Dieses Bild ist leider nicht mehr verfügbar
()

Julia Klöckner - Angriff der Weinkönigin

Julia Klöckner will im kommenden Jahr Kurt Beck als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz ablösen. Die junge Konservative wirbt mit Beck‘schen Tugenden – Heimatliebe und Volkstümlichkeit

Als die Bild-Zeitung kürzlich von Julia Klöckner als dem „schönen neuen Gesicht der CDU“ schrieb, da lauteten einige böse Kommentare im Internet, auf das Talent komme es an, nicht auf das Aussehen. Dabei ist die 37-Jährige aus Guldental bei Bad Kreuznach ein gutes Beispiel dafür, dass Attraktivität und Können sich nicht ausschließen. Bei ihr ist die weibliche Erscheinung gepaart mit der Fähigkeit, komplizierte Sachverhalte verständlich zu vermitteln und Menschen zu gewinnen.

Diesen Vorteil will sich die CDU in Rheinland-Pfalz zunutzemachen: Julia Klöckner soll 2011 Kurt Beck vom Thron stürzen, den dienstältesten Ministerpräsidenten der Republik. Voraussetzung ist, die Basis stimmt zu. Die wird zurzeit befragt, ob sie einverstanden ist, dass bei den Landtagswahlen im März kommenden Jahres nicht der Landesvorsitzende Christian Baldauf antritt, sondern seine Stellvertreterin. Doch es gibt kaum Zweifel, dass Klöckner auf dem im April anstehenden Parteitag nominiert wird. Schließlich hat Baldauf ihr selbst den Weg geebnet.

Das Modell „Frau, jung, dynamisch“ ist die aussichtsreichste Aufstellung, die die Christdemokraten im Wettstreit mit dem erfahrenen und durchaus beliebten Landesvater von der SPD aufbieten können. Zumal die CDU in Rheinland-Pfalz ein deutliches Aufbruchsignal dringend gebrauchen könnte, denn sie hat seit dem Rückzug von Bernhard Vogel vor 22 Jahren nicht mehr richtig Tritt gefasst. Und diese Hoffnung könnte sich erfüllen, das lässt zumindest die Nervosität im Beck-Lager erahnen. Dort würde man es viel lieber mit dem eher ruhigen Baldauf aufnehmen. Denn zurückhaltend ist Klöckner ganz und gar nicht. Wo sie auftaucht, steht sie schnell im Mittelpunkt, zieht sie Menschen an durch ihr ansteckendes Lachen und die Rede im leicht regional gefärbten Tonfall.

So verschieden Amtsinhaber und Herausforderin auch sind, so sehr ähneln sie einander auch. Beide kommen vom Land, sind in ihrer Heimat tief verwurzelt und fremdeln keinesfalls mit der Provinz. Klöckner kennt als Winzertochter die Landwirtschaft von klein auf, und es fällt ihr als ehemalige Weinkönigin nicht schwer, bei den unzähligen Feiern auf den Dörfern Begeisterung zu zeigen. Ihr scheinen die Auftritte in Festzelten wirklich Spaß zu machen, sie sagt, dass sie die „Fassenacht“ liebe und erzählt stolz, dass sie die erste Frau in der 173 Jahre bestehenden Mainzer Ranzengarde ist.

Der Weinbau prägte auch ihren beruflichen Werdegang. Klöckner studierte zunächst Politikwissenschaften, katholische Theologie und Pädagogik, war eine Zeit lang Lehrerin, arbeitete dann aber als Redakteurin bei der Weinwelt und übernahm schließlich die Chefredaktion des Sommelier-Magazins. Politisch engagiert sie sich seit 1997 – zuerst in der Jungen Union, dann in der CDU. 2002 zog sie in den Bundestag ein und gewann bei den beiden folgenden Wahlen ihren Wahlkreis direkt, obwohl der in den Jahren zuvor von der SPD dominiert war. Julia Klöckner ist eine der Frauen, die zum engeren Umfeld von Angela Merkel zählen und von der Kanzlerin gefördert werden. Nach der Bundestagswahl machte sie die Rheinland-Pfälzerin zur Parlamentarischen Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium – ein Posten, der im Wettstreit um das höchste Amt in Mainz nicht hinderlich ist. Schließlich garantiert er ein ordentliches Maß an öffentlicher Wahrnehmung – vor allem bei vielen für das Land wichtigen Themen.

Die Nähe zu Merkel und ihre bisherige wie die noch denkbare Karriere bringen Klöckner allerdings auch Eifersüchteleien ein. Sie spiele sich gern in den Vordergrund, lauten spitze Bemerkungen. Und dass sie die Medien oft mit Interna „füttere“, erzählte man sich bereits, bevor Klöckner in die Schlagzeilen geriet, weil sie das Ergebnis der Wiederwahl von Bundespräsident Horst Köhler via Twitter vor der offiziellen Bekanntgabe ins Land geschickt hatte. Abgesehen davon heißt es in der CDU immer wieder, die Jungpolitikerin sei zwar angetrieben von einem ausgeprägten Machtinstinkt, habe aber kein politisches Konzept und kein zentrales inhaltliches Ziel.

Klöckner ist in ihrer politischen Arbeit eher pragmatisch, in ihrer Grundhaltung aber nicht beliebig. „Politik kommt ohne Ethik nicht aus“, sagt die überzeugte Katholikin. Menschliches Leben ist für sie nicht verfügbar – weder zu Beginn noch am Ende des Lebens. Sie bezeichnet sich selbst als wertkonservativ und stand bislang auch zu dieser Position, als es für ihre Karriere nicht unbedingt hilfreich schien. Als die CDU etwa um eine Linie bei der embryonalen Stammzellforschung stritt und Angela Merkel sich an die Spitze derer setzte, die für eine Aufweichung der Schutzvorschriften waren, hielt Klöckner dagegen.

Mit ihrem Wertegerüst lässt sie sich allerdings nicht dem christlich-konservativen Flügel in jeder Frage zurechnen. So passt das traditionelle Familienbild ihrer Partei nicht zu ihrem Leben: Julia Klöckner ist nicht verheiratet, lebt seit zehn Jahren mit ihrem Partner zusammen.

Wo sie sich in der Zukunft sieht? „Vielleicht in einer Ehe, vielleicht mit Kindern, vielleicht in keinem von beiden“, hat sie einmal gesagt. Vielleicht ja ab dem kommenden Jahr erst einmal in der Staatskanzlei in Mainz.

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.