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Wenn Pressefreiheit an ihre Grenzen stößt - Einsicht in BER-Akten? Nein!

Der Bau des Großflughafens BER ist längst zum Debakel geworden. Doch Zugang zu Akten des mit Steuergeldern finanzierten Projektes zu bekommen, ist unverhältnismäßig kompliziert

Autoreninfo

Christian Tretbar ist stellvertretender Redaktionsleiter des Tagesspiegels Online. Er arbeitet außerdem in der Berliner Parlamentsredaktion der Zeitung.

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Man sollte sich da nicht täuschen. Bloß weil der künftige Hauptstadtflughafen BER nahezu hundertprozentig aus Steuermitteln finanziert wird, hat der Steuerzahler noch lange kein Recht, Akten bei den Gesellschaftern Berlin, Brandenburg und Bund einzusehen. Wir haben es versucht – mit Hilfe des Berliner Landespressegesetzes und des Informationsfreiheitsgesetzes. Es war eine skurrile Odyssee, über die der Tagesspiegel vor einigen Wochen bereits berichtet hatte. Seitdem gab es weitere Entwicklungen.

Die Akten haben wir immer noch nicht bekommen, aber dafür weitere Absagen. Das Bundesverkehrsministerium und das Finanzministerium (beide sind im BER-Aufsichtsrat vertreten) hatten den Antrag bereits abgelehnt – mit Verweis auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Das Land Berlin folgte dem nun. Dagegen haben wir Widerspruch eingelegt, der ebenfalls abgelehnt wurde – mit einer vierseitigen Begründung von Björn Böhning, Ex-Juso-Chef und jetzt Chef der Berliner Senatskanzlei.

Auch er verweist darauf, dass die angeforderten Unterlagen „zu einem großen Teil schutzwürdige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ enthielten. Böhning bezieht sich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Demnach fallen unter Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse „alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind“. Und die von uns angeforderten Unterlagen würden solche Informationen enthalten und zwar so viele, dass Schwärzungen unmöglich seien und eine öffentliche Kenntnisnahme einen „erheblichen Schaden“ verursachen könne. Die Stellung der Flughafengesellschaft würde durch Bekanntwerden der Berichte im Wettbewerb erheblich geschwächt.

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Interessant auch folgende Begründung für die Ablehnung: Die Gesellschafter fürchten um den vermeintlich guten Ruf des BER. Böhning schreibt: „Mit Offenbarung der für den Ausbau und die Fertigstellung des Flughafens relevanten Dokumente würde der FBB GmbH neben dem genannten wirtschaftlichen Schaden ... auch ein erheblicher Rufschaden aufgrund umfangreicher öffentlicher Berichterstattung drohen.“ Anspruch auf Akteneinsicht habe man frühestens, wenn das Projekt fertig sei: „Dem Informationsinteresse des Antragstellers kann insoweit erst nach Abschluss des Flughafen-Projekts im Ganzen entsprochen werden, da bis zu diesem Zeitpunkt das begehrte Informationsrecht hinter dem Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses zurücksteht.“

Drohende gerichtliche Auseinandersetzungen sind laut Böhning ein weiterer Grund für die Ablehnung des Antrags. Viele Unternehmen haben bereits Schadenersatzklagen angedroht. Diese würden durch eine Veröffentlichung der Unterlagen wichtige Dokumente in die Hand bekommen – und zwar früher als sie ihnen auf prozessualem Weg zustünden. Außerdem würden zusätzliche Klagen erleichtert. Und Böhning erwartet wohl schwerwiegende Klagen: „Es ist davon auszugehen, dass die finanzielle Basis der FBB GmbH und dadurch mittelbar auch die des Bundes und der Länder Berlin und Brandenburg durch bevorstehende zivilrechtliche Prozesse fundamental gefährdet wird...“

Und das Presserecht? Auch keine Chance. „Ihnen steht darüber hinaus auch kein presserechtlicher Akteneinsichtsanspruch nach dem Berliner Pressegesetz (BlnPrg) zu.“ Zwar sei die Berichterstattung über die Verschiebung der Flughafeneröffnung „vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Diskussion und medialen Aufmerksamkeit von öffentlichem Interesse und daher grundsätzlich vom Aufgabenbereich der Presse erfasst“. Nur gehe dies nicht so weit, dass ein Recht auf Einsicht in die Akten gewährt werden müsse. Dem Informationsanspruch werde auch mit „Interviews, Fernsehreportagen und Pressekonferenzen“ Rechnung getragen.
 

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