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(picture alliance) Er steht auf verlorenem Posten

Rösler und die FDP - Einer kämpft, die anderen schauen zu

Philipp Rösler hat sich einmal mehr als nervtötender Störenfried hervorgetan. So dürfte es der Rest seiner Regierungskollegen sehen. Dabei ist nicht alles falsch, was Rösler will

Mehr Disziplin, schwarz-gelbe Einigkeit, Schluss mit dem Gerangel: Am Wochenende noch hatte Volker Kauder auf dem Parteitag der CSU der FDP zugerufen, sich endlich am Riemen zu reißen, da schert ihr Vorsitzender mit seiner erneuten Kritik am Betreuungsgeld schon wieder aus: Philipp Rösler hat sich in den vergangenen Monaten zum nervtötenden Enfant terrible der Kabinettstruppe gemausert.

Ein weißes Kaninchen nach dem anderen zog der strauchelnde Wirtschaftsminister aus dem Hut. Es ist der verzweifelte Versuch, seine Partei aus dem Prozentloch und sich selbst aus der Beliebtheitsversenkung zu hieven. Doch bisher rangelt er vergeblich. Aller Profilierungsversuche zum Trotz nimmt die Öffentlichkeit nur eins wahr: Rösler und seine Partei sind Störenfriede. Die Zerstrittenheit der Regierung lasten die Bürger einseitig der FDP an, die Kanzlerin dagegen steht unverändert gut da. Rösler ist im aktuellen Politbarometer nicht einmal mehr unter den Top Ten der wichtigsten Politiker des Landes vertreten. Sein Versuch, sich zu profilieren, schlägt immer wieder fehl. Das Bild der FDP ist in den Augen der Wähler zum Störfaktor einer eigentlich gut funktionierenden Regierung verkommen. Ihr Vorsitzender hat als öffentliche Figur enttäuscht. Sachkompetenz, Führungsqualität, Sympathie und Glaubwürdigkeit: Die vier Komponenten, aus denen sich ein erfolgreicher Politiker zusammensetzt, sie wollen bei Rösler offensichtlich nicht zusammengehen.

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Der Grund? Seitdem er den Vorsitz der Liberalen übernommen hat, fehle es an einer klaren Linie, „eine neue Konzise“ sei er stets „schuldig geblieben“, konstatieren Politikwissenschaftler wie Oskar Niedermayer im Gespräch mit Cicero Online. Mehrfach wurde die rettende Neuausrichtung der Partei angekündigt, geblieben sei außer einem schwammigen Wachstumsbegriff nichts, außer vielleicht der Erinnerung daran, wie sich Wolfgang Kubicki über Röslers mögliches Haarwachstum lustig machte. Dass Rösler „nicht geliefert habe“, ist mittlerweile Konsens in den gängigen Medien.

Dabei versucht der Mann zu liefern, wo er nur kann. Es ist nicht alles unrecht, was Rösler will. Ein Innehalten schwebt ihm vor, liberales Nachjustieren der politischen Pläne, die die Regierung auf den Weg gebracht hat. Das Betreuungsgeld etwa, dessen Entwurf unerbittlich weiter durch die Mühlen der Demokratie gedreht wird und das nun, trotz aller Unsinnigkeiten, unweigerlich auf einen Bundestagsbeschluss zurollt. Rösler warnt, der geplante Zuschuss, den Eltern bekommen sollen, die ihre unter-dreijährigen Kinder zu Hause betreuen, koste viel Geld, sei nicht gegenfinanziert, „und eine Bildungskomponente fehlt völlig“. Daran müsse man noch arbeiten, „wenn es überhaupt kommen soll“, sagte er der Bild am Sonntag. Diese Kritik ist ebenso unbequem wie richtig.

Seite 2: Was Rösler noch in Frage stellt

Was Rösler noch in Frage stellt: Die Großelternzeit, Ursula von der Leyens beitragsfinanzierte Zuschussrente, eine weitere Neuverschuldung, die Praxisgebühr. Solide Haushalte sind sein Credo. Ohne sie kann die schönste beschlossene Politik nicht in die Realität umgesetzt werden, wie sich gerade vorbildlich beim havarierenden Kita-Ausbau beobachten lässt.

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Mit seinem widerborstigen Gegenbügeln bei allen Wackelthemen, der sich die Regierung annimmt, bewegt sich Rösler auf steinigem Gelände. Wäre Rösler nicht Rösler, würde er vielleicht sogar gelobt für seinen Mut, sich den gemeinschaftlichen Errungenschaften einer klüngelnden Regierung kritisch entgegenzustellen. Was aber bei beliebten Persönlichkeiten wie Peer Steinbrück als Querdenkertum und Führungsstärke ausgelegt wird, wird bei Rösler als nervig abgehakt.

Und während er unvermindert weiter um sein politisches Überleben, beziehungsweise um sein Erbe kämpft, versucht sich Rainer Brüderle als Stimme der liberalen Vernunft und glättet die aufgewühlten Wogen hinter seinem Vorsitzenden: Bis Weihnachten sollten alle wichtigen offenen Fragen gelöst sein, prophezeit er in abgeklärtem Politikersprech.

Ein wichtiger Meilenstein wird dabei der Koalitionsausschuss am 4. November dieses Jahres sein. Das Kabinett erwartet einen unbequemen Rösler, während die liberale Partei zuschaut, wie ihr Vorsitzender sich wieder und wieder in die Nesseln setzt. Noch ist der Zeitpunkt nicht gekommen, an dem ihn die Partei mit Pauken und Trompeten absetzt, um einer Widerauferstehung der FDP den Weg zu bereiten. Denn wenn es soweit ist, wird es keinen strebsamen Vorsitzenden mehr geben, hinter dem man sich verstecken kann. Das weiß vor allem der aussichtsreichste Kandidat – Rainer Brüderle. Er dürfte ganz froh darüber sein, noch etwas im Fahrwasser des ungeliebten Frontmannes zu schippern.

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