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(Picture Alliance) Mathiopoulos nimmt die Aberkennung ihres Doktortitels nicht an

Margarita Mathiopoulos - Absturz in plebejische Tiefen

Der Werdegang von Margarita Mathiopoulos liest sich wie ein Leben magna cum laude. Doch die Vita der glamourösen Griechin hat Schönheitsflecken bekommen. Kuckucksei, Rosenkrieg, Friedensgala mit Gaddafi Sohn, und jetzt wird auch noch ihr Doktortitel aberkannt. Ein Sturz von akademischen Höhen in plebejische Tiefen

Was für eine Frau! Honorarprofessorin, Unternehmerin, Starpolitologin, Historikerin, Industrieberaterin, Diplomatin aus Leidenschaft, Welten-Pendlerin mit Kontaktadressen in Berlin, Potsdam, Hongkong und Washington, studierte in Bonn, Harvard, Stanford und an der Sorbonne, verfasste eine Dissertation, schrieb Bücher über die DDR, die Bonner Republik und Amerika, entwarf Reden für Hans-Olaf Henkel, lieferte Artikel über Gorbatschow, Kohl und Papandreou, hielt Vorträge in Düsseldorf, London, Bratislava, New York, Neapel, Hannover, Washington, Münster, Cambridge – alles ellenlang und penibel aufgezählt auf ihrer Homepage.

Die Dame, denkt man, muss spätes Mittelalter sein bei diesem geistigen Output. Aber es leuchtet hoch oben ihr Konterfei: Margarita Mathiopoulos, 55, attraktiv, elegant im ausgeschnittenen feinen Schwarzen und mit diesem kühlen Blick in die Ewigkeit.

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Und nun das. Der Absturz in plebejische Tiefen. Die Aberkennung des Doktortitels. Denn ohne Doktor keine Professur mehr. Weil sie abgeschrieben hat. Und das großzügig aus mehreren Publikationen. Das hatten wir ja alles schon bei Karl-Theodor zu Guttenberg und Silvana Koch-Mehrin. Doch dieses Mal ist es anders. Seit 20 Jahren gibt es klare Hinweise auf ein Plagiat. Aber Mathiopoulos wurde immer wieder reingewaschen.

Das seien handwerkliche Mängel, hieß es, das könne schon mal passieren. Warum schmetterten die Professoren die Vorwürfe einfach ab? Weil sie von ihrer prominenten Blenderin geblendet waren? Und warum hat nicht einmal – wie die FAZ schrieb – ihr berühmter Doktorvater Karl Dietrich Bracher gemerkt, dass seine Schülerin sogar bei ihm abgeschrieben hat?

Wer bei der Internetplattform VroniPlag anklickt, der erlebt sein buntes Wunder. Da sehen zum Beispiel 20 farbig markierte – weil abgekupferte – Zeilen auf Seite 111 ihrer Doktorarbeit aus wie eine Skizze zu Gerhard Richters gemaltem „Strip“ mit seinen unzähligen waagerechten Regenbogenstreifen. Also viele Gedanken aus fremden Federn.

Sogar die Fußnoten hat sie in ihre Arbeit eingebaut. Das vor allem ist dreist. Denn da haben vor ihr fleißige Menschen quasi für sie geforscht. Und was sagte die Angegriffene, als die ersten Gerüchte auftauchten? Das seien „bedauerliche Flüchtigkeitsfehler“. Na so was. Es sind über 320 Stellen, die beanstandet werden.

Die Vita von Margarita Mathiopoulos liest sich wie ein Leben magna cum laude. Das engt den Blick vieler Betrachter ein. Die Eltern, die nach der Machtübernahme der griechischen Obristen in die Bundesrepublik emigrierten, sind befreundet mit Carlo Schmid, Gustav Heinemann und Willy Brandt. Das bringt die Tochter früh in höchste Politgefilde.

Im Bonner Seminar von Karl Dietrich Bracher lernt sie den Kommilitonen Friedbert Pflüger kennen, sie verlieren einander aus den Augen, treffen sich wieder, erkennen künstlerische Gemeinsamkeiten, er spielt Querflöte, sie Klavier, sie verlieben sich, verloben sich, und er schätzt an der künftigen Gattin ganz besonders „ihre Gradlinigkeit, ihre Ehrlichkeit“.

Als 1987 der Posten einer SPD-Sprecherin besetzt werden soll, schlägt Brandt die 29-jährige Mathiopoulos vor. Aufstand in der Baracke. Die Dame habe keinen Stallgeruch, ist nicht in der SPD, hat einen griechischen Pass und einen Verlobten in der CDU. Schlimmer geht’s nicht. Brandt droht mit Rücktritt. Mathiopoulos demissioniert, um ihm nicht zu schaden. Doch der Friedensnobelpreisträger wirft seinen Parteiposten hin.

Pflüger tröstet die Verlobte und verkündet der Bild-Zeitung, dass nun geheiratet werde. Zur Hochzeit kommen Brandt, der italienische Botschafter, Doktorvater Bracher und Bundespräsident Richard von Weizsäcker, dessen Sprecher Pflüger damals ist. Und so werden die beiden denn das glamouröse Powerpaar der Republik. Jetten dienstlich und getrennt durch die Weltgeschichte und füllen ihr Leben mit Arbeit, Fleiß und Ehre. Bis eines Tages, im Frühjahr 2001, diese begabte, blonde, langbeinige Assistentin auftaucht, die für Pflüger so ganz unentbehrlich wird, am Tage – und nicht nur am Tage.

Der Gatte geht also fremd, das Verhältnis wird schwanger, und Mathiopoulos ist geschockt. Es gibt einen öffentlichen Rosenkrieg, weil Pflüger, der in der Ehe weniger verdient hat als seine Frau, peinlicherweise Ausgleichszahlungen von 157 000 Euro verlangt und auch erstreitet.

Das ist der erste Schönheitsfleck auf ihrer Vita. Der zweite kommt 2008 hinzu. Sie lädt zur Friedensgala einen Sohn von Gaddafi mit der Begründung ein, er sei „der einzige Menschenrechtsverfechter seines Landes“. Blamage Nummer drei folgt 2011. Ein Kuratorium, dem sie angehört, will Wladimir Putin den Quadriga-Preis zusprechen, der für Visionen, Frieden und Staatsklugheit vergeben wird.

Nach diesem lupenreinen Missgriff soll es keinen weiteren mehr geben. Margarita Mathiopoulos, die seit Jahren FDP-Mitglied ist und Guido Westerwelle in außenpolitischen Fragen berät, will die Aberkennung ihres Doktortitels nicht anerkennen. Sie hält die Entscheidung des Bonner Fakultätsrats für „rechtswidrig“, weil diese sich gegen eine frühere Entscheidung der Uni wendet – dagegen will sie klagen.

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Dr.Ingo Ossendorff | Mi., 7. März 2018 - 13:45

Zahlreiche Vorkommnisse in Lateinamerika
belegen, dass die Beseitigung der Wiederwahl-hürde zum Einstieg in eine Diktatur wurde, aus
der sich die jeweiligen Länder nur schwer befreien
konnten. Warum nimmt China solch ein Risiko
in Kauf? Bisher galt China als vorsichtig.