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Atomstreit mit Iran - Ringen um jeden Zentimeter

In der Schweiz ringen die fünf UN-Veto-Mächte sowie Deutschland um einen Kompromiss im Atomstreit mit Iran. Iran pocht auf eine Lockerung der Sanktionen. Eine Einigung ist zwar noch nicht in Sicht, aber nicht unmöglich. Wulf Schmiese vor Ort in Lausanne

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Wulf Schmiese leitet das „heute journal“ im ZDF. Zuvor hat er als Hauptstadtkorrespondent, jahrelang auch für die FAZ, über Parteien, Präsidenten, Kanzler und Minister berichtet.

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Es sagt sich so leicht: einigt euch! Aber bei den Atomgesprächen in Lausanne zeigt sich, wie schwer das ist. Von einer Einigung in wesentlichen Punkten mit Iran war früh die Rede. Der Durchbruch sollte bis Ende März eine politische Grundsatzvereinbarung sein. Bis Ende Juni sollte dann ein vollständiges Abkommen mit technischen Einzelheiten folgen.

Der Zeitplan wurde gerissen. Weil Details schon für politische Grundsatzdeals eine ganz wesentliche Rolle spielen. Ziel der Verhandlungen ist es, Iran als Atommacht zu verhindern. Iran verlangt im Gegenzug das Einstellen der Sanktionen. Dabei spielen viele atomwissenschaftliche Parameter eine Rolle.

In Lausanne galt zu klären, wie Iran Atomkraft zwar zivil nutzen kann, aber keinesfalls in der Lage sein wird, Kernwaffen herzustellen. Fragen nach der Anreicherung von Uran, der Anzahl entsprechender Zentrifugen dazu und der minutiösen Überwachung in den Forschungsreaktoren werden verhandelt.

Iran hatte die Atombombe schon fast
 

Die 5+1-Mächte wollten erreichen, dass Iran mindestens ein Jahrzehnt lang ein Jahr von der Atombombe entfernt bliebe. Als Iran vor 15 Monaten seine Atomforschung wegen der laufenden Verhandlungen einfror, war es nach westlichen Informationen nur zwei bis drei Monate von der Möglichkeit entfernt, Atommacht zu sein.

Nun soll also dieser Zeitraum, der im Diplomaten-Jargon „Ausbruchzeit“ genannt wird, auf mindestens zwölf Monate hochgesetzt werden. Diese Jahresfrist bräuchte die internationale Gemeinschaft zur Gegenreaktion in dem Fall, dass Iran sich an keine Abkommen mehr halten und auf atomare Aufrüstung setzen würde.

Gestritten wird auch darum, für wie lange sich Iran minutiös kontrollieren ließe, dass es wirklich nicht heimlich an Nuklearwaffen bastelt. Zeiträume von zehn, zwölf bis hin zu 15 Jahren wurden immer wieder genannt.

Die große Lösung im Kleinen
 

Gefeilscht wird ebenso um die Gegenleistung an Iran: die Aufhebung der Sanktionen. Natürlich will Teheran ein sofortiges Ende. Doch das werden die 5+1 keinesfalls gewähren. Zu unsicher ist, ob sich Iran wirklich an die Atom-Abmachungen hielte. Präsident Obama ließ seinen Sprecher sagen: „Der Präsident glaubt, dass es nicht klug wäre, am ersten Tag der Vereinbarung mit dem Iran alle Sanktionen, die solange in Kraft waren, aufzuheben.“

Die große Lösung liegt also im Haarkleinen. Fast pausenlos wird mit Irans Außenminister Zarif verhandelt.

Die Gespräche finden bilateral, europäisch-iranisch, amerikanisch-iranisch und auch in großer Gruppe des sogenannten 5+1-Formats statt. Dort sitzen dann die fünf UN-Veto-Mächte USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland den Iranern gegenüber.

Druck von außen gibt es: Im Jemen kämpfen Truppen des sunnitischen Saudi-Arabiens – einem traditionellen Verbündeten der USA - gegen schiitische Milizen, als deren Schutzmacht wiederum Iran gilt. Die Rede ist bereits von einem Stellvertreterkrieg. Doch solche Einschätzungen sind von den Verhandlungspartnern in Lausanne nicht zu hören. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, er habe befürchtet, dass die Ereignisse im Jemen „hier die Verhandlungen überlagern würden“. Erleichtert aber stellt er fest: „Das kann ich nicht erkennen.“

Nicht alle wünschen sich eine Einigung
 

Direkten Druck auf die Verhandlungen in Lausanne versuchen auch ausgewiesene Kritiker einer Annäherung zwischen Iran und den USA zu machen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warnt überdeutlich vor einem Erfolg am Genfer See: „Diese sich abzeichnende Einigung bestätigt alle unsere Befürchtungen - und noch darüber hinaus“, sagte Netanjahu am Sonntag während einer Kabinettssitzung in Jerusalem. Auch arabische Verbündete der USA, allen voran Saudi-Arabien und weitere Golfstaaten wie auch Ägypten, sehen eine Einigung im Atomstreit kritisch.

Der Druck von unterschiedlichen Seiten sorgt für eine ganz eigene und durchaus positive Dynamik bei den 5+1-Verhandlern: Alle sieben Mächte machen den Eindruck, als versuchten sie ihr ohnedies hochkompliziertes Iran-Atomdossier rein zu halten von zusätzlichen Streitpunkten. Bislang ist nicht wirklich zu hören, dass am Ende die mühsamen Gespräche sinnlos, sprich: erfolglos würden.

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