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Religionsmonitor - Der Islam hat ein massives Imageproblem

Kisslers Konter: Die Mehrheit der Deutschen empfindet den Islam als Bedrohung. Ob sich daran etwas ändert, liegt weniger am Verhalten der Muslime hier als am Auftreten des Islam weltweit. Derzeit ist er die aggressivste Religion

Alexander Kissler

Autoreninfo

Alexander Kissler ist Redakteur im Berliner Büro der NZZ. Zuvor war er Ressortleiter Salon beim Magazin Cicero. Er verfasste zahlreiche Sachbücher, u.a. „Dummgeglotzt. Wie das Fernsehen uns verblödet“, „Keine Toleranz den Intoleranten. Warum der Westen seine Werte verteidigen muss“ und „Widerworte. Warum mit Phrasen Schluss sein muss“.

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Diese Zahlen sind keine Überraschung: Jeder zweite Deutsche stimmt der Aussage zu, der Islam sei eine Bedrohung. Im Osten sind es 57, insgesamt 51 Prozent. Die Ergebnisse des aktuellen Religionsmonitors der Bertelsmann-Stiftung geben eine teils diffuse, teils aus eigenem Erleben genährte Angst wieder. Muslime verstehen demnach keinen Spaß, halten die eigene Religion für überlegen und jede Kritik für eine Beleidigung. So denkt die Mehrheit. Wer muss, wer sollte sich engagieren, um dieses Bild zu korrigieren? Liegt die berühmte Bringschuld auf Seiten des muslimischen oder des nichtmuslimischen Bevölkerungsanteils?

Wer vorschnell von einem „Zerrbild“ spricht und zur Volksbeschimpfung aufruft, macht sich nicht um ein gedeihliches Zusammenleben verdient. Es wird wenig nutzen, den simplen Ratschlag des EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider zu beherzigen, der „Ermutigung für die Muslime“ fordert. Soll der Nichtmoslem dem Moslem das Händchen halten und „Armer, schwarzer Kater“ säuseln, ihm einen Kuchen backen und ein Teelicht entzünden? Etwas konstruktiver ist die Empfehlung der baden-württembergischen Integrationsministerin Bilkay Öney, die sich, ebenfalls in der „Welt“, mit den Worten zitieren lässt, Muslime sollten „häufiger auf ihre nichtmuslimischen Nachbarn zugehen und diese etwa zu muslimischen Festen einladen.“

Nichts ist daran verkehrt. Je mehr persönliche Begegnungen es gibt, desto rascher schwinden Vorurteile. Jede Chance sollte genutzt werden, in beide Richtungen. In der Summe aber werden solche Dialoge auf der Mikroebene wenig ändern. Das schlechte Bild des Islam wird in der Regel nicht von der ortsansässigen Moschee, dem Kulturzentrum um die Ecke oder den Kleinhändlern auf dem Wochenmarkt geprägt. Der Islam hat ein massives Imageproblem, weil er momentan die am wenigsten erkaltete, die aggressivste Religion weltweit ist. Fast immer, wenn von bewaffneten Religionskonflikten die Rede ist, ist der Islam beteiligt. Nicht selten handelt es sich um innerislamische Konflikte zwischen Sunniten und Schiiten, bei denen auch die Opfer Muslime sind. [[nid:54309]]

Wie konziliant sich der Zentralrat der Muslime auch geben mag: In keinem Land mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit sind Religions- und Meinungsfreiheit gesichert, nicht einmal in der Türkei. Der „Weltverfolgungsindex 2013“ von Open doors weist auf den ersten zehn Plätzen neun muslimisch geprägte Länder auf, in denen Christen ihres Lebens nicht sicher sind. Nur die Nummer eins, Nordkorea, bricht als stramm kommunistisches Regiment das muslimische Monopol. Tatsache ist auch, dass der Koran weder ein generelles Tötungsverbot noch ein Friedensgebot außerhalb der muslimischen Welt kennt. Wenn nun etwa in München unter der Führung eines umstrittenen Imams und mit den Geldern des umstrittenen Staates Katar, dem die Finanzierung terroristischer Aktivitäten nachgesagt wird, ein Islamisches Zentrum für Europa entstehen soll, kann es keine Pflicht zur Freude geben.

Nur daran nämlich wird sich entscheiden, ob künftig Muslime und Nichtmuslime etwas besser von einander denken: An der Frage, wie offen, unvoreingenommen, sachlich über den Islam als Weltreligion berichtet wird. Und an der Art und Weise, wie die hiesigen Muslime und muslimischen Verbände sich auf der Weltkonfliktkarte des Islam positionieren. Der Einsatz für Demokratie und Menschenrechte kennt keine Ländergrenzen.

Vor diesem globalen Hintergrund verblasst übrigens die Spezialfrage, ob der Islam zu Deutschland gehört. Die Muslime tun es längst.

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