Opposition will die Vernehmung des amerikanischen Whistleblowers vor dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages erzwingen. Die Bundesregierung – um das Staatswohl und vor allem um die Beziehungen zur USA besorgt – hat daran überhaupt kein Interesse. Auch Regierungsakten zur Geheimdienstkooperation zwischen Berlin und Washington will sie unter Verschluss halten. Die politische Erregung in Berlin ist groß.

Die Diskussion über Snowden und seine mögliche Aussage vor dem NSA-Untersuchungsausschuss entwickelt sich mehr und mehr zur Politik-Posse. In Wirklichkeit weiß die Opposition: Nur ein Snowden im Moskauer Exil ist für sie ein guter Snowden.

Snowden ist zwar die Symbolfigur des NSA-Abhörskandals. Er hat Zehntausende Dokumente über das flächendeckende globale Abhörprojekt des amerikanischen Geheimdienstes und die systematische Ausspähung von Staats- und Regierungschefs entwendet und Journalisten zugespielt. Doch die Auswertung der Akten und die Enthüllungen haben vor allem der Guardian und die Washington Post vorangetrieben.

Edward Snowden unter Kuratel des russischen Geheimdienstes


Spätestens seit Snowden im russischem Exil festsitzt, hat er keinen Zugriff auf seine Akten mehr. Von ihm sind also kaum neue Erkenntnisse in der NSA-Affäre und über die Verwicklung Deutschlands zu erwarten. Seit sich der Whistleblower vor neun Monaten in Putins Reich begeben hat, steht dieser unter Kuratel des russischen Geheimdienstes. Dieser ist erstens nicht zimperlich und hat in der NSA-Affäre zweitens eigene Interessen. Snowdens Auftritt als Stichwortgeber Putins in der Ukraine-Krise hat dessen Glaubwürdigkeit zudem geschadet.

Ein paar peinliche Fragen müsste sich der Ex-CIA-Mitarbeiter also gefallen lassen, sollte er den Bundestagsabgeordneten tatsächlich Rede und Antwort stehen. Als strahlender Held und Märtyrer wird er sich ihnen dann möglicherweise nicht präsentieren können.

Nur solange Snowden in Moskau festsitzt, können Grüne und Linke also weiter Ressentiments gegen die USA schüren, nur solange der Ex-CIA-Mitarbeiter schweigt, können sie den Eindruck erwecken, die NSA-Affäre habe ihren Höhepunkt noch nicht überschritten. Nur mit einem Snowden, der nicht nach Berlin kommt, können Grüne und Linke gegen die Merkel-Regierung Wahlkampf machen.

NSA-Ausschuss könnte Rohrkrepierer werden


Neue Erkenntnisse sind von dem Ende März mit viel Getöse eingesetzten Untersuchungsausschuss vermutlich sowie nicht zu erwarten. Dieser soll aufklären, in welchem Umfang die Deutschen und insbesondere führende Regierungspolitiker von ausländischen Geheimdiensten ausgespäht wurden und ob sie dabei von deutschen Geheimdiensten unterstützt wurden. Doch Aufklärung war noch nie eine Stärke der Schlapphüte. Hinzukommt: Die Snowden-Akten, auf denen Journalisten hocken, werden die Bundestagsabgeordneten nicht zu Gesicht bekommen. Der Starenthüller Glenn Greenwald würde zwar vor dem Ausschuss aussagen, aber nur über Dinge, die er bereits veröffentlicht hat. Sein Material will er für sich behalten. Eher würde er ins Gefängnis gehen, als das herauszurücken, hatte er bereits mit Blick auf einen Untersuchungsausschuss in Brasilien gesagt. Auch Greenwalds Mitstreiter werden sich wohl auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Zeitungen und Internet sind ihre Enthüllungsplattform.

Die Bundestagsabgeordneten werden über die NSA also mehr erfahren, wenn sie weiterhin aufmerksam die Berichterstattung verfolgen. Der Untersuchungsausschuss könnte sich also als Rohrkrepierer entpuppen, bevor er seine Arbeit überhaupt richtig aufgenommen hat. Der Streit um Snowden und seine Aussage lenkt davon nur ab.

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