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(picture alliance) Hat eine lange gemeinsame Geschichte mit Bundespräsident Joachim Gauck: David Gill

Staatssekretär David Gill - Gaucks erster Diener

Protokollarisch ist der nun der erste Staatssekretär der Republik: David Gill, der nun mit Bundespräsident Joachim Gauck im Schloss Bellevue arbeitet. Gauck und Gill sind die Zusammenarbeit gewohnt, doch Gill kennt auch das Bundespräsidialamt bereits von einer früheren Tätigkeit

Wie das Bundespräsidialamt von innen aussieht, muss dem künftigen Chef der Behörde niemand erklären. David Gill kennt das Amt besser, als manche in Berlin vermuten. Er hat hier schon mal gearbeitet – als Rechtsreferendar im Jahr 2000. Damals hieß der Bundespräsident Johannes Rau, und der Referatsleiter, der Gill in der Inlandsabteilung einarbeitete, war der spätere Chef des Präsidialamts, Hans-Jürgen Wolff.

Nun also kehrt Gill als Staatssekretär in das ovale Haus neben dem Schloss Bellevue zurück. Der 45-jährige Jurist, nicht der Bundespräsident, ist Disziplinarvorgesetzter der etwa 180 Beamten, Angestellten und Mitarbeiter eines Apparats, den man eine „dienende Behörde“ nennt, weil er ausschließlich dazu da ist, das Staatsoberhaupt in seinen Amtspflichten zu unterstützen, ohne selbst exekutive Befugnisse zu haben. Eine dienende Funktion – das ist für Gill nichts Neues. Auch die Behörde zur Sicherung der Stasi-Unterlagen (deren ersten Chef Joachim Gauck er bis 1992 als Pressesprecher unterstützte) oder die Dienststelle des Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, dessen Stellvertreter der Oberkirchenrat Gill bisher war, sind „dienende Behörden“.

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Gill und Gauck haben eine lange gemeinsame Geschichte. Der aus der Oberlausitz stammende Pastorensohn, dessen Vater Theodor Gill Bischof der Herrnhuter Brüdergemeinde ist, und der Rostocker Pfarrer wurden bald unzertrennlich. Beide hatten in den wirren und irren Wendewochen nach dem Mauerfall ihr bisheriges Leben hinter sich gelassen und waren bei den Bürgerrechtlern gelandet – Gauck als Volkskammer-Abgeordneter beim Neuen Forum, Gill als Sprecher des Berliner Bürgerkomitees, das am 15. Januar 1990 in die Berliner Stasi-Zentrale eingedrungen war und seither die Akten bewachte.

Um diese Akten ging es auch, als sich die beiden vor 22 Jahren zum ersten Mal trafen. Nach langen, quälenden Debatten sollte sich in der DDR-Volkskammer endlich der Ausschuss zur Überwachung der Stasi-Auflösung konstituieren. Gauck wurde ihr Vorsitzender. Gill war eher zufällig zur Stelle. Von einem Freund war er gebeten worden, ihn als Protokollant zu vertreten. Gill protokollierte nicht nur. Er griff in die Debatte ein, und weil er viel von der Sache verstand, klärte er die rat- und ahnungslosen Abgeordneten auf, worum es eigentlich ging. Hinterher baten sie ihn, Sekretär des Ausschusses zu werden.

So war es eigentlich immer: Sich einmischen, mitdiskutieren, das Für und Wider der Debatte auf den Punkt bringen, abwägen und dann entscheiden – das habe er, erzählt der Mann mit der jugendlichen Brecht-Frisur, als sechstes von sieben Kindern daheim in der Familie und später auf dem Gymnasium in Potsdam gelernt, einer Schule, die nicht dem Apparat der Erziehungsministerin Margot Honecker unterstand, sondern der evangelischen Kirche. Dort nämlich habe es eine richtige Schülervertretung gegeben, in der man lernte, die eigenen Interessen zu artikulieren. Natürlich war er bald Schulsprecher.

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Das Abitur dort berechtigte freilich nur zum Studium der Theologie. Aber Gill lernte erst einmal einen praktischen Beruf: Er wurde Klempner. „Wenn ich das richtige Werkzeug habe, kann ich auch heute noch die Heizung reparieren“, sagt er. Das Theologiestudium hängte er am 16. Januar 1990 an den Nagel. Da hörte er nämlich im DDR-Fernsehen, in der besetzten Stasi-Zentrale würden Leute gesucht. Er fuhr am Nachmittag hin, mischte sich ein, strukturierte die Debatte und wurde abends zum Sprecher des Bürgerkomitees gewählt.

Als Chef des Präsidialamts ist der Jurist, der in den USA und in Deutschland Rechtswissenschaft studierte, protokollarisch der oberste Staatssekretär der Republik. Zweimal wöchentlich fährt er jetzt ins Kanzleramt: jeden Montag um 17 Uhr zur Staatssekretärsrunde, in der die Tagesordnung des Kabinetts festgelegt wird, und jeden Mittwoch um neun ins Kabinett – der einzige Teilnehmer mit SPD-Parteibuch. Mit CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe ist er seit vielen Jahren eng befreundet, und an Finanzminister Wolfgang Schäuble hat er eine besonders eindringliche Erinnerung: Zusammen mit Gauck hatte er den Chefunterhändler des Einigungsvertrags in Bonn getroffen, um ihn davon zu überzeugen, dass die Stasi-Unterlagen weder weggeschlossen noch vernichtet werden dürften: „Und zum ersten Mal haben Gauck und ich das Gefühl gehabt, dass es einen Verantwortlichen in Bonn gibt, der unser Anliegen versteht.“ Gill weiß auch noch genau, wann das war: am 11. Oktober 1990 – einen Tag, bevor Schäuble niedergeschossen wurde. 

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Kathrin Becker | Sa., 31. Dezember 2016 - 15:36

....im Kabinett sitzen aber noch einige andere mit SPD Parteibuch...da fehlen wohl ein paar wichtige Informationen...

Stephan Winter | Mi., 18. Januar 2017 - 19:30

Antwort auf von Kathrin Becker

Zu dem Zeitpunkt, als der Artikel geschrieben wurde, regierte die CDU/FDP-Koalition unter Merkel/Westerwelle.