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NSA-Affäre - Pofalla erklärt die Geheimdienste: War es das schon?

Alles auf den Tisch: Der Chef des Kanzleramts Ronald Pofalla (CDU) wollte alle Vorwürfe im Zusammenhang mit der NSA-Datenaffäre und der Rolle der Geheimdienste vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium klären. Ist ihm das gelungen?

Autoreninfo

Christian Tretbar ist stellvertretender Redaktionsleiter des Tagesspiegels Online. Er arbeitet außerdem in der Berliner Parlamentsredaktion der Zeitung.

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Vollmundig ist die Ankündigung am Mittag. „Ich werde heute alle gegen die deutschen Nachrichtendienste erhobenen Vorwürfe zweifelsfrei klären.“ Ronald Pofalla, der Kanzleramtsminister, derjenige, der für die Koordination der Geheimdienste zuständig ist und in der gesamten Spionageaffäre bisher nur ein paar dürre Sätze von sich gegeben hat, will also an diesem Donnerstag vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages reinen Tisch machen.

Etwas rot leuchtet sein Gesicht an diesem Mittag, was nicht nur an der Hitze liegen dürfte. Mit drei Stunden fällt die Sitzung dann beinahe kurz aus – gerade wenn man bedenkt, dass die SPD im Vorfeld einen Katalog mit rund 150 Fragen an das Kanzleramt geschickt hat.

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Die FDP mokierte sich dann auch, dass der Gremienchef Thomas Oppermann (SPD) die Sitzung unterbrach und eine neue Sondersitzung einberufen will für die restlichen Fragen. Für Pofalla ein Nebenschauplatz. Oppermann spricht nach der Sitzung zunächst davon, dass sich die Bundesregierung bemüht habe. Auch der Grüne Hans-Christian Ströbele sieht ernsthaftes Bemühen. Zwar beteuern Rote und Grüne, dass noch viele Fragen offen seien, vor allem, wie Oppermann sagt, die wichtigste: Ob nun massenhaft Daten ausgespäht worden seien. Ströbele empört sich, dass das Programm weiterlaufe. Pofalla ist da noch nicht zu sehen. Selbst die Unionsabgeordneten sind skeptisch, ob er wie angekündigt noch vor die Presse treten würde.

Schließlich war er zuletzt schwer in die Kritik geraten, weil er zur Aufklärung der Spionagevorwürfe nichts beigetragen hat. Doch Pofalla kommt, mit einem Zettel in der Hand, als gerade CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl davon schwärmt, wie hervorragend die deutschen Nachrichtendienste gearbeitet hätten. Doch der hört schnell auf, als er merkt, dass Pofalla hinter ihm auftaucht.

Dieser wirkt konzentriert, geordnet, selbstbewusst. Er weiß, dass er das nicht verhauen darf. Seine Aufgabe ist klar: Er soll einem Thema den Stecker ziehen, das im Wahlkampf allmählich gefährlich für die Union zu werden droht. Mittlerweile gibt es mehrere Umfragen, die die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Aufklärungsarbeit von Kanzlerin Angela Merkel ausdrücken. Und diese Aufklärungsarbeit muss er für seine Chefin leisten.

 

 

Sechs Punkte führt Pofalla auf. Gleich zweimal spricht er von „100 Prozent“. In dem Maße sei der Datenschutz eingehalten worden und so habe er auch seine Verantwortung als Geheimdienstkoordinator und Kontrolleur wahrgenommen. Er verweist noch darauf, auch Sicherheitsbestimmungen zu ignorieren, um zu belegen, wie offen er alles aufkläre, und berichtet von einem Entführungsfall, bei denen der Datenaustausch mit den Amerikanern wichtig gewesen sei. Aber nach Punkt sechs ist Schluss. Nachfragen? Nicht erwünscht. Pofalla dreht ab, verschwindet über eine Treppe und hört noch, wie eine Journalistin ihm nachruft: „Eine Nachfrage muss drin sein, Sie wollen sich doch nicht so davonmachen.“

Ihm reicht das für einen ersten Befreiungsschlag. Seit Wochen steht die Regierung unter Druck. Nun versucht sie wieder in die Offensive zu kommen. Dazu diente sein Auftritt. Und auch die Tatsache, dass Union und FDP den Fokus stärker auf die rot-grüne Regierungszeit lenken wollen. Die SPD kontert: Der Informationsaustausch, der unter Rot-Grün intensiviert wurde, sei aber nicht das millionenfache Ausspähen.

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Fakt ist, dass noch immer viele Fragen offen sind. Das muss auch Pofalla zugeben. So sei noch immer nicht klar, wie genau Prism nun eigentlich funktioniere. So müsse auch noch die Frage geklärt werden, „inwieweit und ob Deutschland überhaupt von Prism betroffen ist“. Widersprüchliche Darstellungen gibt es noch darüber, ob nun, wie der Spiegel bezugnehmend auf Protokolle der NSA berichtet hatte, BND-Chef Gerhard Schindler wirklich für eine laxere Praxis der Datenschutzgesetze und der Weitergabe von Daten an die US-Dienste geworben hat. Oppermann hielt den Vorwurf nach der Sitzung des Gremiums zwar für bestätigt, seinen Rücktritt forderte er nicht. Union und FDP widersprachen. Und selbst die Grünen wollten nicht zu hart mit Schindler ins Gericht gehen.

Ob Pofallas Versuch, dem Thema die Luft zu nehmen, geglückt ist, wird sich erst noch zeigen. Ein kleiner Punktgewinn dürfte es gewesen sein.

 

 

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