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Gute Vorsätze für 2015 - Was Merkel und Gabriel, Gut- und Wutbürger sich vornehmen sollten

Persönlichkeitsspaltung in Regierungsmitglied und Parteivorsitzenden beenden, Trommeln schlagen, erst denken, dann demonstrieren. Die Vorsätze von Pegida, Angela Merkel, Gregor Gysi und Co. fürs Jahr 2015

Autoreninfo

Hugo Müller-Vogg ist freier Journalist und Buchautor. Er publizierte mehrere Gesprächs-Bände, u. a. „Mein Weg" mit der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel sowie „Offen will ich sein und notfalls unbequem“ mit Bundespräsidenten Horst Köhler. Im April 2014 erschien sein Interview-Buch mit Rainer Brüderle „Jetzt rede ich!“. War von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der FAZ

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Sie gehören einfach zum Jahreswechsel, die guten Vorsätze. Solche Vorsätze zu fassen, fällt nicht schwer, sind sie doch – frei nach Oscar Wilde – Schecks ohne dazugehöriges Konto. Noch leichter, als die eigenen Vorsätze zu befolgen, ist es freilich, anderen entsprechende Vorschläge zu machen. Was hiermit geschieht.
 

Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel, als auf Wolke sieben schwebende Kanzlerin-Präsidentin bekommen sie in allen Meinungsumfragen gute Noten. Aber ihrer Partei, der CDU, geht es schlecht, sehr schlecht. Sie stellt nur noch vier Ministerpräsidenten, sitzt nur noch in sieben von 16 Landesregierungen. So schlimm war es nicht einmal am Ende der Ära Kohl um die CDU bestellt. Da ist die Chefin gefragt.

Ihr Vorsatz für 2015: Ich werde jeden Tag einmal daran denken, dass ich auch Bundesvorsitzende der CDU bin – und mindestens einmal in der Woche entsprechend handeln.
 

Herr Vizekanzler Sigmar Gabriel, jeder sieht, dass Sie als Bundeswirtschaftsminister pragmatischer agieren, als es ihren linken Genossen lieb ist. Aber als Parteivorsitzender geben Sie denselben Genossen Zucker, lassen sie mit der Partei Die Linke alias PDS alias SED koalieren und machen ihnen Hoffnungen auf Rot-Rot-Grün im Bund. Höchste Zeit, dass der Regierungs-Gabriel und der SPD-Gabriel mit einer Zunge reden.

Ihr Vorsatz für 2015: Ich werde meine Redenschreiber jede Woche einmal daran erinnern, mir in die Wirtschaftsminister-Manuskripte nicht das Gegenteil von dem reinzuschreiben, was in Parteivorsitzenden-Manuskripten steht – und umgekehrt.
 

Herr Oppositionsführer Gregor Gysi, Sie sind weit und breit der Einzige, der in Ihrer Partei die ostdeutschen Pragmatiker und die westdeutschen Ideologen einigermaßen in derselben Spur halten kann. Aber gegenüber den Antisemiten in ihrer bunten Truppe scheinen sie kapituliert zu haben. Höchste Zeit, das zu ändern, auch wenn das ein paar Wählerstimmen kosten dürfte.

Ihr Vorsatz für 2015: Ich werde nicht nur den Antisemitismus im Allgemeinen bekämpfen, sondern auch den in den eigenen Reihen – und zwar mit aller Härte.
 

Herr Professor Dr. Bernd Lucke, hierzulande werden rechtsradikale und rechtsextreme Parteien wie Republikaner, NPD oder DVU und rechtspopulistische Parteien wie die AfD gerne in einen Sack gesteckt. Da lässt sich leichter draufschlagen. Aber in Ihren Reihen gibt es halt, wie Sie zugeben mussten, „relative viele rechtsextremistische Einzelfälle“. Sie selber verfallen mit Formulierungen wie der „Entartung der Demokratie“ oder mit ihren Attacken auf die „Altparteien“ selber gerne in rechtsradikalen Jargon.

Ihr Vorsatz für 2015: An meinen Worten sollt ihr mich erkennen.
 

Herr FDP-Vorsitzender Christian Lindner, es steht schlecht um die einst so wichtigen und so einflussreichen Freien Demokraten. Ohne FDP-Fraktion ist die CDU/CSU gesäß-geografisch nach rechts gerückt, der Bundestag aber insgesamt nach links. Bei den Landtagswahlen im nächsten Jahr, in Hamburg und Bremen, sieht es dennoch nicht nach einer liberalen Wiederauferstehung aus.

Ihr Vorsatz für 2015: Ich schlage die Trommel und fürchte mich nicht.
 

Sehr geehrte Zuwanderungsbefürworter, Sie haben ja Recht: Wenn Millionen Menschen auf der Flucht sind, können wir nicht so tun, als ginge uns das nichts an. Für politisch, rassistisch oder religiös Verfolgte gibt es deshalb keine Zuwanderungsbegrenzung, für Kriegsflüchtlinge ebenso wenig. Aber soll jeder zu uns kommen können, der aus verständlichen Gründen seinen Lebensstandard verbessern will? Sind uns jährlich 200.000 Zuwanderer willkommen, 400.000 oder 600.000 oder noch mehr?

Ihr Vorsatz für 2015: Wir sagen endlich, wie viel Zuwanderer Deutschland jährlich aufnehmen soll, nach welchen Kriterien und zu welchen Kosten.
 

Sehr geehrte Pegida-Demonstranten (oder wie Sie sich außerhalb Dresdens noch nennen), wer für seine politischen Vorstellungen auf die Straße geht, stellt keineswegs „eine Schande für Deutschland“ (Justizminister Heiko Maas) dar. Die Straße gehört nicht allein den Linken, sondern allen. Nur sollte man halt wissen, was man will und was man tut. Wer das christliche Abendland durch Absingen christlicher Weihnachtsliedern vor der „Islamisierung“ bewahren will, sollte wenigstens die Texte kennen. Wer vom Staat ein schärferes Durchgreifen gegen Kriminelle fordert, sollte nicht einem mehrfach vorbestraften Anführer auf den Leim gehen.

Ihr Vorsatz für 2015: Erst denken, dann demonstrieren.
 

Liebe Ehefrauen und Ehemänner, liebe Väter und Mütter, schämen Sie sich nicht, wenn Sie schon lange mit demselben Menschen verheiratet sind. Entschuldigen Sie sich nicht dafür, dass Sie Kinder für eine Bereicherung Ihres Lebens halten – jenseits von Staatsknete und Rentenpunkten.

Ihr Vorsatz für 2015: Wir sind und bleiben altmodisch – und das ist auch gut so.
 

PS: An dem Satz „Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert“, ist ja was dran. Aber wäre der Weg zur Hölle ohne gute Vorsätze, also ohne ständiges Bemühen, nicht noch kürzer?

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