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Sexualthesen - Die neue Republik_in der Junggrünen

Kisslers Konter: Die Grüne Jugend träumt von einer normbefreiten, postgeschlechtlichen Zukunft. Hinter den Fantasien vom besseren Leben für alle verbirgt sich jedoch die Herrschaft von Gesetz und Sex, Quote und Umerziehung. Und Pädophilie ist Anlass für einen müden Witz

Alexander Kissler

Autoreninfo

Alexander Kissler ist Redakteur im Berliner Büro der NZZ. Zuvor war er Ressortleiter Salon beim Magazin Cicero. Er verfasste zahlreiche Sachbücher, u.a. „Dummgeglotzt. Wie das Fernsehen uns verblödet“, „Keine Toleranz den Intoleranten. Warum der Westen seine Werte verteidigen muss“ und „Widerworte. Warum mit Phrasen Schluss sein muss“.

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Sie hat ein großes Herz, die „Grüne Jugend“, und ein größeres Ziel. Sie will – am besten sofort – „das schöne Leben!“ So hat es sich die Jugendorganisation von Bündnis 90/Die Grünen vorgenommen, so hat sie es aufgeschrieben vor der Bundestagswahl. Was aber macht das Leben schön, wie räumt man das Hässliche beiseite? Die junggrünen Beschlüsse und Verlautbarungen der letzten Jahre lassen an der Größe der Antwort keinen Zweifel: Weg mit der Zweigeschlechtlichkeit, weg mit dem Reichtum, weg mit der Ehe, weg mit der Religion, her mit dem Sex – und schon ist es da, das herrliche Leben in der „ökologisch-sozial transformierten Gesellschaft“.

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Der Dresdner Bundeskongress der „Grünen Jugend“ im März dieses Jahres sprach aus, was andernorts nach der fünften Maß für Schenkelklopfer taugt: Mann und Frau gibt es gar nicht. Man muss sie eigentlich immer in Anführungszeichen setzen, die bösen Männer und die selbstbewussten Frauen, wie so vieles im schönen neuen Leben der Junggrünen: „Zweigeschlechtlichkeit ist konstruiert und kann daher auch überwunden werden.“ Solange es „Frauen“ noch gibt, nehmen die Junggrünen vorlieb mit „einer verbindlichen Frauenquote von mindestens 50 Prozent“ in Vorständen und Aufsichtsräten und mit einer „Existenzsicherung vor allen (ja: allen) für Frauen“.

Grüne Jugend will Prostitution weltweit legalisieren

Mittelfristig soll „bei der Angabe des Geschlechts gegenüber staatlichen Stellen (…) keine Angabe erfolgen“ müssen. Wer weiß schon am Morgen, wie er/sie/es sich am Ende des Tages fühlen wird? Der Entscheidungszwang ist eine unzumutbare Freiheitseinschränkung, die bisher nur die Junggrünen erkannt haben; niemand soll fortan lebenslang „einer Geschlechtsidentität als Mann oder Frau ausgesetzt“ sein. „Unser Ziel ist es, eine Gesellschaft so zu prägen, dass sich jede_r frei entscheiden kann, welche Geschlechtsidentität sie_er einnehmen möchte.“

Selbstredend hat im Zeitalter der frei flottierenden Geschlechtlichkeit die Ehe ausgespielt: „Wir wollen die Ehe als staatliche Institution abschaffen.“ Sie soll durch einen „Familienvertrag“ ersetzt werden, den beliebig viele Menschen abschließen können. Auch dürfen dann „polyamor lebende Menschen oder Freund_innen gemeinsam die Sorge für Kinder übernehmen.“ Vielmännerei ohne Männer, Vielweiberei ohne Frauen sind die neue Normalität, Kinder im Laufstall einer jederzeit flexiblen Großgruppe. Weil aber die polyamore Gemeinschaft womöglich nicht alle Bedürfnisse befriedigt, freuen sich die Junggrünen über eine blühende Prostitution. Auf dem Bundeskongress 2010 in Göttingen rühmten sie Sexualität als Beitrag zum „geistigen Wohlbefinden“ und akzeptierten mit warmen Worten den „Kauf sexueller Dienstleistungen als ein Mittel zur Befriedigung der eigenen Sexualität“. Die „Sexarbeit“ solle weltweit legalisiert werden. In Deutschland solle sich das Arbeitsministerium der Belange der „SexarbeiterInnen“ annehmen.

Damit die kommende Kundschaft derlei „Sexwork“ richtig zu gebrauchen weiß, müssen Schulbücher umgestaltet werden. Auf der Homepage der „Grünen Jugend“ wird die „Darstellung von Sexualität in Schulbüchern“ gerügt. Ob denn wirklich schon „die sexuelle Erregung bei Kindern“ (gemeint ist: durch Kinder) krankhaft sei, müsse man sich fragen. „Konservativ“ sei auch, dass „sexuelle Gefühle stark an Partnerschaft und Liebe geknüpft“ werden. Leider fehle in den Büchern, was dringend vonnöten sei, „genauere Erläuterungen über z.B. Selbstbefriedigung, sexuelle Stellungen, weibliche Ejakulation und den G-Punkt.“

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Manche monotheistische Religion sieht das wohl anders. Deren öffentliche Präsenz soll sowieso gekappt werden. In Dresden wurde die Forderung beschlossen, alle gesetzlichen religiösen Feiertage abzuschaffen und durch „individuell wählbare freie Tage“ zu ersetzen – Urlaub also bei vollem Lohnausgleich. Selbstredend muss auch der Religionsunterricht aus allen Schulen verschwinden und der Ethikunterricht zur Pflicht werden. Sagt die „Grüne Jugend“.

Zweifelhafte Haltung zur Pädophilie

Reicht das schon zum schönen Leben? Nein, denn nichts mindert den Lebensgenuss mehr als Geld, das man selber nicht hat. Ergo sind in der junggrünen Welt Erbschaften über eine Million Euro verboten. Bei dieser Grenze „soll Schluss sein. Alle Beträge, die darüber liegen, sollen mit 100 Prozent besteuert werden“ - beschloss man abermals in Dresden. Und was fängt der Staat mit dieser Einnahmenflut an? Klarer Fall: Er nimmt mehr „Umwelt- und Klimaflüchtlinge“ auf und sorgt für eine „funktionierende Kulturpolitik“ als „Beitrag zum antifaschistischen Engagement“.

Ach, liebe Junggrünen: Wäre all das wirklich so wunderbar und herrlich und schön, wie ihr es versprecht? Wäre es nicht eine Welt unter der harten Knute von Gesetz und Sex, Quote und Umerziehung? Und Eines, liebe Junggrünen, solltet ihr ernsthaft im Herz bewegen: Nicht alles ist gut, nicht alles ist emanzipatorisch, nur weil es eine bestimmte „Normativität“ aufkündigt. Ihr solltet euch überlegen, ob es wirklich eine kluge Idee ist, auf Eurer Homepage den junggrünen Aktivisten Grischka zu zitieren, der sich einmal mit der Frage konfrontiert sah, ob die Grünen Pädophilie befürworten, und der darauf nur zu antworten wusste: „Ja, manchmal haben die Kinder das eben auch nötig.“ So steht es unter dem Datum vom 27. September 2009.

P.S.: Dieser Artikel von Alexander Kissler hat im Netz für viel Wirbel gesorgt und zahlreiche Reaktionen provoziert. Die Grüne Jugend ist dem Appell unseres Autoren gefolgt und hat den kritisierten Blogeintrag zur Pädophilie mittlerweile von ihrer Webseite entfernt. Sie spricht in einer Stellungnahme von einer „unsäglichen Formulierung“ und entschuldigt sich für die Veröffentlichung .

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