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Peter Altmaier - Merkels Energiewender

Peter Altmaier ist unterwegs im Dienste der Kanzlerin. Um das vielleicht wichtigste Projekt ihrer Amtszeit zum Erfolg zu führen, muss der Minister Menschen vernetzen und Energien bündeln

Autoreninfo

Marie Amrhein ist freie Journalistin und lebt mit Töchtern und Mann in der Lüneburger Heide.

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Peter Altmaier ist auf dem Weg ins Saarland. Es ist kalt, es ist dunkel. Es regnet. Und es ist 15 Uhr nachmittags. An einer Raststätte in Bebra legt er eine Pause ein. Die nette Bedienung erkennt ihn sofort und sagt mit Blick auf das Sauwetter draußen: „Bei diesem Wetter wird das nix mit ihren Solaranlagen.“ Der Minister daraufhin: „Gnädige Frau, mit der Sonne vielleicht nicht, aber die Windräder da draußen drehen sich wie doll“, woraufhin die Kellnerin kenntnisreich antwortet: „ Jaha, aber da fehlen ihnen noch die Leitungen!“

Der Minister erzählt diese Geschichte vor den Vertretern der Energiewirtschaft, die dieser Tage in Berlin zusammen kommen, um zu zeigen, dass seine Arbeit wirkt. Dass er nicht nur Bundesländer zur Energieversorgung miteinander vernetzt sondern auch Menschen – Debatten. Das Thema Energiewende ist angekommen bei der deutschen Bevölkerung. Und das liegt auch daran, dass Altmaier Politik macht, wie er sie macht. Dass er mit allen Menschen spricht. Nicht nur mit den überwiegend männlichen Wirtschaftsverbändlern im feinen Zwirn, sondern auch mit der Bedienung aus Bebra. Dass er keine überparteilichen Seilschaften ablehnt. Schon in jungen Jahren war Altmaier mit der schwarz-grünen Pizza-Connection verbandelt, bis heute hat er Freunde wie Volker Beck von den Grünen. [gallery:Karikaturen zur Energiewende]

Altmaier nutzt für sein Netzwerk eine Sprache, die auf den jeweiligen Zuhörer zugeschnitten ist. Wo es sein muss, da fachsimpelt er wie an jenem Tag auf dem Podium, dass einem Sachfremden Hören und Sehen vergeht. Von EEG-Umlage, Börsenstrompreisen, Mengen-,  Ausschreibungs- und Verheiratungsmodellen konventioneller und erneuerbarer Energien ist die Rede. Zwischendurch wirbt er für Verständnis gegenüber seiner eigenen Branche: Diese ganze Thematik sei manchmal so kompliziert, „das können Sie keinem normalen Menschen erklären, der sich nicht mit der Energiewende beschäftigt. Auch keinem in der Fraktion.“

Peter Altmaier hat nie erwartet, dass er in der Politik einmal eine solch führende Rolle spielen würde. Ein Grund dafür ist sein Aussehen. Mit einer Nasenspalte auf die Welt gekommen, hat er es sich mittlerweile zur Aufgabe gemacht, Witze über seine Körperfülle zu reißen, bevor dies andere tun. Nach einer Pause von eineinhalb Stunden ohne etwas zu essen, bestünde bei ihm etwa die „Gefahr von Folgeschäden“, witzelt er. So viel Selbstkritik kommt meistens gut an.

Der Zustand, alleine zu leben, ist selbst gewählt

Altmaier lebt mit und für die Politik, ja er liebt sie. In seinem Leben gibt es weder Partner noch Partnerin. Dieser Zustand, so versichert Altmaier immer wieder, ist selbst gewählt und mache ihn zu einem glücklichen Menschen. Während andere ihre Freizeit mit der Familie oder arbeitsfremden Freunden verbringen,  trifft sich Altmaier zu Hintergrundgesprächen, zu Veranstaltungen oder fährt – auch am Samstagabend – noch mal eben ins Büro. Bevor der Bundesumweltminister zu Bett geht, sitzt er in seinem Arbeitszimmer und spricht per Twitter mit Kollegen, Journalisten und anderen Followern über den Tag.

Oft hat Altmaier auch noch zu später Stunde Gäste in seiner 280 Quadratmeter großen Altbauwohnung nahe des Berliner Kurfürstendamms. So bekocht er auch einmal Gruppen von jungen Journalisten in seiner Küche, das reichliche Essen trägt er selber den langen Dielenflur entlang, der in die Ess- und Arbeitsräume führt. Auf dem Weg passiert man die Tür des Gästezimmers, in dem seine Mutter schläft, wenn sie eine ihrer Stippvisiten aus dem Saarland beim Sohn in Berlin macht. Anders als andere Politiker schafft Altmaier mühelos eine ungezwungene Arbeitsatmosphäre, in der es sich leicht – auch im Hintergrund – plaudern lässt.[gallery:Karikaturen zur Energiewende]

Dass ihm seine Arbeit Freude macht, strahlte Peter Altmaier bereits aus, als er noch Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Bundestag war. Da gehörte es zu seinen Aufgaben, die Fraktion zusammenzuhalten und auch bei Zwistigkeiten über ESM oder Atomausstieg ein Gefühl der Geschlossenheit nach außen zu vermitteln. Seit dem 23. Mai 2012 kann sich Altmaier nun einem einzigen Thema widmen: Deutschlands Weg in Sachen Energiewende.

Dabei muss er sich vor allem als Netzwerker zwischen Umwelt- und Wirtschaftsministerium hervortun. Philipp Rösler, der für seine Liberalen eine starke Klientelpolitik betreibt, ist in diesem Spiel kein leichter Gegenpart. Zwar versichert Altmaier, er und der Kollege hätten die richtigen Schienen verlegt, klar ist aber allen Beobachter, dass es knirscht im Gebälk. Gerade hat Altmaier seinen Kompagnon mit einem Vorschlag zur Einführung einer Strompreissicherung überrascht. Rösler versicherte sofort, dass auch er mit der Begrenzung der EEG-Umlage einverstanden sei. Ein leichtes Nachtreten darüber, dass diese paar Stellschrauben aber noch lange nicht reichen würden, konnte sich der FDP-Mann aber nicht verkneifen.

Angela Merkel hat Peter Altmaier vielleicht das wichtigste, aber auch das schwerste Projekt ihrer Amtszeit übergeben. Die Kanzlerin wusste, dass Altmaier Kraft,  Zeit und Energie hat für ein solches Amt. Und er dankt ihr den Vertrauensvorschuss mit Loyalität – wen immer der Netzwerker auch gerade zum Gespräch bittet. Vor dem Branchentreff der Energiewirtschaft kokettiert Altmaier angesichts der vielen Herausforderungen, die ihm als Minister noch bevorstehen: „Das ist eben die Aufgabe des BMU. Und, meine Damen und Herren, ich beneide ihn nicht um seine Aufgabe. Aber es ist immerhin eine Aufgabe.“ Das dürfte untertrieben sein.

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