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(picture alliance) Will sie wirklich, dass das Wachstum bei den Menschen ankommt?

Eurokrise - Abwrackprämie für Griechenland!

In der Krise der Euroländer beharrt Merkel auf Sparprogrammen und verweigert jedes Zugeständnis an Wachstum. Als die Krise 2008 auch Deutschland erfasste, legte die Kanzlerin noch Konjunkturpakete auf. Warum ist sie jetzt so hartherzig? Ein Kommentar

Neulich hat Angela Merkel einen dieser trockenen Sätze gesagt, die sich leicht versenden und es doch in sich haben. Bei ihrem ersten Rencontre mit dem neuen französischen Staatspräsidenten Francois Hollande bemerkte die Kanzlerin, Wachstum, das sei erstmal „ein allgemeiner Begriff“. Entscheidend aber sei: „Wachstum muss bei den Menschen ankommen.“

Genau. Und eben darum dreht sich Merkels Streit mit Hollande, mit dem amerikanischen Präsidenten, im Grunde mit der ganzen Welt. Was kann getan werden, um die europäischen Wackelländer vor dem Absturz ins Fürchterliche zu bewahren? „Madame Non“ beharrt auf Sparprogrammen etwa für Griechenland, an denen ungleich stärkere Gemeinwesen zerbrechen würden.

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Sie verweigert aber – bislang jedenfalls – jedes Zugeständnis an ein ökonomisches Stimulans, das einem Kaputtsparen dieser Länder entgegenwirkt.

Warum ist Merkel eigentlich so hartleibig und hartherzig an der Stelle?, fragt man sich. Vor allem: Warum ist für andere falsch, was für Deutschland richtig war?

Rückblende: Als die Krise Ende 2008 die Welt erfasste und auch Deutschland nicht aussparte, da legte die Kanzlerin zwei Konjunkturpakete auf, um die deutsche Wirtschaft am Laufen zu halten. Da war viel reingemogelt worden an Geld, das ohnehin verplant und vorgesehen war, das zentrale Symbol für diese stimulierende Wirtschaftspolitik der Bundesregierung aber war die so genannte Abwrackprämie. [gallery:Merkel, ihre Männer und die Macht]

Entlang der so banalen wie richtigen Erkenntnis, dass die Automobilbranche immer noch der Motor der deutschen Wirtschaft ist, nahm die damalige Regierung Anfang 2009 fünf Milliarden Euro in die Hand und lockte in Tranchen zu je 2.500 Euro deutsche Autobesitzer, ihre eigentlich noch fahrtüchtigen Wagen zerquetschen zu lassen und einen Neuwagen zu kaufen.

Seite 2: Die Abwrackprämie war ein archaisch-primitives, aber wirksames Mittel

Es gab Kritik an dieser Maßnahme, Zweifel sowieso. Sie hat sich aber als goldrichtig erwiesen, wie die Kanzlerin nicht müde wurde, immer wieder zu betonen. Man habe „eine Brücke gebaut“, sagte sie im Herbst 2009, als die Aktion auslief. Am dritten Januar 2011 schrieb sie in einem Namensbeitrag für die ADAC Motorwelt, allen Diskussion zum Trotz habe sich die Umweltprämie als wichtiges Instrument  erwiesen, und noch in einer Videobotschaft vom 24. September 2011 bezeichnete sie die Abwrackprämie als „klug“.

Na dann! möchte man ihr zurufen, warum dann diese Beinhärte den anderen gegenüber? Die Abwrackprämie war ein im Kern archaisch-primitives, aber wirksames Mittel. Wenn  man ein Dutzend kluger und kreativer Leute für einen Tag in einen Raum sperrt und ihnen sagt, sie mögen doch bitte entlang der Idee der Abwrackprämie Vorschläge für Griechenland (vielleicht schon zu spät) und andere südeuropäische Wackelstaaten machen, dann wird da ganz sicher etwas Praktikables dabei herauskommen: Ein Renovierungsprogramm für dortige Hotels und andere Tourismuseinrichtungen (wie bei uns im übrigen geschehen mit Schulen und Straßen), einen staatlichen Zuschuss für einen Griechenlandurlaub, man kommt da sicher noch auf bessere Ideen.

Bedingung: Man muss wirklich wollen. Man muss wirklich wollen, dass das Wachstum auch bei den Menschen ankommt, wie Merkel gesagt hat. Auch bei den anderen Menschen, dort, wo es jetzt europäisch nötig ist.

Denn sonst drängt sich ein furchtbarer Verdacht auf, wie es vielleicht doch logisch sein könnte, dass Merkel für andere verweigert, was sie Deutschland verordnet hat. Weil die deutsche Wirtschaft auf diese Weise zweimal profitiert. Seinerzeit vom deutschen Steuergeld. Und jetzt von der Not der anderen.

Das wäre dann allerdings europäischer Ungeist, wie man ihn sich bei einer deutschen Kanzlerin nicht vorstellen möchte.

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