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Nach Boston-Terror - „Mehr Videotechnik macht Sinn“

Welche Lehren lassen sich aus den Ereignissen in Boston für die deutsche Sicherheitspolitik ziehen? Ein Gespräch mit Wolfgang Bosbach (CDU), Vorsitzender des Bundestags-Innenausschusses, über Videoüberwachung und Fahndungserfolge deutscher Ermittler

Autoreninfo

Christian Tretbar ist stellvertretender Redaktionsleiter des Tagesspiegels Online. Er arbeitet außerdem in der Berliner Parlamentsredaktion der Zeitung.

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Herr Bosbach, die Fahndungserfolge der Polizei nach den Bombenanschlägen in Bostongehen auch auf die zahlreichen Aufzeichnungen von Überwachungskameras zurück. Brauchen wir mehr davon in Deutschland?

Moderne Videotechnik kann einen wirksamen Beitrag zur Verhinderung oder Aufklärung von Straftaten leisten, auch wenn oft das Gegenteil behauptet wird. Ihr Einsatz macht an bestimmten Gefahrenschwerpunkten Sinn, beispielsweise in Bahnhöfen, wo wir zumindest an den zentralen Knotenpunkten einheitliche, hohe Sicherheitsstandards benötigen. Es war schon peinlich, dass man bei dem gescheiterten Bombenanschlag auf dem Bonner Hauptbahnhof vor wenigen Monaten auf Bilder einer McDonalds-Filiale zurückgreifen musste, weil die Kameras der Bahn den Ablageort der Bombe nicht im Blickfeld hatten.

Wer muss jetzt handeln?

Die Gewährleistung der Sicherheit in Bahnhöfen ist gemeinsame Aufgabe von Bahn und Bundespolizei. In Boston haben Kameras auch die Straftat nicht verhindert, wohl aber eine Spur zu den Tätern geebnet.

Reicht das aus?

Niemand wird ernsthaft behaupten, dass der Einsatz von Videotechnik Straftaten unmöglich macht, aber sie erhöhen das Entdeckungsrisiko für jeden Täter und haben daher auch eine präventive Wirkung. Gerade deshalb befinden sich ja nicht nur in Banken, sondern auch in den meisten Tiefgaragen und vielen Warenhäusern solche Kameras. Entweder zur Beobachtung oder zur Aufzeichnung. Auch in Deutschland hatten wir schon dank Video rasche Fahndungserfolge, zum Beispiel bei der Suche nach den beiden Kofferbombenattentätern im Jahr 2006. Einen flächendeckenden Einsatz wie beispielsweise in London will niemand. Wichtig ist, dass die überwachten Bereiche für die Bürger sichtbar gekennzeichnet sind und dass die datenschutzrechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Wenn die aufgezeichneten Bilder zur Strafverfolgung nicht benötigt werden, müssen sie unverzüglich gelöscht werden.

Seite 2: Im öffentlichen Raum sei Videoüberwachung hierzulande noch die Ausnahme, sagt Bosbach

Ist die Videoüberwachung in Deutschland Ausnahme oder Regel?

In Gebäuden und Anlagen mit großem Publikumsverkehr und den damit einhergehenden Gefahren trifft man sie immer häufiger an. Im öffentlichen Raum ist sie in Deutschland eine wirkliche Ausnahme. Über den Einsatz wird jeweils vor Ort und in enger Abstimmung mit der Polizei entschieden. Hier gibt es auch strenge datenschutzrechtliche Vorgaben, die beachtet werden müssen. Einen Trend zum Überwachungsstaat sehe ich wirklich nicht. Und das ist auch gut so.

Nimmt der Einsatz von Videoüberwachung im privaten Bereich zu?

Eindeutig ja, aber leider nicht ohne Grund.

Warum?

So gibt es heute kaum noch große Tankstellen ohne Videoüberwachung, und in den Fußballarenen wird modernste Technik eingesetzt, um aus der Masse der friedlichen Fans möglichst eindeutig Störer identifizieren und bei Straftaten überführen zu können.

Welche Lehren können aus dem Fall in Boston gezogen werden?

Meiner Kenntnis nach gibt es in Boston keine großräumige Videoüberwachung. Man hat die Täter sicherlich auch deshalb schnell identifizieren können, weil während des Tatgeschehens viele private Kameras im Einsatz waren. Das allerdings ist kein Wunder, denn am Ziel eines Marathonlaufes versuchen natürlich viele diesen Moment in Bildern oder Filmen festzuhalten.

Das Interview führte Christian Tretbar.

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