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() Dmitri Rogosin: Russlands Vertreter bei der Nato
Berliner Mauer ist an Westgrenze Russlands wiedererstanden

Anlässlich des 20. Jahrestages der Wiedervereinigung hat Cicero bekannte Zeitzeugen darum gebeten, ihre ganz persönliche Sicht zu schildern: Was hat sich in den zwei Dekaden gewandelt? Heute wirft der russische NATO-Botschafter Dmitri Rogosin einen kritischen Blick auf die Wiedervereinigung.

Die Euphorie über die wiedererlangte Einheit war in Deutschland sehr groß. In einem anderen Teil Europas jedoch hatte dieser historische Moment ganz andere Folgen. Russland litt am Ende des Kalten Krieges schrecklich unter dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Verlust seiner großen geopolitischen Bedeutung. Während die Deutschen ihr Heimatland zurückerlangten, hatten die Russen das Gefühl, dass mit ihrem Land genau das Gegenteil geschah: Die Grenzen des Staates wurden auseinandergerissen, und ethnokratische Regime setzten sich in vielen Republiken fest. Bis heute hat Michail Gorbatschow, den die Deutschen als ihren „liebsten Russen“ bezeichnen, bei seinen Landsleuten einen schlechten Ruf – er hat das Land ins Chaos geführt. Die damaligen Zustände in der Sowjetunion haben übrigens dazu geführt, dass die Wiedervereinigung Deutschlands nicht so ablief, wie viele sich das gewünscht hatten – einschließlich Moskaus. Es fand nämlich kein Zusammenschluss zweier souveräner Staaten auf der Basis einer neuen, gemeinsamen Verfassung statt. Vielmehr wurde die DDR der Bundesrepublik einverleibt. Ähnliches hat sich überall auf der europäischen Bühne abgespielt. Ehemalige Verbündete der Sowjetunion in Osteuropa beeilten sich, unter das Dach der EU und der Nato zu schlüpfen. Als Entschädigung für die Souveränität ihrer Länder erhielt deren Elite eine Eintrittskarte ins Theater der westlichen Politik. Nach der tragischen Spaltung im 20. Jahrhundert hat die lange erwartete Vereinigung Deutschlands, entgegen unseren Hoffnungen, nicht zur Einheit Europas geführt: Die unsichtbare Berliner Mauer ist an den westlichen Grenzen Russlands wiedererstanden. Das Ergebnis ist ein im Westen tief sitzendes Misstrauen gegenüber Russland und permanente militärische Planungen gegen Moskau. Europa kann aber kein starker und unabhängiger Akteur sein, während das größte Land dieser Kultur – Russland – immer noch als Außenseiter betrachtet wird. Die nationale, historische Versöhnung zwischen Deutschland und Russland, unsere engen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Verbindungen sollten zeigen, wie gemeinsame Geschichte hilft, gemeinsame Interessen zu erkennen und ohne gegenseitige Schuldzuweisungen voranzukommen. Barbara Honigmann über das Judentum Ulrich Wickert über das deutsche Fernsehen Eva Menasse über Ost- und Westdeutsche Alfred Grosser über Deutschland und Frankreich Manfred Güllner über die Deutschen und Europa John Kornblum über die Amerikaner und die Deutschen Shimon Stein über die Israelis und die Deutschen Hans-Werner Sinn über die Wirtschaft Roland Berger über die Gewerkschaften Thomas Brussig über die Schriftsteller Karel Schwarzenberg über die Tschechen und die Deutschen

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