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Bundestagsvize Singhammer: - „Ich beabsichtige meine Russland-Reise nachzuholen“

Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer hatte seinen Moskau-Besuch verschoben, weil ein Fraktionskollege an der Einreise nach Russland gehindert worden war. In einem Cicero-Gastbeitrag nennt der CSU-Politiker nun die Bedingungen, unter denen er seine Reise nachholen würde

Kurz vor dem geplanten Abflug nach Moskau zur politischen Begegnung habe ich meine Reise verschoben – nicht abgesagt. Der Grund: Dem Bundestagskollegen Karl-Georg Wellmann war ohne Angabe von Gründen wenige Stunden zuvor die Einreise verweigert worden. Zustimmung kam vom Bundestagspräsidenten und von anderen Kollegen. Kritik kam von Staatsminister Gernot Erler, dem Russland-Beauftragten der Bundesregierung. Was ist richtig – reisen, sich austauschen oder das Gespräch nicht suchen?

„Alles hat seine Stunde“ formulierte schon der Prophet Kohelet im Alten Testament. Man muss Situationsentscheidungen nicht biblisch überhöhen.

In Zeiten kriegerischer Konflikte in der Ukraine und bedrohlicher Spannungen zwischen Russland und der Ukraine stimmt eine Mehrheit in Deutschland sicher der Auffassung zu: Völkerrechtswidriges Unrecht darf nicht akzeptiert werden, aber zugleich muss man jede kriegerische Auseinandersetzung in Europa vermeiden und deeskalieren.

Die Begegnung suchen, Meinungen austauschen, das Gespräch zu suchen – all das ist sinnvoll. Vor allem, wenn erkennbar eine Lücke zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit klafft. Wenn bei unseren östlichen Nachbarn große Sorge um eine nationale Souveränität herrscht. Wenn die litauische Regierung an ihre Bürger Informationsschriften verteilt mit dem Inhalt: „Wie verhalte ich mich richtig nach der Invasion?“ Und gleichzeitig führende politische Verantwortliche in Russland von einer Invasionsgefahr für ihr Land durch die Nato sprechen, was uns unwirklich und bizarr erscheint.

Deshalb ist es immer besser, miteinander zu reden. Ein Besuchs- oder Kontaktverbot auf politischer Ebene kann niemand seriös wünschen.

Allerdings gehören zur Begegnung auch immer zwei. Wenn Einreiseverbote von russischer Seite für Kollegen des Bundestages verfügt werden, dann sind Gespräche mit den betroffenen Kollegen und Parteien in Russland nicht möglich.

Fazit: Es besteht umfangreicher Gesprächsbedarf zwischen Russland und Deutschland,

- dass das Minsker Abkommen Punkt für Punkt umgesetzt werden muss, weil sonst eine Spirale der Eskalation droht,

- dass Staaten ein Anrecht auf territoriale Integrität haben und

- dass Europa und Russland gemeinsames Interesse bei der Bekämpfung von Terrorismus und Antizivilisation haben.

Deshalb beabsichtige ich meine Reise nachzuholen, wenn eine positive Gesprächsatmosphäre gegeben ist. Die persönliche Begegnung im Land ist durch nichts zu ersetzen, auch nicht durch einen intensiven elektronischen Meinungsaustausch über Tausende Kilometer Distanz.

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