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(picture alliance) Betreuungsgeld: Wahlfreiheit oder Herdprämie?

Dorothee Bär - Betreuungsgeld trifft modernes Lebensgefühl

Christlich-konservative Politik sei zeitgemäß und vielfältig, sagt die stellvertretende CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär. Die Politik dürfe den Familien nicht vorschreiben, wie sie die Kindererziehung organisierten. Ein Plädoyer für konservative Politik

Prüfet aber alles, und das Gute behaltet. (1. Thess 5, 21)

Der Aspekt der Freiheit ist ganz zentral für unsere heutige Gesellschaft – und er ist im besten Sinne konservativ. Denn konservative Politik geht aus vom christlichen Bild des Menschen als individuelle Persönlichkeit: Der Mensch soll sein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung, aber auch mit Rücksicht und Verantwortung gestalten können. Das entspricht im Innersten der Lebenswirklichkeit der Menschen von heute. Christlich-konservative Politik ist deshalb moderner und vielfältiger, als es in der Öffentlichkeit oft dargestellt wird: Christliche Politik schert die Menschen nicht über einen Kamm, sondern lässt ihnen Raum zum Atmen und sich individuell zu entfalten. Das trifft das moderne Lebensgefühl.

Das perfekte Beispiel dafür ist die Familienpolitik: Christliche Politik lässt den Eltern ganz individuell die Freiheit, dass sie nach dem für sie besten Lebensentwurf ihr Familienmodell gestalten. Kern christlicher Familienpolitik ist es, die Wahlfreiheit der Familien zu unterstützen. Deshalb treten wir so vehement für das Betreuungsgeld ein. Es ist nicht Aufgabe des Staates oder der Politik, den Familien vorzuschreiben, wie sie die Erziehung ihrer Kinder organisieren. Vielmehr soll der Staat alle Anstrengungen unterstützen, damit Kinder die für sie jeweils bestmögliche Erziehung erfahren: Deshalb unterstützen wir Eltern, die in den ersten Lebensjahren ihren Beruf zugunsten der Kindererziehung zurückstellen, mit dem Elterngeld. Deshalb investieren wir finanziell massiv in den Kita-Ausbau. Und deshalb ist es nur gerecht, dass wir auch Eltern, die Ihre Kinderbetreuung in den ersten Jahren selbst organisieren, mit dem Betreuungsgeld unterstützen.

Im klaren Gegensatz zu dieser christlich-konservativen Familienpolitik der Wahlfreiheit steht das ideologische Modell sozialistischer Prägung, das der Erziehungsleistung der Eltern misstraut und alle Kinder am besten in einer Betreuungsinstitution aufgehoben sieht. Dieser Intoleranz der unterschiedlichen  Familienmodelle gegenüber und der Unterstellung, nur die Kita, nicht die Eltern wüssten, was für ihre Kinder gut sei, schließt sich christliche Politik nicht an. Sie will starke Eltern, die selbst am besten wissen, was gut für ihr Kind ist. Und sie fördert die jeweils individuell besten Lösungen der Kinderbetreuung, weil es keine Standardfamilie gibt, die als Schablone für alle anderen Familien in Deutschland gelten kann. Um bei der Kinderbetreuung alle Familienmodelle möglichst gleichwertig zu berücksichtigen, ist die moderne konservative Antwort: Ausbau der institutionellen Kinderbetreuung bei gleichzeitiger Förderung der privat organisierten Erziehungsleistung.

Lesen Sie im zweiten Teil, warum Einheitsschulen ein Fehler sind

Beispiel Bildungspolitik: Christliche Politik hat das Ziel, den jungen Menschen beste Chancen zu eröffnen, damit sie ihr Leben selbst bestimmen und erfolgreich in die Hand nehmen können. Individuelles Fördern und Fordern ist dabei eine wesentliche Voraussetzung für Bildungserfolg. In Bayern haben wir mit dem gegliederten Schulsystem einen höchst erfolgreichen Bildungsweg beschritten, das bestätigen uns mit schöner Regelmäßigkeit alle renommierten Umfragen und Bildungsvergleiche. Für uns gilt: Eltern und Kinder sollen selbst entscheiden können, welche Schulart und welcher Bildungsweg für sie der Beste ist. Einer Bevormundung durch den Staat, wie es sie etwa bei den Hamburger Plänen zur Einführung einer sechsjährigen Gemeinschaftsschule im Jahr 2010 gegeben hätte, haben die Menschen völlig zu recht in einem Volksentscheid klar und deutlich eine Absage erteilt. Moderne Bildungspolitik zeichnet sich aus durch Vertrauen in die Kompetenz der Eltern. Und sie lässt ihnen die Freiheit, den optimalen Bildungsweg für ihr Kind zu finden. Dazu braucht es Wahlmöglichkeiten durch unterschiedliche Schulangebote und keine Einheitsschulen.

Beispiel Finanzpolitik: Es setzt sich in unserer Gesellschaft immer mehr die Erkenntnis durch, dass man Schulden nicht mit immer neuen Schulden bezahlen darf. Das kann auf Dauer nicht gut gehen, denn es hat massive Auswirkungen auf die künftigen Generationen: Hohe Zinszahlungen in der Zukunft beschränken sie ihrer Freiheit, selbst finanzielle Schwerpunkte zu setzen und damit Antworten zu geben auf die Herausforderungen, denen sie sich später einmal zu stellen haben. Stattdessen müssen sie den Schuldenberg abarbeiten, den frühere Generationen angehäuft haben. Christlich-konservative Politik möchte den künftigen Generationen die Freiheit bewahren, dass sie ihre Gegenwart und Zukunft selbst gestalten können und finanzielle Handlungsspielräume haben. Deswegen ist es im besten Sinne konservativ, wenn wir die Staatsschulden Schritt für Schritt begrenzen und herunterfahren. Dazu haben wir eine gesetzliche Schuldenbremse in unserer Verfassung verankert. In Bayern gehen wir noch einen Schritt weiter: Wir beginnen als einziges Land in diesem Jahr damit, eine Milliarde Euro an Schulden zu tilgen. Unser Ziel ist es, dass Bayern bis zum Jahr 2030 schuldenfrei ist. Dieser Ansatz solider christlicher Finanzpolitik steht in klarem Gegensatz zu einer Schuldenerweiterungspolitik, wie sie in den letzten Jahren etwa im rot-grün regierten Nordrhein-Westfalen stattgefunden hat.

Konservativ sind für mich ganz bestimmte Werte: Familie, Freiheit, Verlässlichkeit, vor allem aber auch: Toleranz gegenüber verschiedenen Lebensmodellen. Diese Toleranz ist durch die von den linken Parteien propagierte alleinige Vollkommenheit staatlicher Kinderbetreuung völlig abhanden gekommen. Konservativ sein heißt: Leben und leben lassen – ohne das Lebensmodell des anderen als Kritik am eigenen aufzufassen. Oder wie wir in Bayern gerne in einem Begriff zusammenfassen: liberalitas bavariae.

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